23. Februar 2022

Beitragsgarantie BOLZ und BZML: Aktuelle Entwicklung

100-prozentige Beitragsgarantie in der bAV bei einem gleichzeitigem Rechnungszins von 0,25 Prozent: Ist dieser Spagat überhaupt zu schaffen? Und wenn nicht, welche Lösungen gibt es? 


Zum 1.1.2022 hat sich der Höchstrechnungszins für Lebensversicherer von 0,9 Prozent auf nun 0,25 Prozent reduziert. Wie schon im Weitblick 02/2021 berichtet, hat diese Reduzierung weitreichende Auswirkungen auch auf die bAV. Denn in den sogenannten versicherungsförmigen Durchführungswegen, also insbesondere Direktversicherung und Pensionskasse, aber auch bei rückgedeckten Unterstützungskassen, ist die Garantieleistung des Versicherers beziehungsweise der Pensionskasse ein entscheidendes Kriterium. Sowohl für den Arbeitnehmer, weil es die Höhe der Versorgungsleistung beeinflusst, aber auch für den Arbeitgeber, weil sich daraus gegebenenfalls das Risiko der sogenannten Subsidiär-(Nach)haftung ableitet.

Zusageart entscheidend
Neben dem Durchführungsweg ist für die bAV auch die Art der Zusage entscheidend. Bekanntlich wird unterschieden in Beitragszusage, Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML), beitragsorientierte Leistungszusage (BOLZ) und Leistungszusage. Während die Beitragszusage keinerlei Risiken für den Arbeitgeber bedeutet – er zahlt nur den Beitrag, für die sich daraus ergebende Versorgungsleistung trägt er keinerlei Verantwortung oder Haftung – ist die Leistungszusage auf der anderen Seite des Spektrums. Hier steht der Arbeitgeber für die Erfüllung der zugesagten Leistung ein, egal wie hoch die Leistungen aus Versicherungen oder Pensionskassen sind.

Zwischenlösung BOLZ und BZML
In der Praxis der letzten Jahre waren es aber gerade die Zwischenlösungen, also BZML und BOLZ, die vereinbart wurden. Bei der BZML garantiert der Arbeitgeber, dass bei Eintritt des Versorgungsfalles mindestens das eingezahlte Kapital zur Verfügung steht, um daraus die Versorgungsleistung für den Arbeitnehmer lebenslang zu zahlen. Beiträge für Risikoleistungen, wie Tod oder Berufsunfähigkeit, bleiben dabei unberücksichtigt. Das entspricht einer 100-prozentigen Bruttobeitragsgarantie. Die Forscher des „Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften“ IFA (www.ifa-ulm.de) an der Uni Ulm haben schon im Sommer 2021 ausführlich dargestellt, dass ein Versicherer beziehungsweise eine Pensionskasse eine 100-prozentige Bruttobeitragsgarantie bei einem Rechnungszins von 0,25 Prozent selbst bei Laufzeiten von 30 und mehr Jahren nicht abbilden kann (Siehe dazu auch die Meldung zu wertpapierbasierten Versorgungszusagen).  Selbst dann nicht, wenn keine Vertriebskosten, im Sinne von Provisionen und Courtagen für Vermittler und Makler, bei der Kalkulation des Produktes berücksichtigt werden.

Garantieren, was nicht garantiert werden kann?
Zusammengefasst bedeutet das: Der Versicherer kann nicht garantieren, dass das eingezahlte Kapital bei Eintritt des Versorgungsfalles zur Verfügung steht. Folgerichtig haben sich nahezu alle Anbieter mit dem Jahreswechsel aus der BZML zurückgezogen oder sie haben angekündigt, dies in naher Zukunft zu tun. Aber Arbeitgeber stehen für eine solche Garantie gegenüber ihren Arbeitnehmern gerade, wenn sie sich (bislang) zur Durchführung einer bAV in Form der BZML ausdrücklich verpflichtet haben. Die wenigsten Arbeitgeber werden dieses Risiko freiwillig auf sich nehmen – wenn sie sich dieses Risikos bewusst sind. Mit anderen Worten, sie werden solche Zusagen nicht mehr erteilen. 

