10. Dezember 2025
Verdeckte Einlage beim Teilverzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf seine Versorgungszusage
Kommt es bei der spontanen Abfindung einer Versorgungzusage, die einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde, zu einer verdeckten Einlage, wenn die Abfindung mit einem Teilverzicht einhergeht? Hierüber wurde vor dem Finanzgericht Düsseldorf mit unerwartetem Ausgang gestritten (Urteil vom 19.5.2025 - 6 K 343/21 K, G, F)
Bei dem Verzicht auf eine Versorgungszusage gegen Übertragung der Rückdeckungsversicherung...
Eine GmbH erteilte Ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer im Jahr 1994 eine Versorgungszusage, für die eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen wurde. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wurde im Jahr 2001 auf eine Aktiengesellschaft (AG) verschmolzen. Die Möglichkeit der Abfindung der zugesagten Leistungen war in der Zusage nicht vorgesehen. Im Jahr 2016 wurde gleichwohl eine Vereinbarung geschlossen, mit welcher der Versorgungsberechtigte auf die ihm erteilte Zusage verzichtete; im Gegenzug wurde die Rückdeckungsversicherung (RDV) von der AG auf ihn übertragen. Der Aktivwert der Rückdeckungsversicherung belief sich zu dem Zeitpunkt auf 62.059 Euro, während der Barwert der erdienten Versorgungsleistungen 184.914 Euro ausmachte. Die in der Steuerbilanz zuvor gebildete Pensionsrückstellung belief sich auf 135.878 Euro.
Die AG löste den Aktivwert und die Pensionsrückstellung in der Bilanz auf. In ihrer Steuererklärung behandelte sie die Übertragung der Rückdeckungsversicherung in Höhe des Aktivwertes als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) und den Wegfall der Versorgungszusage in Höhe des Barwertes der erreichten Leistungen als verdeckte Einlage (vE).
Das Finanzamt lehnte den Ansatz einer verdeckten Einlage ab
Über die Behandlung der Übertragung der Rückdeckungsversicherung als vGA bestand zwischen der AG und der Finanzverwaltung bei einer späteren Betriebsprüfung Einigkeit. Denn diese „Abfindung" erfolgte spontan, also ohne, dass die Versorgungszusage hierzu eine Regelung beinhaltet hätte (vergleiche unter anderem das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11.9.2013 – I R 28/13). In dem Verzicht auf die zugesagten Versorgungsleistungen wollte das Finanzamt hingegen keine vE sehen. Es argumentierte zum einen damit, dass nach den Körperschaftsteuer-Hinweisen (KStH) der Ansatz einer vE zwar bei einem Verzicht auf erdiente Leistungen in Betracht käme. Ein solcher Verzicht läge hier aber nicht vor. Vielmehr habe der Versorgungsberechtigte als Gegenleistung für die Aufhebung der Versorgungszusage die Rückdeckungsversicherung erhalten. Insofern ließe sich auch keine Veranlassung des Vorgangs durch das Gesellschaftsverhältnis auf Basis eines Verzichts herleiten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Gegenleistung für den Verzicht – 62.059 Euro – in einem Missverhältnis zu den erreichten Leistungen stünde – 184.914 Euro (und insoweit der Vorgang an sich durchaus durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein dürfte). Zum anderen gäbe es darüber hinaus auch keine Rechtsprechung des BFH, die den Ansatz einer vE eindeutig zuließe. Insbesondere würde das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.3.2006 (I R 38/05), welches eine solche vE nach seinem Leitsatz vorsieht, missverstanden. Aus dem Urteil ergäbe sich, dass eine nicht ernsthaft erteilte – weil tatsächlich nicht durchführte – Zusage auch nach Ansicht des BFH wertlos sei. Nach Auffassung des Finanzamts lag ein solcher Fall hier vor.
Das Finanzgericht ließ ihn unter Hinweis auf die gesellschaftliche Veranlassung aber zu...
