01. Dezember 2021

Zur Eindeutigkeit von Regelungen zur vorgezogenen Altersversorgung in Pensionszusagen

FG Düsseldorf-Urteil vom 9.6.2021 – 7 K 3034/15 K, G, H: Ob eine unmittelbare Versorgungszusage eindeutige Angaben zu Art und Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen beinhaltet, ist oft strittig. Im Zusammenhang mit Regelungen zur vorgezogenen Altersversorgung landete die Frage jüngst vor Gericht.


Die Ausgangslage
Den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH waren im Jahr 1985 im Wesentlichen gleichlautende Direktzusagen erteilt worden. In der Folge wurden diese Zusagen mehrfach geändert. Sie sahen unter anderem vor, dass die für die Vollendung des 65. Lebensjahres zugesagte Rente „bei Ausscheiden“ auch vorgezogen in Anspruch genommen werden konnte. Der Rentenbezug war ursprünglich „entsprechend der Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung auf das 62. Lebensjahr begrenzt“. In einer der Zusageänderungen trat dann an die Stelle des 62. Lebensjahres das 60. Lebensjahr. Zudem entfiel bei einer Zusageänderung – womöglich versehentlich – die in der Erstzusage enthaltene Bestimmung, dass Renten um 0,4 Prozent pro Monat des vorgezogenen Bezuges zu kürzen sind.

Beide Gesellschafter-Geschäftsführer traten im Jahr 2010 aus den Diensten der Firma aus und erhielten mit Vollendung des 60. Lebensjahres im Jahr 2011 beziehungsweise 2013 eine vorgezogene Altersversorgung. Strittig war zwischen der Finanzverwaltung und der Firma nun, ob diese Leistungen als Betriebsausgaben abzugsfähig waren und inwieweit die Direktzusage – vor und nach Rentenbeginn – in der Steuerbilanz überhaupt rückstellungsfähig war. 

Der Kritik der Finanzverwaltung ...
Die Finanzverwaltung sprach der Zahlung der vorgezogenen Altersrente die betriebliche Veranlassung ab. Nach ihrer Einschätzung gab es für diese nämlich keine schriftliche Grundlage. Sie war der Meinung, die Zusage regele nur die Zahlung einer vorgezogenen Altersversorgung, wenn Dienstaustritt und Inanspruchnahme zeitlich zusammenfallen („bei Ausscheiden“). Im Übrigen würde bezüglich des frühestmöglichen Termins für die Rentenzahlung auf die gesetzliche Rentenversicherung Bezug genommen. Dort läge das Mindestalter für eine Rentenzahlung für die begünstigten Personen aber erst nach der Vollendung des 60. Lebensjahres. Im Übrigen mangelte es nach Ansicht der Finanzverwaltung an einer Regelung zur konkreten Höhe der zu zahlenden Rente. Allein deswegen wäre deren Zahlung steuerlich nicht anzuerkennen.

... schloss sich das Finanzgericht im Wesentlichen an, ...
Während das Finanzgericht die Höhe der in Aussicht gestellten vorgezogenen Altersrente durch Auslegung der Zusage noch zu bestimmen vermochte, schloss es sich in den anderen Punkten der Meinung der Finanzverwaltung an. Es wollte insbesondere den Einwand der Firma nicht gelten lassen, dass in den Zusagen die Bezugnahme auf die gesetzliche Rentenversicherung nur verdeutlichen sollte, dass dort damals die Vollendung des 60. Lebensjahres als frühest denkbare Altersgrenze Erwähnung fand. Auch stimmte das Finanzgericht der Auffassung der Finanzverwaltung zu, wonach gemäß den Regelungen der Zusage („bei Ausscheiden“) für den Bezug einer vorgezogenen Leistung ein Zusammenfallen von Dienstaustritt und Versorgungsbeginn Voraussetzung war.

... doch es hätte letztlich auch keine Rolle gespielt.
Zur Vollständigkeit sei jedoch angemerkt, dass es in dem Verfahren noch um diverse weitere Themen ging, die bei einer Gesellschafter-Geschäftsführer-Versorgung regelmäßig die Finanzgerichte beschäftigen: Liegt ein passender Gesellschafterbeschluss vor? Ist ein ernsthaftes Pensionsalter vereinbart? Ist eine gleichzeitige Zahlung von Pension und Beraterbezügen steuerlich zulässig? Und: Wurden die Pensionszusagen erst nach Ablauf einer angemessenen Probezeit erteilt? Insbesondere die letzte Frage verneinte das Finanzgericht im vorliegenden Fall. Allein aus diesem Grund zog es die steuerliche Anerkennung der Versorgungszusagen – nunmehr 36 Jahre nach deren Erteilung – vollumfänglich in Zweifel. 

Fazit  

Die Verfahren vor den Finanzgerichten zur Frage der eindeutigen Formulierung von Versorgungszusagen nehmen zu. Wir hatten hierüber bereits in der Vergangenheit berichtet (siehe Weitblick 2/2021 und Weitblick 4/2019). Dabei wenden sich die Gerichte inzwischen nicht nur Grundsatzfragen wie der Frage nach Zins und Biometrie für Leistungsbestimmungen, sondern, wie im vorliegenden Fall, auch solchen Details zu, deren Problematik keineswegs auf der Hand liegt. Zumindest wirkt die nur auf einem Wort („bei“) bauende Argumentation, dass die Zusage den regelmäßig vorkommenden Fall des Auseinanderfallens von Ausscheiden und Altersrentenbeginn nicht regelt, wenig realitätsnah. Sie lässt im Übrigen unberücksichtigt, dass die betreffenden Zusagen offenbar Unverfallbarkeitsregelungen enthielten, deren Ausgestaltung man der Urteilsbegründung aber leider nicht entnehmen kann.

i Was ist zu tun?

  • Man kann für die Firma nur hoffen, dass der Bundesfinanzhof im vorliegenden Fall die Auffassung des Finanzgerichts korrigieren wird. Demjenigen, der solche Auseinandersetzungen – auch für künftige Jahrzehnte – von vornherein vermeiden will, ist weiterhin zu raten, jede vage Formulierung in Versorgungszusagen zu vermeiden. Zusagen sollten möglichst klar und eindeutig formuliert werden – idealerweise unter Zuhilfenahme von Experten. Wer Zweifel an der Eindeutigkeit bestehender Zusagen hat, sollte deren Anpassung erwägen.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de


Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Versorgungsträger-Management, Longial
(Experte für Stellungnahmen mit rechtlichem und steuerlichem Hintergrund insbesondere im Rahmen der Verwaltung von Unterstützungskassen und für deren Jahresabschluss).