07. September 2022

Versorgungsausgleich: Der BGH zum Statuswechsel – ein Fall, zwei Beschlüsse

Nachdem der BGH erstmals am 15.7.2020 – XII ZB 363/19 in diesem Fall entschieden hatte, erfolgt im aktuellen Beschluss eine Konkretisierung bei der Bewertung des in Unternehmerschaft erworbenen Anteils sowie eine Klarstellung hinsichtlich des Umfangs des Insolvenzschutzes bei verpfändeten Rückdeckungsversicherungen (BGH, Beschluss vom 23.3.2022 – XII ZB 337/21).


Sachverhalt
Hier erteilte die Inhaberin einer GmbH ihrem Ehemann ein Anrecht auf Rentenleistung in Form einer endgehaltsbezogenen Versorgungszusage. Für das Anrecht bestehen bei einer Versicherung drei Rückdeckungsversicherungen. Die Ansprüche aus den drei Rückdeckungsversicherungen wurden an den Ehemann verpfändet, das Kündigungsrecht wurde an ihn abgetreten. Während der Ehezeit wechselte der Ehemann seinen Status vom Arbeitnehmer zum Unternehmer. Im Zuge der Ehescheidung und des damit einhergehenden Versorgungsausgleichs, teile das Amtsgericht das Anrecht intern.

Vorgaben aus der früheren BGH-Entscheidung hinsichtlich der Bewertung des Anrechts
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in 2020, dass aufgrund des Statuswechsels für die Anrechtsbewertung im Versorgungsausgleich nunmehr zu trennen ist: Während seiner Zeit als Arbeitnehmer fällt der Ausgleichspflichtige unter den Schutzbereich des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Es erfolgt eine Anrechtsbewertung nach § 45 Abs.1 VersAusglG, welche wahlweise eine Bewertung als Rentenbetrag oder als Kapitalwert zulässt. Trotz einer Zusage auf Rentenbasis kann der Versorgungsträger, da es sich um eine Direktzusage handelt also die GmbH, eine Teilung auf Kapitalwertbasis durchführen. Dies ist vorteilhaft, denn eine Teilung auf Kapitalwertbasis ist für den Versorgungsträger (hier die GmbH) aufwandsneutral.

Während der Zeit als Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF), in der dieser allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern eine Beteiligungsmehrheit hält und nach der Verkehrsauffassung somit sein eigenes Unternehmen leitet, besteht laut BGH kein Schutz über das BetrAVG. Folglich ist die Bewertung nach §§ 5, 39 bis 42 VersAusglG vorzunehmen, die bei einer Zusage in Form einer Rentenleistung diese als Bezugsgröße vorgeben; eine Teilung auf Kapitalwertbasis ist nicht zuläsig.

Konkretisierungen in der aktuellen Entscheidung
Berechnung des Ehezeitanteils der Unternehmerversorgung:
Der BGH stellt klar, dass für die Unternehmerversorgung nur der Rententeil berücksichtigt werden darf, der ab dem Zeitpunkt des Statuswechsels erdient wurde (Gesamtanspruch abzüglich der vor dem Statuswechsel bereits zeitratierlich erdienten monatlichen Rentenansprüche). Von diesem Anteil ist der Ehezeitanteil der Unternehmerversorgung zeitratierlich zu berechnen.

Übertragung des Pfandrechts:
Bei einer internen Teilung ist die zum Ehezeitende bestehende Sicherheit – hier das Pfandrecht an Ansprüchen aus den Rückdeckungsversicherungen, das zum Insolvenzschutz des ausgleichpflichtigen Anrechts begründet ist – vom Gericht auch für das zu übertragende Recht zu begründen, anteilig für die Arbeitnehmer- sowie die Unternehmerzeiten. Deswegen ist der ausgleichsberechtigten Person nicht nur das jeweilige neu begründete Anrecht zu übertragen, sondern diesem Anrecht auch das dafür zum Ehezeitende tatsächlich vorhandene (anteilige) Deckungskapital der Rückdeckungsversicherungen zuzuordnen, einschließlich der darauf seit Ehezeitende entfallenden Überschussanteile und Zinsen, sowie weiterhin das darauf eingeräumte Pfandrecht in gleichem Umfang. Der BGH stellt in der Entscheidung heraus, dass die der Sicherheit bereits innewohnende Dynamik in Form von Zinsen und Überschussanteilen als Wertsteigerungen bereits ehezeitlich dem Anrecht zugeordnet sind und deswegen die Besicherung erhöhen. 

Fazit

Der BGH stellt eine (Muster-)Tenorierung für diesen Sachverhalt zur Verfügung und konkretisiert die Inhalte einer Zuordnung bei verpfändetem Insolvenzschutz. Es bleibt allerdings weiter offen, wie mit der Zuordnung des Deckungskapitals bzw. des daran eingeräumten Pfandrechts für die ausgleichsberechtigte Person ein unabhängig von der ausgleichspflichtigen Person bestehender Insolvenzschutz zu erreichen ist - ohne den Träger der Rückdeckungsversicherung einzubinden. Denn es wird das vom Arbeitgeber zugesagte Anrecht geteilt; folglich ist auch nur der Versorgungsträger am Versorgungsausgleichsverfahren zu beteiligen.

Vanessa Angel, Syndikusrechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial
(Expertin für Versorgungseinrichtungen wie z.B. Unterstützungskassen zu allen steuer- und arbeitsrechtlichen Fragen der bAV, insbesondere auch bei Fragestellungen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs)