17. Februar 2016

Reduzierung von Versorgungszusagen

Immer wieder stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Versorgungszusagen anzupassen. Verbesserungen sind dabei leicht umzusetzen.

Verschlechternde Änderungen werden jedoch nur bei Einhaltung der von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben wirksam.

  • Diese Vorgaben unterscheiden sich danach, wie die Versorgungszusagen erteilt wurden:
    Einzelzusagen: Zusagen, die einem Arbeitnehmer einzelvertraglich erteilt wurden, können nur durch Änderungen im Vertrag reduziert werden.
  • Gesamtzusagen: Versorgungszusagen, die einseitig durch den Arbeitgeber erteilt wurden – etwa einzeln und gleichlautend an alle Arbeitnehmer oder durch eine Versorgungsordnung.
  • Betriebsvereinbarung: In eine Betriebsvereinbarung kann durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat (abändernde Betriebsvereinbarung) eingegriffen werden, jedoch nur in beschränktem Umfang.

Rechtsprechung zum Eingriff in Betriebsvereinbarungen
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 16.06.2015 (Az. 3 AZR 391/13) noch einmal lehrbuchhaft den aktuellen Stand seiner Rechtsprechung zum Eingriff in Betriebsvereinbarungen wiedergegeben: Die bei Einschnitten in Betriebsrentenanwartschaften zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert. Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen.

1. Stufe:
Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen eingeschränkt oder entzogen werden. Der Eingriff setzt zwingende Gründe voraus.
2. Stufe: Zuwächse, die sich – wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen – dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden.
3. Stufe: Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe.

Während triftige Gründe (wie in der 2. Stufe) dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber bei der Rentenanpassung gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage eine Rentenanpassung verweigern dürfte, ist das Vorliegen sachlich-proportionaler Gründe (wie in der 3. Stufe) schwieriger festzustellen: Darunter sind nachvollziehbare, anerkennenswerte und damit willkürfreie Gründe zu verstehen. Diese können auf einer Fehlentwicklung der betrieblichen Altersversorgung oder einer wirtschaftlich ungünstigen Entwicklung des Unternehmens beruhen.

Da Eingriffe in die noch nicht erdienten, dienstzeitabhängigen Zuwächse lediglich sachlich-proportionale Gründe voraussetzen, können die Konzernverflechtungen und die Lage im Gesamtkonzern des Arbeitgebers mitberücksichtigt werden.

Weiterhin müssen die sachlichen Gründe für den Eingriff in die betriebliche Altersversorgung nicht das für einen triftigen Grund erforderliche Gewicht erreicht haben. Eine langfristig unzureichende Eigenkapitalverzinsung oder langfristige Substanzgefährdung ist nicht erforderlich. Dementsprechend liegen sachliche Gründe nicht erst dann vor, wenn die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens konkret gefährdet ist oder eine Insolvenz droht.

Darüber hinaus müssen die Gründe für den Eingriff in die betriebliche Altersversorgung „proportional“ sein. Ein ausgewogener, die Sanierungslasten angemessen verteilender Sanierungsplan ist nicht notwendig. Deshalb ist es nicht erforderlich, dass die einzelnen, zur Kosteneinsparung getroffenen Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Vielmehr reicht es aus, dass sich der Eingriff in das betriebliche Versorgungswerk in ein auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zur Beseitigung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten ausgerichtetes Gesamtkonzept einpasst und die Ausgestaltung dieses Gesamtkonzepts plausibel ist.

Fazit:

Der Eingriff in eine Betriebsvereinbarung ist grundsätzlich möglich, die zulässige Eingriffstiefe hängt im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ab.

Gordon Teckentrup, Referent Recht | Steuern, Longial