Dieser Einschätzung folgte das Finanzgericht nicht. Dafür, dass die Zusage nicht ernsthaft erteilt wurde, gäbe es keine Anzeichen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Versorgungsberechtigte bei Aufhebung der Versorgungszusage keine beherrschende Stellung in der AG innegehabt habe. Dessen ungeachtet bejahte das FG gleichwohl das Vorliegen einer gesellschaftlichen Veranlassung des Vorgangs. Diese ergäbe sich allein schon aus dem Missverhältnis zwischen dem Wert der übertragenen Rückdeckungsversicherung und dem Wert der aufgehobenen Versorgungszusage. Dass der Versorgungsberechtigte einen solchen Verlust akzeptiert habe, sei eben gerade nicht fremdüblich. Im vorliegenden Fall ging das FG davon aus, dass der Vorgang im Zusammenhang mit der privaten Übertragung von Gesellschaftsanteilen stand, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufhebung der Zusage erfolgte.
...allerdings will es die Höhe der verdeckten Einlage auf die Rückstellung begrenzen.
Aus Sicht des FG stand die Auflösung der Pensionsrückstellung insoweit (auch) mit einem gesellschaftlich veranlassten Verzicht auf Versorgungsleistungen im Zusammenhang. In Fällen eines solchen Verzichtes sei es sachgerecht, nicht nur eine vGA in Höhe des Wertes der Rückdeckungsversicherung, sondern auch eine vE anzunehmen. Dies sei im Übrigen durchaus dem Urteil des BFH vom 14.3.2006 – (I R 38/05) zu entnehmen. Das FG führt ergänzend aus, dass es dabei unbeachtlich sei, wenn es sich – wie im vorliegenden Fall – um einen Versorgungsberechtigten handelt, der keine beherrschende Stellung beim Arbeitgeber innehatte, soweit eine gesellschaftliche (Mit-)Veranlassung des Geschäftsvorfalls (aus anderen Gründen) anzunehmen ist. Im Ergebnis hat das FG damit dem Grunde nach die von der AG vorgenommene Bilanzierung bestätigt.
Allerdings hatte die AG nach Ansicht des FG die Höhe der vE nicht korrekt bemessen. Nach § 8 Abs. 3 KStG dürfe eine vE das Vermögen der AG nicht erhöhen. Die vE sei insoweit auf die Höhe der aufgelösten Pensionsrückstellung zu beschränken. Sie würde im vorliegenden Fall daher 135.878 Euro (und nicht 184.914 Euro) betragen. Dessen ungeachtet hatte nach Ansicht des Gerichts zum steuerlichen Einlagekonto ein Zugang um 184.914 Euro zu erfolgen.
Fazit:
Das FG ist im Grundsatz der Rechtsprechung des BFH gefolgt. Demnach ist im Falle der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung einer Teilabfindung separat zu prüfen, welche Auswirkungen sich durch die Erbringung der Leistung auf der einen Seite (vGA) und dem Wegfall der Verpflichtung auf der anderen Seite (vE) ergeben. Dass die Finanzverwaltung im vorliegenden Verfahren versuchte, hierbei einen Teil auszublenden, verwundert. Fragen löst aber auch die Meinung des FG zur Bemessung der vE aus. Denn die durch eine vE folgende außerbilanziellen Korrektur führt zur einer Gewinnminderung (und damit nicht zu einer Einkommenserhöhung), sodass es einer Begrenzung der vE nicht bedürfen sollte.
i Was ist zu tun?
- Das Verfahren wurde zur Revision zugelassen. Doch leider wurde hiervon kein Gebrauch gemacht, sodass der BFH zunächst keine Gelegenheit bekommen wird, sich in dieser Sache zu äußern. Auch gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass mit einem klärenden Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) zu rechnen sein wird, welches zumindest für eine einheitliche Vorgehensweise innerhalb der Finanzverwaltung sorgen würde. Die unplanmäßige (Teil-)Abfindung von Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung mit gesellschaftlicher Veranlassung dürfte damit bis auf Weiteres ein Thema mit diversen steuerlichen Fallstricken und einem Beratungsbedarf für die betroffenen Firmen bleiben.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern & VTM, Longial

