01. Dezember 2021

Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss ab dem 1. 1.2022: Folgen bei Missachtung

Ab dem 1.1.2022 sind Arbeitgeber auch bei vor 2019 eingerichteten Versorgungen verpflichtet, ihren Arbeitnehmern einen Zuschuss zu einer durch Entgeltumwandlung finanzierten versicherungsförmigen bAV zu zahlen, soweit sie dadurch Sozialversicherungsbeiträge einsparen. Welche Folgen treten auf, wenn sie diese Verpflichtung ignorieren?


Nach § 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) haben Arbeitgeber solche Entgeltumwandlungszusagen, die in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds durchgeführt werden, zu bezuschussen. Der Zuschuss beträgt 15 Prozent des Beitrages zur Entgeltumwandlung. Diese Regelung gilt nach § 26a BetrAVG ab dem 1. Januar 2022 nunmehr für alle individual- und kollektivrechtlichen Entgeltumwandlungsvereinbarungen, also auch für solche, die bereits vor dem 1. Januar 2019 geschlossen worden sind. 

Es stellt sich die Frage, welche Folgen für den Arbeitgeber auftreten, wenn er diese Verpflichtung ignoriert.

  • 1. Der Arbeitgeber verstößt gegen eine gesetzliche Verpflichtung. Damit ist er zum Schadenersatz verpflichtet. Der Arbeitgeber muss den Versorgungsberechtigten wirtschaftlich so stellen, dass er die Leistungen wie bei korrekter Umsetzung erhält. (Ähnlich wie der Verschaffungsanspruch, falls eine arbeitgeberfinanzierte, versicherungsförmige Altersversorgung zugesagt, aber nicht durchgeführt wird - BAG-Urteil vom 12.06.2007, 3 AZR 186/06)
     
  • 2. Wandelt der Arbeitnehmer Entgelt in einer Höhe um, dass der Arbeitgeberzuschuss ganz oder teilweise sozialversicherungspflichtig wäre (i.d.R. also dann, wenn Entgeltumwandlung und Zuschuss zusammen mehr als 4 Prozent der BBG betragen), erfüllt er zugleich den Tatbestand des § 266a Abs. 1 StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt). Denn hierfür kommt es nicht darauf an, dass die Sozialversicherungsbeiträge auf die tatsächlich gezahlten Bezüge entrichtet werden, sondern die Beitragsansprüche richten sich nach dem geschuldeten Entgelt.
     
  • 3. Darüber hinaus dürften sich handelsbilanzielle Auswirkungen ergeben.
    Wenn ein Arbeitgeber den verpflichtenden Zuschuss nämlich nicht an den Versorgungsträger der bestehenden Entgeltumwandlung zahlt, erhalten die Begünstigten im Versorgungsfall von dem Versorgungsträger eine geringere Leistung als bei gesetzlich vorgeschriebener Dotierung.

    Der Arbeitgeber gerät insoweit in eine Subsidiärhaftung für die Leistungslücke (§ 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG).

    Für Versorgungsanwärter, also insbesondere noch aktive Arbeitnehmer, ist die betreffende Verpflichtung nach § 28 EGHGB i.V.m. IDW RS HFA 30, Randziffer 37, im Anhang zur Handelsbilanz auszuweisen.

    Für Betriebsrentner, die durch die Nichtzahlung des verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses eine zu geringe Rentenleistung aus der beispielsweise Direktversicherung ausgezahlt bekommen, ist für diese Minderleistung eine Pensionsrückstellung nach § 249 HGB i.V.m. § 253 Abs. 2 HGB in der Handelsbilanz auszuweisen.
     
  • 4. Mit den handelsbilanziellen Auswirkungen ergeben sich für den Arbeitgeber weitere Kosten:
    Die Höhe der Verpflichtungen für den Bilanzanhang sowie der Pensionsrückstellung wird durch ein kostenpflichtiges versicherungsmathematisches Gutachten ermittelt.

    Für die zu bilanzierenden Verpflichtungen gegenüber den Betriebsrentnern können gegebenenfalls auch Zahlungen an den Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSVaG) anfallen.

i Was ist zu tun?

  • Den Arbeitgebern kann man nur dringend raten, der gesetzlichen Verpflichtung ab dem 1.1.2022 nachzukommen und dafür zu sorgen, dass der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss in die entsprechenden Verträge der Arbeitnehmer eingezahlt wird. Wo die Versicherer oder Pensionskassen das nicht zulassen, weil die Verträge zu alt sind, sollten sich die Arbeitgeber frühzeitig um Ausweichlösungen - also neue Verträge in denen nur dieser Zuschuss eingezahlt wird - kümmern.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de


Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial
(Seit 1993 im Bereich der betrieblichen Altersversorgung aktiv. Als Dozent | Referent für die Campus Institut AG im Studium Betriebswirt bAV (FH), die Deutsche Makler Akademie und weitere mehr tätig.)