10. Dezember 2025

Nicht alles, was im Arbeitsverhältnis abgeschlossen wird, ist auch bAV

BAG-Urteil vom 6.5.2025 - 3 AZR 118/24


Der Fall: 
Ist hier betriebliche Altersversorgung zu gewähren? Über diesen Fall streiten die Parteien: 
Die Arbeitnehmerin war beim Arbeitgeber vom 1.3.2008 bis 31.5.2022 in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt und bezog ein Bruttomonatsentgelt von 2.393,19 Euro.  

Ausweislich des Arbeitsvertrags wurde die Klägerin als Haushaltshilfe/Haushaltsangestellte eingestellt, ihre Aufgaben umfassten Tätigkeiten aus den Bereichen Pflege, Betreuung und Haushalt. Zugleich lebten die Parteien von 2008 bis 2021 in einer Lebensgemeinschaft. Die Arbeitnehmerin wohnte beim Arbeitgeber im Rahmen eines Mietverhältnisses. Dieser kam für Kosten der Lebenshaltung (Essen, Kleidung, Reisen, Sprachkurse, Golfclubmitgliedschaft) auf. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers mit Ablauf des 31.5.2022. 

Während des Arbeitsverhältnisses beantragte der Arbeitgeber am 30.12.2010 den Abschluss eines Versicherungsvertrags auf 12 Jahre bei der A Lebensversicherung a.G. Im Antragsformular ist der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer, die Arbeitnehmerin als versicherte Person angegeben. Unter „Bezugsrecht“ ist sowohl bei Versicherungsablauf als auch bei Tod der versicherten Person als Bezugsberechtigter der Arbeitgeber durch Ankreuzen eines Auswahlfeldes bestimmt. Zudem wurde durch Ankreuzen angegeben, dass der Vertrag zum Zweck der Altersvorsorge und Hinterbliebenenversorgung abgeschlossen wird. Nicht ausgewählt waren die in einer Rubrik „Betriebliche Altersversorgung“ möglichen Angaben „Direktversicherung (Zusatzantrag ausfüllen)“ oder „Rückdeckungsversicherung“. 

In einem Schreiben der Versicherungsgesellschaft wurde dem Arbeitgeber dann bestätigt, dass zu Lebzeiten alle Vertragsrechte beim ihm liegen. Das bedeutet, dass nach Ablauf von 12 Jahren zunächst die Rente oder, falls gewünscht, auch die Ablaufleistungen an den Arbeitgeber fließen, sofern er noch lebt. Lediglich im Todesfall würden die Rechte auf die Lebenspartnerin übergehen.  

Der Arbeitnehmerin wurde bestätigt, dass für sie eine Kapital- und/oder Rentenversicherung neu abgeschlossen wurde und sie daraus eine Rente von mindestens 2.000 Euro pro Monat nach dem Ableben des Arbeitgebers erhalten oder die sich daraus ergebende Kapitalsumme erhalten sollte. Allerdings würde diese Summe nur ausbezahlt, wenn die Arbeitnehmerin bis zum Ableben des Arbeitgebers für diesen tätig sind ist. Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beendet hatte, wollte die Arbeitnehmerin nun Leistungen der betrieblichen Altersversorgung beanspruchen. Das entsprechende Rentenalter hatte sie erreicht. 

Die Entscheidung: 
Sowohl die Vorinstanzen als auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) sahen das anders. Das BAG hat noch einmal bestätigt, dass keine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz – BetrAVG) erteilt worden ist. Das Vorliegen einer Versorgungszusage im Durchführungsweg der Direktversicherung setzt das Versprechen einer Lebensversicherung voraus, die vom Arbeitgeber auf das Leben des Arbeitnehmers abgeschlossen wird und aus der der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen ganz oder zum Teil bezugsberechtigt sind (§ 1b Abs. 2 Satz 1 BetrAVG; vgl. BAG 26.6.1990 – 3 AZR 641/88). Daran fehlt es vorliegend. Im Antragsformular ist der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und die Arbeitnehmerin als versicherte Person angegeben; unter „Bezugsrecht“ ist sowohl unter „Versicherungsablauf“ als auch bei „Tod der versicherten Person“ als bezugsberechtigte Person der Arbeitgeber bestimmt. Das BAG war hier zu der Erkenntnis gelangt, dass das unter „Bezugsrecht“ angebrachte Kreuz beim Bezugsrecht der Versicherten (also der Arbeitnehmerin) wieder gestrichen worden und ausschließlich der Beklagte bezugsberechtigt war. 

Damit sollte die Arbeitnehmerin nach der Zusage Ansprüche nur im Falle des Ablebens des Arbeitgebers erwerben. Es handelt sich schon deshalb nicht um eine unter das BetrAVG fallende Versorgungszusage, weil das versicherte biometrische Risiko (Ableben des Beklagten) – ungeachtet des Umstands, dass es sich zu dem Zeitpunkt nicht realisiert hatte – nicht die Klägerin betrifft. Die Abdeckung dieses Risikos ist keine betriebliche Altersversorgung im Sinne des BetrAVG. Erforderlich wäre gewesen, dass die Parteien das Erreichen eines bestimmten Rentenalters der Arbeitnehmerin vereinbart und der Arbeitnehmerin auch ein Bezugsrecht eingeräumt hätten. Dem Arbeitgeber ging es nach Ansicht des BAG darum, der Arbeitnehmerin eine Versorgung für die Zeit zukommen zu lassen, in der er durch sein Ableben nicht mehr zu ihrer Versorgung in der Lage sein würde. Das ist allerdings keine bAV. 

Fazit:  

Wenn eine bAV gewollt gewesen wäre, hätten auch die Voraussetzungen dafür vereinbart werden müssen. Der Arbeitgeber hätte der Arbeitnehmerin also bei Erreichen eines konkreten Rentenalters eine Leistung versprechen müssen und ihr insbesondere dafür das Bezugsrecht einräumen müssen. Aber das war im vorliegenden Fall gar nicht beabsichtigt. 

Anja Sprick, Justiziarin Recht | Steuern, Longial