STANDPUNKT

AIFM-Steueranpassungsgesetz: Gesetzgeber schafft Rechtsunsicherheit durch komplizierte, praxisferne und lückenhafte Regelungen

Mark Walddörfer, Geschäftsführer der Longial GmbH, zu den Neuerungen des AIFM-Steueranpassungsgesetzes:

Seit einiger Zeit zeichnet sich ab, dass Finanzverwaltung (BMF) und  Bundesfinanzhof (BFH) unterschiedliche Ansichten in Bezug auf die Behandlung angeschaffter Verpflichtungen vertreten, die  steuerlichen Ansatzverboten, Ansatzbeschränkungen oder Bewertungsvorbehalten beim ursprünglich Verpflichteten unterlegen haben.

Hierzu zählen unter anderem übernommene Pensions- oder Jubiläumsverpflichtungen. Solche Übernahmen kommen zum Beispiel dann vor, wenn Mitarbeiter etwa im Zuge eines Betriebsübergangs zu einem anderen Unternehmen wechseln. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH und in Anwendung des sogenannten Realisationsprinzips haben übernehmende Unternehmen solche Verpflichtungen in jüngster Zeit mit den Anschaffungskosten bilanziert. Diese waren in der Regel deutlich höher als der steuerliche Teilwert, der beim abgebenden Unternehmen in der Steuerbilanz berücksichtigt war.

Betrachten wir zur Verdeutlichung ein schematisches Beispiel: Das abgebende Unternehmen A bilanzierte die Pensionsverpflichtungen der durch Betriebsübergang übergehenden Mitarbeiter mit dem steuerlichen Teilwert nach § 6a EStG in Höhe von 100. Als Zahlbetrag wurde jedoch der handelsrechtliche Erfüllungsbetrag der Verpflichtung in Höhe von 130 verabredet. Das übernehmende Unternehmen B bilanziert die Pensionsverpflichtung nun mit den Anschaffungskosten von 130. Damit mindert A seinen zu versteuernden Gewinn um 30 (Ertrag aus der Auflösung des Teilwerts von 100 abzüglich des Aufwands für den Zahlbetrag von 130), während das Geschäft bei B erfolgsneutral abläuft (Aufwand aus Zuführung zu ungewissen Verbindlichkeiten von 130 abzüglich Einnahme des Zahlbeitrags von 130). Für die Finanzverwaltung ergeben sich also unter dem Strich Steuermindereinnahmen aus der Hebung der „stillen Lasten“ von 30 bei A.

Regierung und Finanzverwaltung sahen Steuerausfälle in Milliardenhöhe anfallen und zogen die Notbremse. Heraus kamen mit den §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG zwei komplizierte, praxisferne und handwerklich mangelhaft gemachte Vorschriften, die für die Unternehmen zu deutlichen Mehrbelastungen führen werden. Grundidee war, beim übernehmenden Unternehmen dieselben Ansatzverbote, -beschränkungen und Bewertungsvorbehalte vorzusehen, die auch beim abgebenden Unternehmen gegolten haben.

Für unser Beispiel bedeutet das, dass A die „stillen Lasten“ in Höhe von 30 eben nicht sofort abziehen darf, sondern diesen Betrag außerbilanziell über einen Zeitraum von 15 Jahren verteilen muss. So kommt es pro Jahr nur zu einer Minderung des zu versteuernden Gewinns bei A in Höhe von 2. Das übernehmende Unternehmen B dagegen darf die Verpflichtung nur mit dem bisherigen steuerlichen Teilwert von 100 bilanzieren. Der resultierende Erwerbsgewinn von 30 kann einer gewinnmindernden Rücklage zugeführt und dann ebenfalls über einen Zeitraum von 15 Jahren als Ertrag berücksichtigt werden, also auch in Höhe von 2 pro Jahr.

Soweit die Theorie. Im Detail weisen die neuen Regelungen jedoch eine ganze Reihe von Sonderregelungen, Ungenauigkeiten, Fallstricken und Definitionslücken auf. Sie führen jedoch in ihrer Summe zu Rechtsunsicherheit, sodass Unternehmen kaum mehr in der Lage sein dürften, eine Übertragung solcher Verpflichtungen ohne die Hilfe externer Berater korrekt umzusetzen. Insgesamt ein weiterer Fall überhasteter Gesetzgebung, der sich kontraproduktiv auf die betriebliche Altersversorgung und die Attraktivität von Sozialleistungen der Arbeitgeber auswirken wird.