25. Mai 2022

Die Auswirkungen der Änderung des Nachweisgesetzes auf die bAV (EU-Richtlinie 2019/1152)

Die EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente, vorhersehbare Arbeitsbedingungen vom 20.6.2019 hat die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zum Ziel und soll gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleisten. Die Umsetzung des Inhalts in nationales Recht ist bis 1.8.2022 vorgesehen.


Relevante Änderungen für die betriebliche Altersversorgung (bAV)
Die EU-Richtlinie 2019/1152 ist am 31.7.2019 in Kraft getreten. Ihr Inhalt in das jeweilige nationale Recht soll bis zum 1.8.2022 umgesetzt werden. Inzwischen liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht vor. Änderungen des Nachweisgesetzes in Form erweiterter Pflichten des Arbeitgebers zur Unterrichtung über wesentliche Aspekte des Arbeitsverhältnisses, sowohl bei Abschluss des Arbeitsverhältnisses als auch nach erfolgten Änderungen, stehen im Mittelpunkt des Regierungsentwurfs. Vorgesehen ist dort die Ausweitung der von Arbeitgebern zu beachtenden Nachweispflichten. Danach muss der Arbeitgeber, wenn er eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, Name und Anschrift dieses Versorgungsträgers nennen. Diese Nachweispflicht entfällt allerdings, wenn der Versorgungsträger selbst zu dieser Information verpflichtet ist. Pensionsfonds, Pensionskassen und Lebensversicherungsunternehmen müssen nach den §§ 234k ff. des Versicherungsaufsichtsgesetzes in Verbindung mit der VAG-Informationspflichtenverordnung den Versorgungsanwärtern bei Beginn des Versorgungsverhältnisses unter anderem auch Namen und Anschrift der Versorgungseinrichtung zur Verfügung stellen. Damit ist in diesen Fällen eine gesonderte Nennung des Versorgungsträgers durch den Arbeitgeber nicht erforderlich. Bei der Direktzusage steht der Versorgungsträger von vornherein fest, da sie das Unternehmen selbst erteilt. Insofern verbleibt lediglich noch die Unterstützungskasse.

Zudem sieht der Regierungsentwurf zur Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG) vor, dass detaillierter als bislang über die Zusammensetzung, die Höhe, die Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung der Bestandteile des Arbeitsentgelts zu informieren ist. Hierzu zählen auch Entgeltbestandteile, die der Finanzierung einer bAV dienen. Ist die bAV in Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen geregelt, dann können diese erweiterten Informationspflichten nach § 2 Abs. 4 des Entwurfs des neuen Nachweisgesetzes allerdings durch einen Hinweis auf diese Regelungen ersetzt werden. (Dies gilt analog auch für die oben genannte Pflicht zur Nennung des Versorgungsträgers.) Wird eine neue Versorgungsordnung in Form einer Gesamtzusage vereinbart, dürfte hingegen nicht mehr die bloße Veröffentlichung genügen, sondern die neue Versorgungsordnung muss überdies noch allen Beschäftigten schriftlich mitgeteilt werden. Bei einer arbeitnehmerfinanzierten Versorgung dürfte die Dokumentation im Rahmen der Entgeltumwandlungsvereinbarung ausreichend sein, um der Pflicht, die Zusammensetzung des Gehalts auszuweisen, ausreichend sein.

Formerfordernisse
Gegenwärtig verlangt das Nachweisgesetz noch die Schriftform gemäß § 126 BGB, so dass die elektronische Form ausgeschlossen ist. Hieran soll nach dem Regierungsentwurf zur Änderung des NachwG bedauerlicherweise keine Änderung erfolgen. Dort ist bislang vorgesehen, dass es bei der bestehenden Formulierung des § 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG bleibt, die den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ausschließt. Eine solche Änderung wäre dem deutschen Gesetzgeber durchaus möglich. Denn die Formerfordernisse der europäischen Richtlinie sind weniger streng formuliert. Nach Artikel 3 der europäischen Richtlinie sind die Informationen künftig zwar im Regelfall weiterhin in Papierform bereitzustellen, können jedoch auch, sofern die Informationen für den Arbeitnehmer zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält, in elektronischer Form zur Verfügung gestellt und übermittelt werden. Der europäische Gesetzgeber ermöglicht den Mitgliedsstaaten somit die Abkehr von der strengen Schriftform, die in Deutschland nicht aufgegriffen werden soll.

