27. Mai 2020

Update: Einbeziehung der Zusagen über eine Pensionskasse in das gesetzliche System der Insolvenzsicherung und Neuregelung der versicherungsvertraglichen Lösung?

Das Gesetzgebungsverfahren zur Einbeziehung der Zusagen über eine Pensionskasse in das gesetzliche Insolvenzsicherungssystem geht in die letzte Runde. In diesem Zusammenhang soll das versicherungsvertragliche Verfahren bei Direktversicherungen und Pensionskassen zum Standardverfahren werden.


Wie bereits im Weitblick 1/2020  berichtet, ist geplant, Pensionskassen – soweit diese nicht dem Sicherungsfonds Protektor angehören oder auf tarifvertraglicher Grundlage als gemeinsame Einrichtung betrieben werden – in das Sicherungssystem des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSVaG) einzubeziehen. Gleichzeitig wird die versicherungsvertragliche Lösung als Standardlösung festgelegt.

Hintergrund zum bisherigen versicherungsvertraglichen Verfahren
Scheidet ein Arbeitnehmer vorzeitig mit unverfallbaren Anwartschaften aus, so kann aktuell der Arbeitgeber im Fall der Versorgung über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse das sogenannte versicherungsvertragliche Verfahren alternativ zum ratierlichen (zeitanteiligen) Berechnungsverfahren wählen.

Dadurch hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Ansprüche des vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmers auf die von dem Lebensversicherer aufgrund des Versicherungsvertrages zu erbringende Versicherungsleistung zu beschränken. Der Gesetzgeber verlangt allerdings bei der Wahl des versicherungsvertraglichen Verfahrens, dass die Versicherungsleistungen ungeschmälert dem Arbeitnehmer zukommen und wirtschaftliche Verfügungen des Arbeitgebers, wie zum Beispiel Beleihungen der Versicherung, aufgehoben werden. Die Versicherung gewinnt hierdurch dem Grunde und der Höhe nach an Wert beziehungsweise können die Ansprüche des Arbeitnehmers dadurch jedenfalls nicht ausgehöhlt werden. Daher ist die Wahl des versicherungsvertraglichen Verfahrens an sogenannte „soziale Auflagen“ (§ 2 Abs. 2 S. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG)) gebunden:

  • Spätestens 3 Monate nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber ihm ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt und etwaige Abtretungen oder Beleihungen des Rechts aus dem Versicherungsvertrag rückgängig gemacht haben.
  • Der Versicherungsvertrag muss vorsehen, dass die Überschussanteile aus dem Vertrag von Beginn der Versicherung an zu Leistungsverbesserungen verwendet werden.
  • Dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer muss nach dem Versicherungsvertrag das Recht zustehen, die Versicherung nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit eigenen Beiträgen fortzuführen.

Damit die Leistungen bei Versorgungseintritt aber auch tatsächlich vorhanden sind und nicht vorzeitig verwertet wurden, unterliegt der ausgeschiedene Arbeitnehmer wiederum gesetzlichen Auflagen. Durch diese sogenannten Verfügungsbeschränkungen ist sichergestellt, dass die betrieblichen Versorgungsleistungen bei Eintritt eines vertraglich vorgesehenen Versorgungsfalls dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließen (§ 2 Abs. 2 S. 4 und 5 BetrAVG).

Wirksames Mittel
Das versicherungsvertragliche Verfahren ist also grundsätzlich ein wirksames Mittel, um die Ansprüche der Versorgungsberechtigten sachgerecht zu ermitteln und die Versicherungsleistungen dauerhaft für Zwecke der bAV zu erhalten. Für Pensionskassen gelten im Wesentlichen entsprechende Regelungen. Die versicherungsvertragliche Lösung bei Pensionskassen unterscheidet sich von derjenigen der Direktversicherung nur insoweit, als bei Pensionskassen per gesetzlicher Definition den Versorgungsberechtigten ein Rechtsanspruch zusteht und ein Bezugsrecht des Arbeitgebers ausgeschlossen ist. Daher entfällt die erste „soziale Auflage“.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
Mit Urteil vom 19.5.2016 (3 AZR 794/14) hat das Bundesarbeitsgericht jedoch verlangt, dass die versicherungsvertragliche Lösung vom Arbeitgeber gegenüber jedem Arbeitnehmer und gegenüber dem Versicherer jeweils in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erklärt werden muss. Dies stößt in der Praxis jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten in der Verwaltung. So muss zum Beispiel in jedem Einzelfall die Willensentscheidung sowohl dem Versorgungsberechtigten als auch dem Versicherer bekannt gegeben werden. Eine pauschale Regelung in einer Versorgungsordnung reicht aus. Ferner muss der Arbeitgeber im Zweifel auch beweisen können, dass dem Versorgungsberechtigten diese Entscheidung zugegangen ist.

Nun soll im Rahmen des Einbezugs der Pensionskassenversorgungen in das Sicherungssystem des PSVaG die versicherungsvertragliche Lösung als Standardlösung festgelegt werden. Der Arbeitgeber muss dann die Anwendung des versicherungsvertraglichen Verfahrens nicht mehr verlangen.

Aktueller Stand zum Gesetzgebungsverfahren
Im Rahmen des sogenannten Siebten SGB-IV-Änderungsgesetzes sollen die vorgenannten Änderungen des Betriebsrentengesetzes vorgenommen werden. Das SGB-IV-Änderungsgesetz wurde am 7.5.2020 in zweiter und dritter Lesung vom Bundestag verabschiedet und soll aktuell am 5.6.2020 im Bundesrat behandelt werden. Es tritt dann am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt – also wahrscheinlich noch vor der Sommerpause – in Kraft.

Fazit

Neben der Einbeziehung der Pensionskassenversorgungen in das Sicherungssystem des PSVaG soll die Anwendung der versicherungsvertraglichen Verfahren neu geregelt werden. Es soll nicht mehr vom Arbeitgeber gewählt werden müssen, sondern als Standardverfahren festgelegt werden. Dies ist aus Sicht der Praxis zu begrüßen, da die Bekanntgabe des Ersatzverfahrens im Einzelfall damit wieder entfallen kann und dies die Verwaltung erleichtert.

Bernd Wilhelm-Werkle, LL.M. Syndikusrechtsanwalt, Leiter Geschäftsbereich Beratung, Longial