25. September 2025

Betriebliche Altersversorgung: Das unterschätzte Risiko bei M&A-Deals und in der Due Diligence

Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen oder Übernahmen werden sämtliche Unternehmensbereiche kritisch geprüft. Die sogenannte Due Diligence dient dazu, sämtliche Zahlen, Verträge sowie potenzielle Altlasten aufzudecken, um die Risiken für Käufer oder Fusionspartner möglichst gering zu halten.

Ein Aspekt, der dabei häufig vernachlässigt wird, ist die betriebliche Altersversorgung (bAV) – obwohl gerade hier erhebliche Gefahren stecken können. Studien zeigen: Probleme im Zusammenhang mit der bAV sind ein bedeutender Grund dafür, dass rund 16,7 Prozent aller Firmenübernahmen scheitern.

Doch welche Fallstricke verbergen sich im Detail – und worauf sollten die Beteiligten im Rahmen der Due Diligence besonders achten? 
In der Vergangenheit wurden Pensionszusagen vielfach unter Zuhilfenahme von Zinssätzen berechnet, die nach heutigen Maßstäben unrealistisch erscheinen. Vor allem Transaktionen, die noch vor der Finanzkrise im Jahr 2008 abgewickelt wurden, sind später durch das anhaltende Niedrigzinsumfeld belastet worden: Die bilanziellen Lasten stiegen teils dramatisch an, was für Erwerber zu unerwarteten finanziellen Herausforderungen führte. Solche Effekte können in einzelnen Fällen sogar dazu führen, dass Transaktionen nachträglich scheitern oder der Kaufpreis massiv nachverhandelt werden muss. 

bAV als „typische Problemquelle“ 
Fachleute betrachten die betriebliche Altersversorgung als klassischen Risikofaktor bei Unternehmenskäufen, dem oft erst spät Aufmerksamkeit geschenkt wird. Da sie mit erheblichen finanziellen Verpflichtungen behaftet ist, besitzt sie das Potenzial, ganze Transaktionen zu Fall zu bringen. Neben der zu optimistischen Einschätzung von Versorgungslasten existieren noch weitere Risiken, die zum Scheitern eines Deals oder zu nachträglichen Anpassungen führen können: 

  • Fehlende oder fehlerhafte Absicherung von Altzusagen: 
    Unzureichend gesicherte Altzusagen oder nicht übertragbare Versorgungseinrichtungen können dazu führen, dass der Käufer die Risiken nicht übernehmen will und die Transaktion abbricht.
     
  • Rechtliche Unsicherheiten bei der Übertragung von bAV-Systemen: 
    Insbesondere bei Asset Deals entstehen häufig Konflikte zwischen unterschiedlichen Versorgungswerken, die sich kaum anpassen lassen. Daraus resultierende rechtliche und finanzielle Unsicherheiten können ganze Transaktionen blockieren. Bei Asset Deals verbleiben Pensionsverpflichtungen für ausgeschiedene Mitarbeiter und Rentner oft beim Verkäufer. Wenn dieser nach dem Verkauf liquidiert werden soll, ist dies wegen der fortbestehenden Verpflichtungen häufig nicht möglich. Dies verzögert Unternehmensliquidationen oder führt zu ungeplanten Kosten.
     
  • Probleme bei der Ablösung bestehender bAV-Systeme: 
    Die Ablösung von bestehenden Versorgungsordnungen bedarf einer korrekten arbeitsrechtlichen Umsetzung. Kommt es hier zu Fehlern, besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende noch Jahre später mit Erfolg gegen den Arbeitgeber vorgehen. Für Erwerber bedeutet dies oft unerwartet hohe Zusatzlasten und potenzielle Rechtsstreitigkeiten.
     
  • Komplexität und Intransparenz bestehender Finanzierungsvehikel: 
    Die Übernahme von Unternehmen mit unterschiedlichen Finanzierungsvehikeln (z.B. Unterstützungskassen, Pensionskassen, Pensionsfonds, CTA) erschwert durch ihre Komplexität die Risikobewertung oft erheblich.
     
  • Lückenhafte Administration und Dokumentation: 
    Wenn Unterlagen zu bAV-Zusagen fehlen oder unvollständig sind, wird es für Käufer schwierig, die tatsächlichen Verpflichtungen verlässlich einzuschätzen. Dies erhöht nicht nur das Risiko für spätere Streitigkeiten und Nachforderungen, sondern kann insbesondere bei größeren Übernahmen zum Abbruch oder Scheitern der Transaktion führen.

Lösung: Frühzeitige Analyse 
Keine Unternehmenstransaktion ohne Due-Diligence-Prüfung: Hier wird ein Unternehmen sorgfältig auf wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche und finanzielle Verhältnisse analysiert. Die betriebliche Altersversorgung sollte heute ein fester und unverzichtbarer Bestandteil jeder Due Diligence im Rahmen von M&A-Transaktionen sein. Bei den beteiligten Vertragspartnern muss das Bewusstsein dafür wachsen, dass Pensionsverpflichtungen erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken bergen und diese daher direkten Einfluss auf Kaufpreis, Vertragsgestaltung und die Attraktivität eines Deals haben können. 

Darüber hinaus ist die Materie der bAV so komplex, dass häufig Spezialkenntnisse an der Schnittstelle zwischen Arbeitsrecht, Sozialrecht und Steuerrecht benötigt werden. Der Kreis der beteiligten Fachleute sollte daher um erfahrene bAV-Experten erweitert werden. Die Prüfung der bAV-Belange im Rahmen von M&A-Deals sollte zum Standard werden, damit zum Wohle aller Stakeholder Risiken frühzeitig erkannt und der gesamte Transaktionsprozess transparent gestaltet werden kann. Dies ist ein wesentliches Mittel, um nachträgliche Überraschungen zu vermeiden und den Erfolg von M&A-Deals nachhaltig zu sichern.

Anja Sprick, Justiziarin Recht | Steuern, Longial