STANDPUNKT

Gutachten zur weiteren Verbreitung der bAV veröffentlicht – Reformdiskussion angefacht

Dr. Paulgerd Kolvenbach, Geschäftsführung der Longial GmbH, zur Veröffentlichung der bAV-Gutachten von BMF und BMAS:

Nach langer Wartezeit sind Mitte April endlich die beauftragten Gutachten des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zum Thema Verbreitung der bAV veröffentlicht worden.


Die Titel der beiden Gutachten lauten:

  • Optimierungsmöglichkeiten bei den bestehenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Förderregelungen der betrieblichen Altersversorgung
    (Autoren: Univ.-Prof. Dr. Dirk Kiesewetter, Michael Grom, Moritz Menzel, Dominik Tschinkl)
  • Rechtsgutachten zu dem „Sozialpartnermodell Betriebsrente“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
    (Autoren: Prof. Dr. Dres. Hc. Peter Hanau, Dr. Marco Arteaga)

Beide Gutachten zusammen liefern nunmehr die Basis für ein Reformpaket der Bundesregierung, das erklärtermaßen noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll. Die Ergebnisse werden derzeit in vielen Gremien diskutiert und bewertet – ein konkreter Gesetzentwurf liegt aber noch nicht vor.
Die wesentlichen Vorschläge der Gutachten in Stichworten:

  • BMF-Kiesewetter:
  • Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung zu einem Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung. Der Zuschuss kompensiert die beim Arbeitgeber ersparten Sozialversicherungsbeiträge und entschädigt den Arbeitnehmer für eine spätere erhöhte Abgabenlast und den Wegfall von Teilleistungen in der gesetzlichen Vorsorge.
  • Einführung eines neuen Anreizes für kleine Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern im Jahresdurchschnitt. Dieser Anreiz könnte so aussehen, dass zum Beispiel 50 Prozent der Beiträge zur bAV im ersten Jahr außerbilanziell steuerlich abgezogen und über einen definierten Zeitraum, zum Beispiel fünf Jahre, verteilt dann später wieder hinzugerechnet würden. Das würde den Unternehmen, die bAV umsetzen, eine deutliche Liquiditätshilfe anbieten.
  • Verbesserung der Riester-Förderung in der bAV durch Beseitigung der Doppel-Verbeitragung der Riester-geförderten bAV

    oder alternativ

  • ein neues Fördermodell „bAV-Förderbetrag“, der der Höhe nach der Riester-Förderung  entspricht und an Arbeitgeber gezahlt wird, die einen Mindestbeitrag in eine bAV einzahlen. Die Zulage wird dann über das Lohnsteuerabzugsverfahren auf die Altersvorsorgezulage des Arbeitnehmers angerechnet, so dass die Abwicklung administrativ einfach über das weitestgehend automatisierte Lohnsteuerabzugsverfahren erfolgen könnte.
  • BMAS-Hanau / Arteaga:
  • Tarifvertraglich vereinbarte, vorstrukturierte und rechtlich geprüfte Leitplanken für Versorgungsregelungen in einer Branche setzen einen Rahmen, innerhalb dessen sowohl die Tarif- als auch die Betriebsparteien eine große Vielfalt an bAV-Lösungen umsetzen können.
  • Einführung der reinen Beitragszusage für Arbeitgeber. Dies befreit Arbeitgeber nicht nur von der Haftung für gefürchtete Garantien, sondern löst auch die derzeitigen Schwierigkeiten bei der Portabilität.
  • Einstieg in die im Ausland bereits praktizierten sogenannten „Zielrentensysteme“, die zwischen Leistungszusagen und Beitragszusagen angesiedelt sind und ohne explizite Arbeitgebergarantien auskommen.
  • Alleinhaftende Versorgungsträger: Die Tarifparteien schaffen neue Lösungen, etwa im Sinne sogenannter Gemeinsamer Einrichtungen, wie es das Sozialpartnermodell Betriebsrente vorgesehen hat. Oder sie bedienen sich vorhandener Versorgungsträger wie Pensionskassen, Pensionsfonds oder Versicherer, die eine alleinige und eigene Haftung für ihre Leistungen bieten. Ein Wettbewerb unter diesen Versorgungsträgern kann dadurch geschaffen werden, dass sich die Auftraggeber vorbehalten, bei unzureichender Leistung den Bestand auf einen anderen Versorgungsträger übertragen zu können.
  • Kollektive Ausfall- und Insolvenzsicherung über bestehende Systeme (Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG), Protektor) und Schaffung eines neuen Segmentes im PSVaG für die Versorgungsträger, die nicht Mitglied in einem Sicherungsfonds sind.

Wir werden Sie an dieser Stelle über die weitere Konkretisierung der Reformvorhaben auf dem Laufenden halten.