Fristen
Das Nachweisgesetz sieht derzeit noch eine Frist von einem Monat nach Beginn beziehungsweise nach Änderung des Arbeitsverhältnisses vor, in der einer Informationspflicht nachzukommen ist. Diese Frist verkürzt sich für einen großen Teil der Unterrichtungsgegenstände auf sieben Werktage. Künftig müssen alle Beschäftigten vom ersten Tag an – in Ausnahmefällen spätestens nach sieben Kalendertagen – über die wesentlichen Inhalte ihres Arbeitsvertrags informiert werden. Davon betroffen ist auch das Arbeitsentgelt, das Bestandteil von Zusagen der bAV ist beziehungsweise von ihnen regelmäßig berührt ist. Ändert sich etwas an den wesentlichen Vertragsbedingungen in der bAV, dann muss dies allen Beschäftigten spätestens am Tag, an dem sie wirksam wird, schriftlich mitgeteilt werden. Dies würde beispielsweise gelten, wenn ein neuer Anbieter für die Entgeltumwandlung ausgewählt wird, wenn der Arbeitnehmer seine Entgeltumwandlungsvereinbarung ändert oder wenn eine sonstige Änderung in der bAV in Kraft tritt.

Bußgelder bei Verstoß gegen das Nachweisgesetz nach der Umsetzung der EU-Richtlinie
Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz führt derzeit nicht zu Bußgeldern oder sonstigen Strafen. Sind die Arbeitsbedingungen jedoch nicht schriftlich festgehalten worden, dann drohen dem Arbeitgeber Beweiserschwernisse in einem eventuellen Rechtsstreit mit dem Mitarbeiter. Die EU-Richtlinie 2019/1152 sieht hingegen vor, dass die Mitgliedsstaaten Regeln für wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen festlegen sollen. Dies soll nach dem Regierungsentwurf in der Neufassung des NachwG aufgegriffen werden. Dann droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 2.000 Euro, sofern die entsprechenden Informationen nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden. Zudem können Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis am 1.8.2022 bereits bestand, ab diesem Zeitpunkt verlangen, dass die neuen Angaben nachgeliefert werden. Die diesbezügliche Frist beträgt hierfür je nach Information sieben Tage bis spätestens einen Monat nach Zugang der Anfrage des Beschäftigten. 

Fazit

Auch im Rahmen der bAV werden die Informationspflichten der Arbeitgeber unter Androhung von Bußgeldern zukünftig umfassender, sofern die beabsichtigte Änderung des Nachweisgesetzes bis zum 1.8.2022 beschlossen wird.

i Was ist zu tun?

  • Die interne Organisation und Vorbereitung der neuen Regeln seitens der Arbeitgeber erscheint bereits zum jetzigen Zeitpunkt geboten. Denn durch die Überarbeitung der internen Betriebsabläufe können von vornherein zukünftige Beweisschwierigkeiten, die Verhängung von Bußgeldern bei Verstoß gegen das Nachweisgesetz sowie drohende Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Arbeitgeber, die bereits in der Vergangenheit umgehend ihren Arbeitnehmern schriftlich Auskunft über bestehende betriebliche Versorgungswerke und den für deren Finanzierung getriebenen Aufwand gegeben haben, dürften jedoch kaum an ihren Abläufen etwas ändern müssen. In vielen Fällen dürfte es ausreichend sein, wenn die jeweilige Versorgungsordnung in schriftlicher Form den versorgungsberechtigten Personen fristgerecht zur Verfügung gestellt wurde bzw. gestellt wird, um den Verpflichtungen des Nachweisgesetzes nachzukommen.

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de


Dirk Murski, Syndikusrechtsanwalt, Recht | Steuern, Longial
(Er ist Experte für Stellungnahmen mit rechtlichem und steuerlichem Hintergrund insbesondere bei der Einrichtung und Änderung von Versorgungswerken sowie Fragestellungen zu Unterstützungskassen.)