25. September 2025
Bildung einer Gewinnrücklage bei der Übertragung einer Pensionsverpflichtung
Für eine Pensionsverpflichtung, die aus einer unmittelbaren Versorgungszusage übernommen wurde, kann eine Gewinnrücklage in Höhe der Differenz aus dem übertragenen Vermögenswert und der in der Steuerbilanz nach Einkommensteuergesetz (EStG) auszuweisenden Rückstellung gebildet werden. Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof (BFH) war die Verweigerung der steuerlichen Anerkennung einer solchen Gewinnrücklage durch die Finanzverwaltung. Das Urteil schafft nun Klarheit.
Für einen Scheingewinn aus der Übernahme einer Pensionsverpflichtung ...
Eine GmbH hatte für ihren neu eingestellten Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) die Versorgungszusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung von dessen Vorarbeitgeber übernommen. Dieser zahlte hierfür an die GmbH einen Vermögenswert, der höher war als die Pensionsrückstellung, welche in der folgenden Ertragsteuerbilanz für diese Verpflichtung zu bilden war. Die Differenz betrug mehr als 70.000 Euro. Für diesen Erwerbsfolgegewinn bildete die GmbH eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 5 Einkommensteuergesetz (EStG) und löste diese entsprechend der gesetzlichen Bestimmung in den folgenden 14 Jahren auf.
... eine gewinnmindernde Rücklage zu bilden ...
Die Finanzverwaltung wollte die Bildung dieser Rücklage steuerlich nicht anerkennen. Sie argumentierte, dass § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG für Verpflichtungen im Zusammenhang mit einem einzelvertraglich geregelten Arbeitgeberwechsel nicht einschlägig sei. Die gesetzliche Regelung beziehe sich nur auf Schuldübernahmen anderer Art (wie zum Beispiel Schuldbeitritte und Erfüllungsübernahmen). Die einzelvertraglich geregelte Übernahme einer Pensionsverpflichtung im Zuge eines Arbeitgeberwechsels sei hingegen abschließend in § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG geregelt. Nach Ansicht der Finanzverwaltung entsprach es zudem der Systematik des EStG, dass im Fall des Arbeitgeberwechsels keine Möglichkeit zur Bildung einer Gewinnrücklage besteht. Denn das EStG würde in solchen Fällen auch beim Vorarbeitgeber die Verteilung eines eventuell entstehenden Aufwands ausdrücklich ausschließen (siehe § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG).
... ist ausdrücklich zulässig, urteilten die Finanzgerichte
Weder das Finanzgericht Nürnberg, das sich in erster Instanz mit dem Fall zu befassen hatte, noch der BFH schlossen sich der Auffassung der Finanzverwaltung an. Die Bildung einer Gewinnrücklage wurde zugelassen. In seiner Urteilsbegründung führt der BFH aus, dass (auch) bei der Übernahme einer Versorgungszusage grundsätzlich ein Fall des § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG vorliegt. Denn solch eine übernommene Verpflichtung unterliegt beim Vorarbeitgeber gemäß § 6 EStG Ansatzbeschränkungen bzw. Bewertungsvorbehalten. Allein aus diesem Grund dürfe die GmbH nach § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG, der auf § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG Bezug nimmt, eine gewinnmindernde Rücklage bilden. Die von der Finanzverwaltung ins Feld geführte Vorschrift des § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG stelle lediglich im Hinblick auf die Bewertung eine lex specialis dar. Sie regele aber keinen Tatbestand, der von § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG unabhängig wäre.
Im Übrigen ist es nach Ansicht des BFH vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes geboten, die Rücklagenbildung nicht nur bei andersartigen Verpflichtungen, sondern ebenso bei Versorgungszusagen zuzulassen. Diese würden andernfalls sinnwidrig benachteiligt. Zudem ließe sich eine andere Auslegung des Gesetzes nicht mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang bringen, die Übertragung von Versorgungsverpflichtungen zu erleichtern. Würde die Übertragung einer Pensionsverpflichtung mangels Möglichkeit zur Rücklagenbildung ungünstiger als die Übertragung einer andersartigen Verpflichtung sein, könnte dies darüber hinaus zu systemwidrigen Unterschieden führen.
Fazit:
Das Urteil des BFH schafft Klarheit: Übersteigt der für eine übernommene Pensionsverpflichtung gezahlte Vermögenswert die in der Ertragsteuerbilanz auszuweisende Rückstellung, kann auch im Falle eines einzelvertraglichen Arbeitgeberwechsels eine Gewinnrücklage in Höhe der Differenz gebildet werden. Diese Gewinnrücklage ist dann über die der Übernahme folgenden 14 Wirtschaftsjahre jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen (§ 5 Abs. 7 Satz 5 EStG).
i Was ist zu tun?
- Das Urteil ist bei der Übertragung von Versorgungszusagen, die auf einer unmittelbaren Versorgungszusage beruhen, zu beachten. Hier wird es nicht selten Anwendung finden. Denn es dürfte regelmäßig vorkommen, dass der Vermögenswert, der für die Übernahme einer Versorgungszusage gezahlt wird, den steuerlichen Rückstellungsbetrag übertrifft. Schließlich ist eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG zwingend mit einem Rechnungszins von sechs Prozent p. a. – also mit einem hohen Zins – zu bilden. Erwerbsfolgegewinne, die auf diese Weise entstehen, können somit als Scheingewinne angesehen werden. Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des BFH zu begrüßen. Es sorgt dafür, dass die auf solche Scheingewinne entfallende Steuerlast – bei einer entsprechend ratierlichen Auflösung der Rücklage – gemindert beziehungsweise verteilt wird.
Weitere Infos unter: weitblick@longial.de
Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern & VTM, Longial