10. Dezember 2025

BAG zur Einstandspflicht des PSVaG bei vertraglicher Übernahme von bAV-Zusagen

BAG-Urteil vom 6.5.2025 – 3 AZR 130/24 


Was passiert mit der betrieblichen Altersversorgung (bAV) eines Arbeitnehmers nach einem vertraglich geregelten Arbeitgeberwechsel, wenn der neue Arbeitgeber kurz darauf insolvent wird? Diese Frage stand im Zentrum des Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Einstandspflicht des Trägers der Insolvenzsicherung, des sog. Pensions-Sicherungs-Vereins auf Gegenseitigkeit (PSVaG).  

Im Ausgangsfall hatte der Kläger über viele Jahre Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) bei seinem ursprünglichen Arbeitgeber erworben. Im Rahmen eines „Firmenwechselvertrags“ wurden die Versorgungszusagen ausdrücklich gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz – BetrAVG) zum 1.1.2019 auf den neuen Arbeitgeber übertragen. Nur zehn Monate später folgte dessen Insolvenz. Der PSVaG gewährte daraufhin nur einen anteiligen Insolvenzschutz in Höhe des sogenannten Übertragungswerts. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln bestätigte diese Begrenzung – und nun auch das BAG. 

Das BAG stellt klar: Vertragliche Arbeitgeberwechsel mit Übernahme der Versorgungszusage nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG zählen zu den „Zusagen“ im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG. Erfolgt eine solche Übernahme innerhalb von zwei Jahren vor Eintritt des Sicherungsfalls, besteht für diese Anwartschaften nur ein begrenzter Insolvenzschutz durch den PSVaG. 

Wie begründet das BAG den begrenzten Insolvenzschutz? 
Rechtlicher Ausgangspunkt ist § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG. Danach besteht für Zusagen oder Verbesserungen von Zusagen, die im Rahmen von Übertragungen innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Sicherungsfall erteilt werden, nur ein eingeschränkter Anspruch auf Leistungen des PSVaG – begrenzt auf den Übertragungswert bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung. Die Vorschrift enthält eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung, dass solche Zusagen in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer drohenden Insolvenz stehen. Der Gesetzgeber wollte so verhindern, dass kurz vor einer Insolvenz Versorgungsverpflichtungen auf einen neuen Arbeitgeber und damit mittelbar auf den PSVaG verlagert werden. Eine tatsächliche Missbrauchsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive zeitliche Nähe zum Sicherungsfall. 

Doch wann liegt eine solche „Zusage“ überhaupt vor?
Nach Auffassung des BAG ist der Begriff weit zu verstehen. Erfasst sind nicht nur neue oder verbesserte Versorgungszusagen, sondern auch die bloße Übernahme einer bestehenden Verpflichtung durch einen anderen Arbeitgeber. Mit der Übernahme entsteht ein neues Schuldverhältnis – der Versorgungsschuldner ist ein anderer. Damit liegt rechtlich eine neue Zusage im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG vor, selbst wenn der Versorgungsinhalt unverändert bleibt. 

Diese weite Auslegung führt dazu, dass § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG nicht nur auf Übertragungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG, sondern ebenso auf vertragliche Schuldübernahmen nach Nr. 1 Anwendung findet. Bereits die schuldrechtliche Übertragung im Rahmen eines „Firmenwechselvertrags“ begründet somit eine eigenständige, insolvenzrechtlich relevante Zusage. Eine Differenzierung zwischen diesen beiden Übertragungsformen wäre laut BAG systemwidrig und widerspräche dem gesetzgeberischen Ziel, den PSVaG vor kurzfristig übernommenen Risiken zu schützen. 

Gibt es dennoch Raum für Ausnahmen? 
Das BAG verneint dies ausdrücklich. Weder konzerninterne Übernahmen noch langjährig bestehende Zusagen führen zu einer weitergehenden Haftung des PSVaG. Nur beim gesetzlichen Betriebsübergang nach § 613a BGB bleibt der Insolvenzschutz vollständig erhalten, da hier das Schuldverhältnis unverändert fortbesteht.  

Im zugrundliegenden Fall fand die Übernahme der Zusage am 1.1.2019 und die Insolvenz bereits 1.10.2019 statt, also klar innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums. Der Kläger konnte daher nur den Übertragungswert beanspruchen. Eine weitergehende Einstandspflicht des PSVaG bestand nicht. 

Fazit: 

Mit dieser Entscheidung schafft das BAG Rechtsklarheit: Wird eine Versorgungszusage innerhalb von zwei Jahren vor der Insolvenz im Wege eines vertraglichen Arbeitgeberwechsels übernommen, beschränkt sich der Insolvenzschutz auf den Übertragungswert. 

Für die Praxis bedeutet das: Die neuen Möglichkeiten zur Portabilität sind praktisch nur dann zu empfehlen, wenn das übertragene Betriebsrentenkapital beim neuen Arbeitgeber von Anfang an insolvenzgeschützt ist. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten vertragliche Übertragungen daher sorgfältig planen und ggf. durch zusätzliche Sicherungslösungen (etwa eine Doppeltreuhand) umfassend absichern. 

Svenja Nutsch, Justiziarin Recht |Steuern, Longial