28. Februar 2024

Opting-out: Kann eine Belegschaft zur Entgeltumwandlung verpflichtet werden?

Ein Großteil der Unternehmen leistet bereits heute schon einen wertvollen Beitrag zum Erhalt des Lebensstandards ihrer Mitarbeitenden im Alter und kommt somit ihrer sozialpolitischen Verantwortung nach.

Deshalb sind sie häufig überrascht, dass die Akzeptanz zur Entgeltumwandlung in der Belegschaft mitunter gering ist. Liegt die Ursache ausschließlich an den gestiegenen Lebenshaltungskosten (Inflation)?

Von unseren Kunden hören wir in diesem Zusammenhang des Öfteren, dass die Arbeitgeber nicht allein die Versorgungslücke der Arbeitnehmer schließen könnten. Man wolle nicht wie bisher nach dem Gießkannen-Prinzip die Last tragen, wenn nicht auch etwas Eigenmotivation der Mitarbeitenden zu erwarten sei.

Daher wird immer häufiger die Frage an uns herangetragen, ob man die Mitarbeitenden nicht zu einer Entgeltumwandlung verpflichten kann – es gäbe ja schließlich ein Gesetz (Anmerkung: Das Betriebsrentengesetz, genauer: § 20 Abs. 2 BetrAVG), welches dazu berechtige.

Optionssysteme / Opting-out
Dieses Verfahren wird wie folgt definiert: „Bei einem Optionssystem werden alle Arbeitnehmer automatisch in ein Versorgungssystem aufgenommen. Im Gegensatz zum Regelfall muss sich also nicht jeder Arbeitnehmer aktiv für die Entgeltumwandlung entscheiden. Möchte er keine Entgeltumwandlung betreiben oder die Entgeltumwandlung beenden, muss er aktiv widersprechen. Optionssysteme gelten gegenüber dem Obligatorium als weniger einschneidende Alternative zur Erhöhung des Deckungsgrades der betrieblichen Altersversorgung.“[1]

Hierzu regelt der § 20 Abs. 2 BetrAVG, dass der Arbeitgeber aufgrund eines Tarifvertrags oder eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (in Anlehnung an einen einschlägigen Tarifvertrag) eine automatische Entgeltumwandlung einführen kann. Ein eigener Haustarifvertrag, wie er häufig bei Großunternehmen anzufinden ist, stellt eine weitere Option dar.

In allen Fällen bedarf es jedoch der Beachtung der gesetzlichen Mindestanforderungen. So muss den Arbeitnehmern unter anderem eine entsprechende Widerspruchsmöglichkeit eingeräumt werden; zudem muss deutlich hervorgehoben werden, wie hoch der jeweilige Beitrag ist und aus welchen Vergütungsbestandteilen dieser entnommen wird.

Zu beachten ist darüber hinaus, dass die zusätzlichen tarifvertraglichen Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung (Zuschuss zur Entgeltumwandlung, Arbeitgeberbeiträge) unbeachtet des Optionssystems auch weiterhin gelten.

Doch wie können Arbeitgeber vorgehen, die nicht tarifgebunden sind, oder sich nicht per Betriebsvereinbarung an einen Tarifvertrag anlehnen möchten?

Da die Versorgungssysteme von Arbeitgebern auf unterschiedlichen Variablen basieren, kann man hier keine pauschale Antwort geben. Neben eventuell bestehenden Tarifverträgen (bindend oder in Anlehnung,) sind jeweils bestehende Ansprüche beziehungsweise Zusagen von Mitarbeitenden zu beachten.

Dessen ungeachtet sind sogenannte Matching-Modelle ein probates Mittel, um die Entgeltumwandlungsquote relevant zu erhöhen. Hierbei werden zwei Varianten am häufigsten genutzt:

  1. Prozentuales Matching: Hier gewährt der Arbeitgeber einen attraktiven Zuschuss zur Entgeltumwandlung, beispielsweise 100 Prozent auf die Bruttogehaltsanteile und verdoppelt so die Beiträge zur bAV. Dieser Zuschuss kann auch auf einen bestimmten Beitrag maximiert werden.
  2. Matching mit Festbetrag: Bei dieser Variante bezahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss, zum Beispiel 25 Prozent auf die Entgeltumwandlung. Zusätzlich gibt es einen Festbetrag, wenn ein bestimmter Entgeltumwandlungsbetrag überschritten wird. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Teilzeitbeschäftigte nicht benachteiligt oder gegebenenfalls ausgeschlossen werden, weshalb man den Entgeltumwandlungsbetrag und den Festbetrag üblicherweise anteilig des Teilzeitumfangs quotelt.

Beiden Modellen ist gemein, dass der Zuschuss nach §1a Abs. 1a BetrAVG und eventuelle Arbeitgeberleistungen aus Tarifverträgen umfasst werden müssen.

Fazit:

Aktuell sind Optionssysteme vorrangig tarifgebundenen Arbeitgebern vorbehalten. Durch Anlehnung an einschlägige Tarifverträge können auch weitere Unternehmen die Möglichkeit des § 20 Abs. 2 BetrAVG nutzen. Ein attraktives Matchingmodell lässt sich auch ohne Tarifbindung oder -anlehnung konstruieren und implementieren.

Bei Unklarheiten lassen Sie sich von einem Experten unterstützen. Wir stehen Ihnen gerne für Rückfragen zur Verfügung und beraten Sie dabei, attraktive Versorgungssysteme für Ihre individuellen Ansprüche zu entwickeln.

André Czerwionka, Account- und Channelmanager, Longial

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[1]https://www.aba-online.de/infothek/glossar/begriffe/optionssystem - Abruf am 24.01.2024