15. Februar 2017

Spätehenklausel: Keine Altersdiskriminierung bei Eheschließung nach dem 60. Lebensjahr

(EuGH-Urteil vom 24.11.2016 – C-443/15)

 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt – anders als das Bundesarbeitsgericht (BAG) – fest, dass die Verwendung von sogenannten Spätehenklauseln zu keiner Altersdiskriminierung führt, wenn die Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung an die Voraussetzung anknüpft, dass eine Ehe beziehungsweise eine eingetragene Lebenspartnerschaft vor Vollendung des 60. Lebensjahres geschlossen wird.


EuGH erkennt zulässige Altersgrenze
Im zugrunde liegenden Sachverhalt wird dem Betroffenen eine Hinterbliebenenrente für seinen eingetragenen Lebenspartner verwehrt, weil er 2009 im Alter von 63 eine eingetragene Partnerschaft schloss, die in Irland erst 2011 anerkannt wurde.

Diskriminierung durch Regeln des Versorgungssystems…
Der Betroffene klagt, dass ihn die Regelung des Versorgungssystems wegen seiner sexuellen Ausrichtung und wegen seines Alters diskriminiere, da es homosexuellen Mitgliedern, die wie er vor 1951 geboren worden seien, unmöglich sei, die Voraussetzungen für eine Hinterbliebenenversorgung zu erfüllen. Im Ergebnis verneint der EuGH sowohl eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung als auch wegen des Alters. 

…wegen der sexuellen Ausrichtung?
Hinsichtlich einer Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung stellt der EuGH fest, dass die Versorgungsregelung überlebende eingetragene Lebenspartner nicht weniger günstig behandelt als überlebende Ehegatten. Beide unterliegen derselben Voraussetzung. Die Tatsache, dass in Irland ein Lebenspartnerschaftsgesetz erst 2011 in Kraft trat und eine rückwirkende Anerkennung beziehungsweise Übergangsregelungen nicht beschlossen wurden, fällt allein in die Zuständigkeit des irischen Staates.

…wegen des Alters?
Hinsichtlich einer Diskriminierung wegen des Alters sieht der EuGH in der verwendeten sogenannten Spätehenklausel zwar eine unmittelbare Ungleichbehandlung wegen des Alters, da Mitglieder, die nach Vollendung der Altersgrenze ihren „Lebensbund“ eingehen, weniger günstig behandelt werden als diejenigen, die es vorher tun. Diese Ungleichbehandlung sei jedoch gerechtfertigt. Hier sei die Hinterbliebenenversorgung eine Form der Altersrente. Folglich ist die Regelung lediglich eine Altersgrenze für den Bezug der Rente und damit zulässig.

BAG wendet engere Auslegung an
Das BAG legte den Begriff der Altersrente enger aus und wertete die Hinterbliebenenversorgung nicht als eine Form der Altersrente. Im Ergebnis verneinte das BAG die Wirksamkeit einer entsprechenden Spätehenklausel wegen Altersdiskriminierung (siehe Weitblick 4/2015)

 

Fazit: 

Die Entscheidung des EuGH bindet unmittelbar nur die Parteien im konkreten Fall. Jedoch ist zu erwarten, dass dieses Urteil in der nationalen Rechtsprechung Resonanz finden wird. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Vanessa Angel, Syndikusrechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial