26. Mai 2021

Update: Wer haftet für die bAV beim Betriebsübergang in der Insolvenz?

EuGH (Fünfte Kammer), Urteile vom 9.9.2020 – C-674/18, C-675/18 und BAG-Urteile vom 26.1.2021, 3 AZR 139/17 und 3 AZR 878/16: Update der Berichterstattung über die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsübergang in der Insolvenz.


Einen ausführlichen Artikel über den Hintergrund eines Betriebsübergangs ohne oder in der Insolvenz, die Folgen für die Arbeitnehmer sowie über den Mindestschutz bietet der Beitrag in der Weitblick-Ausgabe 1/2021. Nun liegt die vollständige Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vor.

Welchen Mindestschutz muss der Staat gewährleisten?
Der Staat muss dafür sorgen, dass im Fall der Insolvenz ein Mindestschutz gewährt wird. Das folgt aus Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG (Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers) und gilt unabhängig vom Betriebsübergang. Konkret muss dieser Mindestschutz so gestaltet sein, dass 

  • einem Versorgungsberechtigten bei der Insolvenz seines Arbeitgebers mindestens 50 Prozent der erdienten Altersrentenleistungen erhalten bleiben und
  • die Kürzung nicht dazu führt, dass der Versorgungsberechtigte seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten kann. 

Dieser unionsrechtlich gebotene Mindestschutz wird nach Einschätzung des BAG in Deutschland durch einen unmittelbar aus dem Unionsrecht folgenden und gegen den Pensions-Sicherungs-Verein VVag (PSVaG) gerichteten Anspruch gewährleistet. Der PSVaG wird insofern als dem Staat gleichgestellt angesehen, Deutschland erfüllt seine Verpflichtungen aus der Richtlinie durch den PSVaG. Dafür ist es nicht einmal erforderlich, dass das Betriebsrentengesetz ausdrückliche Regelungen enthält. Es reicht aus, wenn diese durch die Rechtsprechung in Anwendung der Richtlinien begründet werden. Diese Grundsätze sind sogar auf noch nicht gesetzlich unverfallbare Anwartschaften anzuwenden, für die der PSVaG nach dem Wortlaut des Betriebsrentengesetzes keine Insolvenzsicherung gewährt. 

Fazit

Die praktische Relevanz dieser Schutzerweiterung dürfte allerdings überschaubar bleiben. Denn die Fälle, in denen zum einen die heute nur noch 3 Jahre dauernde Unverfallbarkeitsfrist nicht erreicht wird und zum anderen dadurch mindestens 50 Prozent der erdienten Altersleistung wegfallen, dürften eine Ausnahme sein.

Gordon Teckentrup, LL.M., Leiter Recht | Steuern, Longial
(Experte für alle steuer- und arbeitsrechtlichen Fragen der bAV, insbesondere Versorgung von GGF, Einrichtung und Änderung von Versorgungswerken, Unternehmensfusionen und Betriebsübergängen sowie Verwaltung von Versorgungswerken).