BOLZ: Lösung für die Zukunft?
Bei der BOLZ wird der vom Arbeitgeber gezahlte Beitrag nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in eine Versorgungsleistung umgerechnet. Der Arbeitgeber haftet demnach nur für genau diese Leistung. Im Vergleich zur BZML gibt es in der BOLZ keine Bruttobeitragsgarantie in Höhe von 100 Prozent – weder im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) noch bislang in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes.

Vergleich von Produkten mit garantierten Leistungen
Nahezu alle bAV-Versicherer bieten mit dem neuen Rechnungszins daher nur noch Produkte als BOLZ an. Aber natürlich greifen auch hier die Gesetze der Mathematik, die das IFA ermittelt hat. Eine 100-prozentige-Bruttobeitragsgarantie ist nicht finanzierbar. Und es stellt sich die Frage, wie die Anbieter dies umsetzen. In einer aktuellen Studie der auf Versicherer und Versicherungsprodukte spezialisierten Ratingagentur „Assekurata“ wurden die Produkte mit garantierten Leistungen verglichen (sogenannte „Neue Klassik“). Ob die Versicherer das Produkt auch für die bAV anbieten, geht aus der Studie leider nicht hervor. Dennoch lässt sich daraus schon eine Tendenz ablesen:

  • Nur einer der 23 untersuchten Anbieter bietet noch eine 100-prozentige Bruttobeitragsgarantie (EUROPA Lebensversicherung AG). Ob als BZML oder als BOLZ geht aus den veröffentlichten Ergebnissen leider nicht hervor.
  • Nur wenige Anbieter bieten mehr als 90 Prozent Bruttobeitragsgarantie, zum Beispiel die ERGO Vorsorge Lebensversicherung AG mit bis zu 96 Prozent. 
  • Die Mehrheit der Anbieter garantieren 80 – 90 Prozent der eingezahlten Beiträge.
  • Einzelne Anbieter, zum Beispiel die Allianz Lebensversicherung AG, überlassen dem Arbeitgeber die Wahl, ein Garantieniveau zwischen 60 und 90 Prozent der eingezahlten Beiträge festzulegen.

Fazit

Die Zeit hoher Garantiezinsen ist ebenso vorbei wie die Zeit der 100 Prozent Bruttobeitragsgarantie. Für die Versorgungsberechtigten liegt darin durchaus die Chance auf höhere Versorgungsleistungen. Denn es ist mittlerweile Allgemeinwissen, dass Garantien Geld kosten. Für die Arbeitgeber bedeutet das aber noch sehr viel genauer auf die Ausgestaltung der bAV zu achten. Denn um es nochmal ganz deutlich zu machen: Betriebliche Altersversorgung ist Arbeitsrecht – der Arbeitgeber muss die zugesagte Leistung gegenüber den Arbeitnehmern erfüllen, nicht der Versicherer. 

i Was ist zu tun?

  • Wenn noch nicht geschehen, schnellstmöglich prüfen, welche Zusageart die bestehende Versorgungsregelung beispielsweise für die Entgeltumwandlung vorsieht.
  • Ist es die BZML, so ist diese dringend für Neueintritte zu schließen.
  • Eine neue Versorgungsregelung sollte als BOLZ aufgesetzt werden.
  • Der bisherige Produktpartner sollte überprüft und mit anderen Anbietern verglichen werden: Worin unterscheiden sich die Lösungen der einzelnen Anbieter und welche Risiken gehen damit für den Arbeitgeber einher?

Weitere Infos unter: weitblick@longial.de


Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial
(Seit 1993 im Bereich der betrieblichen Altersversorgung aktiv. Als Dozent | Referent für die Campus Institut AG im Studium Betriebswirt bAV (FH), die Deutsche Makler Akademie und weitere mehr tätig.)