04. Dezember 2019

Altershöchstgrenze von 50 Jahren für Aufnahme in ein Versorgungswerk zulässig (BVerfG-Beschluss vom 13.7.2019 – 1 BvR 684/14)

Das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass bisherige Arbeitsgerichtsurteile (zuletzt BAG-Urteil vom 12.11.2013 – 3 AZR 356/12) die Bedeutung und Tragweite des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Beurteilung der Altersgrenze von 50 Jahren erkannt und eine willkürfreie Entscheidung getroffen haben.


Der Fall
Die Klägerin war zunächst ca. 4 Jahre bei der Arbeitgeberin beschäftigt und hatte dort eine bAV über eine Unterstützungskasse erhalten. Sie war dann wegen der Geburt ihres Kindes aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und nahm im Alter von 51 Jahren erstmals wieder eine Tätigkeit bei dem Rechtsnachfolger ihrer früheren Arbeitgeberin auf. Eine bAV wollte man ihr aufgrund einer Klausel in dem Leistungsplan der Unterstützungskasse, die ein Höchstaufnahmealter von 50 Jahren vorsah, nicht gewähren.

Keine ungerechtfertigte Diskriminierung wegen des Alters
Zwar erfährt die Klägerin eine ungünstigere Behandlung als eine Person, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Im Rahmen der Rechtfertigung zählen zu den legitimen Zielen insbesondere solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung. Hierzu gehört auch die Festsetzung von Altersgrenzen in den betrieblichen Systemen, welche ihren Niederschlag im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gefunden hat. Es muss dann allerdings die konkret festgelegte Altersgrenze angemessen sein, wobei die beiderseitige Interessenlage von Arbeitnehmer und Arbeitgeber berücksichtigt werden muss. Hier war vom Bundesarbeitsgericht (BAG) argumentiert worden, dass bei der Festsetzung des 50. Lebensjahres grundsätzlich genug Zeit bestand, bei anderen Arbeitgebern Betriebsrentenanwartschaften zu erwerben. Zudem sei der Zeitraum vom 50. Lebensjahr bis zum Erreichen der Altersgrenze im Hinblick darauf, dass ein Erwerbsleben mindestens 40 Jahre und mehr erfasst, noch nicht unangemessen lang.

Auch keine mittelbare Diskriminierung von Frauen
Ausweislich von statistischen Daten war die Klägerin keinem tatsächlich an das Geschlecht anknüpfenden höheren Risiko als Männer ausgesetzt. Denn es wurden Männer und Frauen gleichermaßen ausgeschlossen, die nach Vollendung des 50. Lebensjahres in die Firma traten. Und die Daten zeigen, dass Mütter wieder erwerbstätig werden, wenn ihre Kinder eine Betreuungseinrichtung oder die Grundschule besuchen. Das Kind der Klägerin war bei ihrem Wiedereintritt in das Erwerbsleben bereits 25 Jahre alt und hatte eine Ausbildung abgeschlossen. Das BAG hat also auch in diesem Fall wieder auf die typisierende Betrachtungsweise abgestellt, wonach mit dem Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung bereits vor Vollendung des 50. Lebensjahres zu rechnen ist.

Fazit:

Es handelt sich auch hier um eine Einzelfallentscheidung des BAG, die vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde, die aber nicht ohne Weiteres auf andere Versorgungswerke übertragen werden kann. Erschwerend kam in diesem Fall hinzu, dass der Leistungsplan eine Anrechnungszeit von 10 Jahren voraussetzte und Dienstjahre nach der Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr gezählt wurden. Vor dem Hintergrund der Anhebung der Altersgrenzen – auch der neuesten Forderung der Bundesbank zur Anhebung der Altersgrenze auf das Alter von 69 Jahren – könnte ohne diese einschränkenden weiteren Voraussetzungen die Entscheidung auch anders aussehen. Denn es bleibt genügend Zeit, ab Vollendung des 50. Lebensjahres bis zur Altersgrenze eine angemessene Altersversorgung aufzubauen.

Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial