07. September 2023

Zum zeitgleichen Bezug einer Geschäftsführer-Vergütung und einer Versorgungsleistung

Ein paralleler Bezug von Gehalt und Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) kann - unter bestimmten Bedingungen - auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) steuerlich anzuerkennen sein. So urteilte jüngst der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 15.3.2023 – I R 41/19) und korrigierte damit zum Teil seine bislang vertretene Auffassung.


Die parallele Zahlung von Gehalt und Pension nach einem Wiedereintritt des GGF...
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine GmbH hatte ihrem alleinigen GGF eine Versorgungszusage erteilt. Diese sah als Leistungsvoraussetzung unter anderem das Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft vor. Mit seinem Dienstaustritt nach Erreichen der Altersgrenze erhielt der GGF dementsprechend von der GmbH eine laufende Altersrente. Die GmbH war dann jedoch mit den Leistungen der Nachfolgerin des GGF unzufrieden und trennte sich wieder von dieser, woraufhin der alte GGF bei der GmbH erneut ein Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer erhielt. Sein Aufgabengebiet blieb gegenüber seiner ersten Anstellung unverändert. Die Zahlung seiner Altersrente wurde ohne Unterbrechung fortgesetzt. Parallel erhielt der GGF eine Geschäftsführer-Vergütung. In Summe machten die Pensionszahlungen und das Gehalt jedoch lediglich 26 Prozent derjenigen Vergütung aus, welcher der GGF bei seiner ersten Anstellung erhielt.

...war aus Sicht der Finanzverwaltung nicht betrieblich veranlasst.
Die Finanzverwaltung stellte gleichwohl die betriebliche Veranlassung der parallelen Zahlung von Gehalt und Pension in Frage. Es behandelte die neben dem Gehalt gezahlten Leistungen der bAV als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) und begründete dies unter anderem mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH. Dieser hatte wiederholt geurteilt, dass der eigentliche Zweck einer bAV verfehlt werde, wenn Altersleistungen noch während des laufenden Dienstverhältnisses erbracht werden. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde daher entweder verlangen, dass das Gehalt aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsbezüge angerechnet wird oder der vereinbarte Eintritt des Versorgungsfalles bis zur endgültigen Beendigung der Geschäftsführungstätigkeit aufgeschoben wird. Dies war hier nicht geschehen. Gegen die Bescheide der Finanzverwaltung erhob die GmbH Einspruch und zog vor Gericht.

Der Meinung des Finanzgerichts, dass eine solche parallele Zahlung zulässig sein kann...
Mit ihrer Einschätzung konnte sich die Finanzverwaltung dann bereits in der Vorinstanz mit dem Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster (25.7.2019 – 10 K 1583/19 K) nicht durchsetzen. Das FG sah zunächst den zivilrechtlichen Anspruch auf Zahlung einer Altersrente durch den Abschluss eines neuen Anstellungsvertrages nicht berührt. Die Wiederbestellung als Geschäftsführer sei weder geplant noch zu erwarten gewesen. Zwar bestehe auch bei der Wiedereinstellung der vom BFH angesprochene Zielkonflikt zwischen Versorgungsbezügen und Gehalt. Die erneute Geschäftsführertätigkeit lag hier nach Ansicht des FG aber allein im Interesse der GmbH. Zudem sei für die erneute Anstellung lediglich ein geringes Entgelt (Anerkennungsvergütung), aber keine echte Leistungsvergütung gewährt worden. 

...hat sich der BFH nunmehr angeschlossen und korrigiert seine bisherige Auffassung.
Und auch in der Revision unterlag die Finanzverwaltung. Ob der zivilrechtliche Anspruch auf Zahlung einer Altersrente durch den Abschluss eines neuen Anstellungsvertrages tatsächlich nicht berührt werde, ließ der BFH dabei offen. An diese - vom FG getroffene Feststellung - war er gebunden. Er sah allerdings selbst auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Versorgungszusage so weit auszulegen sei, dass die Zahlung der Altersrente bei einem Wiedereintritt zu enden hätte. Darüber hinaus hält die ungekürzte Weiterzahlung der Altersrente trotz Abschluss eines neuen Geschäftsführervertrages nach Ansicht des BFH dem allgemeinen Fremdvergleich stand. Zwar würden sich im Fall der Weiterbeschäftigung Zahlungen von Versorgung und Gehalt in aller Regel ausschließen. Die in diesem Zusammenhang vom BFH entwickelten Grundsätze würden aber nur für uneingeschränkte Zahlungen gelten. Ein ordentlicher Geschäftsleiter würde demnach zwar nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt zahlen. Er würde aber auch nicht erwarten, dass ein "pensionierter" Geschäftsführer umsonst weiterarbeitet. Vielmehr würde er bereit sein, neben der Versorgung für die wieder aufgenommene Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen aufzuwenden. Mit anderen Worten: Bei gleichem Tätigkeitsgebiet ist es unschädlich, wenn die Summe aus Altersversorgung und Gehalt, die vor Rentenbeginn geltende Vergütung nicht übersteigt. Diese Voraussetzungen war im vorliegenden Fall ohne Zweifel gegeben, so dass der BFH die steuerliche Anerkennung der Zahlungen nicht in Zweifel zog. 

In der Urteilsbegründung stellt der BFH des Weiteren klar, dass sich der Ansatz einer vGA hier zudem auch nicht daraus herleiten lässt, dass ein unüblich niedriges Gehalt vereinbart wurde. Der BFH hatte bereits in früheren Entscheidungen ausgeführt, dass es Gesellschaftern vielmehr unbenommen sei, für die GmbH Dienstleistungen auch unter Marktwert zu erbringen.

i Was ist zu tun?

  • Werden Versorgungszusagen neu erteilt, sollten die Beteiligten daran denken, dort steuerlich anzuerkennende Regelungen für den Fall aufzunehmen, dass der GGF über die Altersgrenze hinaus tätig bleibt oder nach der Altersgrenze wieder eintritt. Bereits bestehende Versorgungszusagen sollten zudem daraufhin untersucht werden, ob solche Regelungen - soweit sie bislang nicht oder nur unvollständig vorhanden sind - ergänzt werden können.
    Zu der Frage, wie eine Regelung aussehen kann, die ein Zusammentreffen von Aktivbezügen und bAV-Leistungen vollständig ausschließt, ohne den Wert der Versorgungszusage zu schmälern, ist der Urteilsbegründung ein Hinweis zu entnehmen: Nach Ansicht des BFH ist es unschädlich, wenn Versorgungszusagen für den Fall einer über das Pensionsalter andauernden Beschäftigung vorsehen, dass der Beginn der Zahlung der bAV unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs - also einer Erhöhung als Ausgleich für den späteren Beginn - aufgeschoben wird.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de

Fazit  

Soweit nach Altersrentenbeginn die bAV-Leistungen und das Gehalt in Summe nicht diejenigen Aktivbezüge übersteigen, die vor Rentenbeginn gezahlt wurden, ist dies - soweit sich an dem Aufgabengebiet des GGF keine Änderung ergeben hat - steuerlich nicht zu beanstanden. Dies sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Doch für den BFH stellt diese Einsicht - obschon er seine Entscheidung als Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung bezeichnet - letztlich eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung dar. Nach dieser war nämlich eine Anrechnung bei einer gleichzeitigen Zahlung von Gehalt und Pension zwingend. Den Unternehmen wird damit mehr Spielraum bei der Gestaltung der Vergütung von Geschäftsführern im Falle der Weiterarbeit nach Erreichen des Pensionsalters gegeben. 

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), ERGO-Versorgungsträgermanagement, Longial