08. August 2018

Optionsmodell – ein Blick über die Grenzen

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) wurde zum 1.1.2018 auch das sogenannte Optionsmodell in Deutschland im Betriebsrentenrecht verankert. Was verbirgt sich dahinter? Und welche Erfahrungen haben andere Länder damit gemacht?


Definition des Optionsmodells
Unter „Optionsmodell“ wird die Einführung einer bAV im Unternehmen verstanden, bei dem alle Arbeitnehmer –bereits vorhandene sowie künftig neu eintretende – automatisch einbezogen werden und die entsprechenden Beiträge an den Versorgungsträger zahlen müssen. International wird in diesem Zusammenhang meist von „Auto-enrolment“ gesprochen. Es besteht aber die Option, der automatischen Teilnahme zu widersprechen („Opt-out“ oder auch „Opting-out“).

Deutsche vs. EU-Modelle
Das deutsche Optionsmodell unterscheidet sich in einem zentralen Punkt von den international bekannten Systemen: In Deutschland kann ein Optionsmodell nur auf der Grundlage eines Tarifvertrages eingeführt werden, während es in den meisten anderen Ländern mit „Auto-enrolment“-Regelungen nur einer Regelung bedarf, die vergleichbar zur deutschen Betriebsvereinbarung ist.

International werden häufig auch weitere Rahmenbedingungen gesetzlich vorgeschrieben, zum Beispiel Altersgrenzen, in denen eine automatische Teilnahme erfolgt, Einkommensgrenzen oder die Höhe der Beiträge des Arbeitnehmers und/oder des Arbeitgebers. Solche zusätzlichen Rahmenbedingungen fehlen im BRSG gänzlich. Der Gesetzgeber überlässt die Details der Ausgestaltung ausschließlich den Tarifvertragsparteien.

Beispiel UK
In Großbritannien wurde das „Auto-enrolment“ im Jahr 2008 beschlossen und zwischen 2012 und 2018 eingeführt. Alle Arbeitnehmer zwischen dem 22. Lebensjahr und dem Renteneintrittsalter mit einem Einkommen von mehr als 10.000 Pfund sind automatisch von der gesetzlichen Regelung umfasst. Ausgenommen sind lediglich Arbeitnehmer, die bereits bestimmte Versorgungszusagen abgeschlossen haben.

Mit der Neuregelung müssen mindestens 5 Prozent des Bruttoeinkommens (bis maximal ca. 45.000 Pfund) vom Arbeitnehmer gezahlt werden. Zusätzlich zahlt der Arbeitgeber 2 Prozent in Höhe des Bruttoeinkommens in den Pensionsplan ein. 20 Prozent des Arbeitnehmerbeitrages sind steuerlich abzugsfähig, sodass der „Nettobeitrag“ tatsächlich 4 Prozent des Bruttoeinkommens beträgt. Macht der Arbeitnehmer von seinem „Opt-out“-Recht Gebrauch, wird er regelmäßig alle drei Jahre angeschrieben und auf die Möglichkeit der bAV hingewiesen. Wechselt der Arbeitnehmer das Unternehmen, ist er im neuen Unternehmen automatisch Teilnehmer des dortigen Pensionsplans. Sollte das nicht gewünscht sein, muss der Arbeitnehmer dort wieder aktiv dagegen optieren.

Waren 2012 zunächst Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern verpflichtet, das „Auto-enrolment“ einzuführen, wurde es nach und nach auf alle Unternehmensgrößen ausgeweitet. Noch kann kein abschließendes Fazit getroffen werden, aber die ersten Analysen zeigen ein klares Bild: „Auto-enrolment“ wirkt. Nur 10 Prozent haben vom „Opting-out“ Gebrauch gemacht, sich also aktiv gegen eine Teilnahme am Versorgungsplan entschieden. Insbesondere junge Arbeitnehmer werden durch das „Auto-enrolment“ für die Altersversorgung erreicht. In der Altersgruppe von 22 bis 29 Jahren stieg die Beteiligung an der Altersversorgung am stärksten an, um 19 Prozent-Punkte auf nunmehr 60 Prozent. Und die Regierung hat vorgeschlagen, das Eintrittsalter auf 18 Jahre weiter abzusenken.

Andere EU-Staaten
Auch in anderen Ländern werden „Auto-enrolment“-Systeme zurzeit diskutiert beziehungsweise sind bereits verabschiedet. 2017 wurde in Polen die Entwicklung einer neuen bAV angekündigt. Die Einführung soll durch „Auto-enrolment“ mit „Opt-out“-Möglichkeit erfolgen. In Irland wird ein „Auto-enrolment“ aktuell diskutiert und soll bis 2021 eingeführt werden.

Fazit: 

Das Optionsmodell oder „Auto-enrolment“ hat das Potential, die Verbreitung von bAV im Unternehmen oder gar landesweit deutlich auszubauen. Wie die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit in Deutschland annehmen und ausgestalten werden, wird spannend zu beobachten sein.

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial