STANDPUNKT

Neuer Höchstrechnungszins ab 2022

Auswirkungen auf bAV und Beitragszusage mit Mindestleistung

Im Dezember 2019 0,5 Prozent, ein Jahr später 0,25 Prozent: In schöner Regelmäßigkeit hat die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) in den letzten Jahren ein Absenken des Höchstrechnungszinses (auch als „Garantiezins“ bezeichnet) empfohlen. Das Bundesfinanzministerium ist dem jetzt mit einer entsprechenden Verordnung nachgekommen.

Was das für die bAV und in der Folge für Arbeitgeber bedeutet, fasst Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial GmbH, zusammen.

Ab Januar 2022: Höchstrechnungszins bei 0,25 Prozent
Die Absenkung des Höchstrechnungszinses für Lebensversicherungen und Pensionsfonds auf 0,25 Prozent setzt das Bundesfinanzministerium (BMF) durch eine Verordnung um. Erst damit sind die Versicherer gezwungen, Änderungen in den jeweiligen Tarifen vorzunehmen. Da sie erst am 1. Januar 2022 in Kraft tritt, haben Versicherungsunternehmen, Pensionskassen und Pensionsfonds ausreichend Zeit für die Umstellung auf den neuen Zins. „Allerdings weist das BMF in seinem Entwurf darauf hin, dass Unternehmen bereits vor diesem Datum den Höchstrechnungszins absenken können, wenn dies zur Risikominimierung bei Rückstellungen und Neuverträgen beiträgt“, ergänzt der Longial Geschäftsführer.

Auswirkung auf bAV-Verträge?
Sinkt der Höchstrechnungszins, reduzieren sich bei Neuverträgen ab Januar 2022 die garantierten Leistungen des Versicherungsvertrages. „Das muss aber nicht unbedingt Auswirkungen auf die Gesamtleistung eines Vertrages der bAV haben“, so Michael Hoppstädter. Denn diese ergibt sich aus Garantiezins und individueller Überschussbeteiligung des Versicherers. Hält der Versicherer seine Gesamtverzinsung des Deckungskapitals konstant, gibt es keine Auswirkungen. 

Was gilt bei der Beitragszusage mit Mindestleistung?
Daneben wirft die Senkung des Rechnungszinses aber noch weitere Fragen für die bAV auf: Vor allem die Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) rückt in den Fokus. Denn bei der BZML ist garantiert, dass die Summe aller eingezahlten Beiträge bei Vertragsende zur Verfügung steht – die sogenannte Mindestleistung. Der Longial Geschäftsführer warnt jedoch: „Bei einem Höchstrechnungszins von 0,25 Prozent ist die Garantie, dass die Summe der eingezahlten Beiträge bei Ablauf des Vertrages vollständig ausgezahlt werden, nicht mehr zu halten. Berechnungen zeigen, dass selbst Laufzeiten von 50 Jahren und mehr dafür nicht reichen.“ Immer weniger Versorgungsträger sind daher bereit, diese Garantie zu übernehmen. 

Absenkung kombiniert mit Änderung des Betriebsrentengesetztes wünschenswert 
Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) schreibt jedoch eine hundertprozentige Beitragsgarantie vor. Daher ist es – zusammen mit der Senkung des Höchstrechnungszinses – dringend erforderlich, auch diesen gesetzlich vorgeschriebenen Beitragserhalt bei der BZML anzupassen. „Nach unserer Einschätzung wäre es gerechtfertigt die Garantie auf  maximal 80 Prozent der gezahlten Beiträge zu begrenzen. Zum einen können  Versicherer das auch umsetzen, zum anderen bieten sich mit niedrigeren Garantien auch zusätzliche Möglichkeiten der Kapitalanlage, was am Ende sogar zu einer höheren Versorgungsleistung für die Versorgungsberechtigten führen wird“, so Michael Hoppstädter. Dafür ist es aber dringend erforderlich, dass der Gesetzgeber zusätzliche zur Verordnung für die Absenkung des Höchstrechnungszinses auch das Betriebsrentengesetz ändert und dort definiert, in welchem Umfang die Summe der eingezahlten Beiträge garantiert werden müssen. 

Was bedeutet das für Arbeitgeber?
Ohne Vorgaben des Gesetzgebers trägt der Arbeitgeber das Risiko. Denn er erteilt die Versorgungszusage, aus der sich die Versorgungsleistung ergibt. Falls etwa das Bundesarbeitsgericht einmal zu der Einschätzung kommt, dass zum Beispiel der abgeschlossene Direktversicherungsvertrag nicht die Anforderungen des BetrAVG erfüllt, so steht der Arbeitgeber in der sogenannten Subsidiärhaftung und muss die Leistung der Direktversicherung aufstocken. Wird das BetrAVG nicht entsprechend geändert, empfiehlt die Longial Arbeitgebern, künftige Versorgungszusagen ab dem 1.1.2022, insbesondere im Bereich der Entgeltumwandlung, als beitragsorientierte Leistungszusage (BoLZ) auszugestalten. Denn bei dieser Zusageform ist weder gesetzlich noch höchstrichterlich, also durch das Bundesarbeitsgericht, eine Mindestleistung in Höhe des Beitragserhalts gefordert.