07. September 2022

Aktualisiertes BMF-Schreiben zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung vom 18.03.2022

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat mit dem Schreiben vom 18.03.2022 (IV C 5 -S 2333/19/10008 :026) sein älteres Schreiben vom 12.08.2021 zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung aktualisiert.

(siehe zuletzt unsere Berichte hier und hier). Von den diversen Änderungen, die sich daraus ergeben, möchten wir hier einige näher beleuchten:

Zur Notwendigkeit des Ausscheidens für den Leistungsbezug
Als Untergrenze für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bei altersbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt nach Einschätzung der Finanzverwaltung im Regelfall das 62. Lebensjahr (bzw. bei Zusagen, die vor dem 01.01.2012 erteilt wurden, das 60. Lebensjahr). Mit dem aktualisierten Schreiben stellt das BMF nun klar, dass es - unabhängig vom gewählten Durchführungsweg - für die ertragsteuerliche Anerkennung einer betrieblichen Altersversorgung unschädlich ist, wenn ab dieser Untergrenze Leistungen auch dann gezahlt werden, wenn ein Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit noch nicht beendet hat. Bislang hatte die Finanzverwaltung die Unschädlichkeit im Falle einer solchen Leistungserbringung trotz weiterer beruflicher Tätigkeit nur bei versicherungsförmigen Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds) ausdrücklich in seinen Schreiben aufgeführt. Die Zahlung von Versorgungsleistungen ist in entsprechenden Fällen nun also auch bei Direktzusagen und Unterstützungskassen unschädlich.

Zum Verhältnis der verschiedenen steuerlichen Förderarten
In der Vergangenheit kam es teils zu Auslegungsfragen, was das Verhältnis der verschiedenen steuerlichen Förderarten bei der Finanzierung einer betrieblichen Altersversorgung in den versicherungsförmigen Durchführungswegen betrifft. Dies galt insbesondere für das Verhältnis der Steuerfreiheit von Beiträgen gemäß § 3 Nr. 63 EStG zur individuellen Besteuerung im Rahmen der so genannten Riesterförderung nach § 10a EStG. Auf die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG können Arbeitnehmer, die Entgeltumwandlung betreiben, verzichten, um eine individuelle Besteuerung der betreffenden Beiträge im Rahmen einer Riester-Förderung zu erreichen. In diesem Zusammenhang führt das BMF nunmehr aus, dass sich bei einem solchen Verzicht das steuerfreie Dotierungsvolumen des § 3 Nr. 63 EStG entsprechend mindert. Wird hingegen kein Verzicht erklärt, kann das steuerfreie Dotierungsvolumen in vollem Umfang genutzt und für die darüber hinaus geleisteten, individuell zu besteuernden Beiträge die Riesterförderung beansprucht werden.

Zur Abgrenzung von Alt- und Neuzusagen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte mit seinem Urteil vom 01.09.2021 (VI R 21/19) klargestellt, dass die Frage, ob Direktversicherungen auf verschiedenen Versorgungszusagen beruhen, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beantworten ist (siehe hier). Dies ist insbesondere für die Abgrenzung von Alt- und Neuzusagen (ab dem 01.01.2005) von Bedeutung. Grundsätzlich ist nach Auffassung des BFH für die Frage nach dem betreffenden Zusagedatum der Zeitpunkt der jeweiligen arbeitsrechtlichen beziehungsweise betriebsrentenrechtlichen Verpflichtungserklärung des Arbeitgebers maßgeblich. Insbesondere ist das Fehlen oder Vorliegen eines zusätzlichen biometrischen Risikos in einer Zusage - wie etwa das Risiko der Berufsunfähigkeit - nach Ansicht des BFH keine gesetzliche Voraussetzung für die Einordnung einer Direktversicherung als eine Neuzusage. Dies hatte das BMF bislang anders beurteilt. Im Rahmen der Aktualisierung seines Schreibens vom 18.03.2022 schließt es sich nunmehr der Auffassung des BFH an.  Zur Geringverdiener-Förderung bei Matching-Modellen
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde seinerzeit ein neues steuerliches Fördermodell spezifisch für Geringverdiener eingeführt. Arbeitgeber, die zusätzliche Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen leisten, erhalten einen staatlichen Zuschuss nach § 100 EStG (bAV-Förderbetrag). Dabei hatte sich die Frage gestellt, ob der bAV-Förderbetrag auch für Beiträge angewendet werden kann, die ein Arbeitgeber zusätzlich im Rahmen von sogenannten Matching-Modellen leistet. Bei einem Matching-Modell wird die Versorgung gemeinsam vom Arbeitnehmer (in der Regel durch Entgeltumwandlung) und vom Arbeitgeber finanziert . Dabei hängt die Höhe der Arbeitgeberbeiträge meist von der Höhe der Beiträge des Arbeitnehmers ab. Bereits vor zwei Jahren hatte das BMF gegenüber dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) klargestellt, dass bei („freiwilligen“) Matching-Modellen der Arbeitgeberbeitrag tatsächlich auch nach § 100 EStG förderfähig ist (siehe unseren damaligen Bericht hier). Im vorliegenden BMF-Schreiben wird diese Auffassung nunmehr offen kommuniziert.

Bei dieser Gelegenheit präzisiert das BMF auch seine Anforderungen an die Gewährung des bAV-Förderbetrages: Beiträge des Arbeitgebers sollen nur dann für die Ermittlung des Mindestbeitrags nach § 100 Abs. 3 Nr. 2 EStG berücksichtigt werden, wenn im Zeitpunkt der Beitragszahlung die Einkommensgrenzen nach § 100 Abs. 3 Nr. 3 EStG nicht überschritten werden. Zudem will das BMF die Gewährung des bAV-Förderbetrages bei nahezu allen Wiedereintritten dann einschränken, wenn bereits vor dem Ausscheiden der betreffenden Person im Jahr 2016 ein arbeitgeberfinanzierter Beitrag im Rahmen eines versicherungsförmigen Durchführungsweges geleistet wurde. 

Zur Fünftelungsregelung nach § 34 EStG
Die Anwendung der progressionsmindernden Fünftelungsregelung kommt bei Leistungen der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich nur bei Einmalzahlungen in Betracht. Werden Leistungen hingegen in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt, ist eine Anwendung des § 34 EStG in aller Regel ausgeschlossen. Geringfügige Teilleistungen sind allerdings unschädlich. Hierauf hatte das BMF bereits in einem früheren Schreiben -dort im Zusammenhang mit Zweifelsfragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Entlassungsentschädigungen- hingewiesen (siehe BMF-Schreiben vom 04.03.2016 - IV C 4 - S 2290/07/10007: 031). Dieser Grundsatz wird mit dem vorliegenden Schreiben nun ausdrücklich für die betriebliche Altersversorgung übernommen. Eine geringfügige Teilleistung ist dabei insbesondere dann anzunehmen, wenn diese nicht mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt.

Fazit  

Mit den Änderungen an seinem Schreiben zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung reagiert das BMF - wenn auch verspätet - auf diverse Urteile der Finanzgerichte. Zudem werden Klarstellungen vorgenommen, die letztlich zu begrüßen sein dürften. 

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), ERGO-Versorgungsträgermanagement, Longial
(Experte für Stellungnahmen mit rechtlichem und steuerlichem Hintergrund insbesondere im Rahmen der Verwaltung von Unterstützungskassen und für deren Jahresabschluss).