• 27. Mai 2020

bAV und Kurzarbeit in Zeiten von Corona: Auswirkungen bei Entgeltumwandlung und arbeitgeberfinanzierten Versorgungslösungen

Mehr als 10 Millionen Unternehmen in Deutschland haben bis Ende April Kurzarbeit beantragt. Für den Jahresdurchschnitt wird von 2,5 Millionen Kurzarbeitern ausgegangen. Zum Vergleich: In der Finanzkrise lag das Maximum bei 1,4 Millionen im Jahr 2009. Wie sich Kurzarbeit auf arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierte bAV auswirkt, zeigt diese Übersicht.  

Arbeitgeberfinanzierte bAV
Bei beitragsorientierten Versorgungszusagen, die oft in Abhängigkeit vom Arbeitsentgelt einen Beitrag des Arbeitgebers vorsehen – beispielsweise zwei Prozent des Monatsgrundgehalts als monatlichen Beitrag für eine Direktversicherung – wirkt sich die Kurzarbeit leistungsmindernd aus. Bei Kurzarbeit „Null“ sinkt oder entfällt der komplette Beitrag. Orientieren sich die Zusagen am Unternehmensgewinn, so kann es ebenfalls vorkommen, dass der Beitrag während der Kurzarbeit auf Null sinkt. In solchen Fällen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch abweichende Vereinbarungen treffen, welche die beiderseitigen Interessenlagen berücksichtigen. In einem Nachtrag zur Versorgung können die entsprechenden Regelungen dann festgehalten werden.

bAV mit Leistungszusagen
Es gibt jedoch auch ältere Versorgungswerke, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmern sogenannte Leistungszusagen erteilt hat. Das heißt: Bei Renteneintritt, bei Berufsunfähigkeit oder Tod des Versorgungsberechtigten wird eine bestimmte Leistung versprochen. Ob sich dann bei Kurzarbeit Änderungen an der Höhe der Versorgungszusage ergeben, hängt von der konkreten Vereinbarung in der Zusage ab: Wenn die Kurzarbeit sich nicht so lange hinzieht, der Arbeitgeber seinerseits eine Zusage dergestalt erteilt hat, dass der Versorgungsberechtigte bei Eintritt in den Ruhestand 100 Euro Monatsrente erhält und keine sonstigen einschränkenden Regelungen enthalten sind, dann kann davon ausgegangen werden, dass diese Rente später auch gezahlt wird. Bezieht sich die Versorgungszusage allerdings auf das Einkommen bei Eintritt in den Ruhestand, beziehungsweise auf das bei Ausscheiden aus dem Unternehmen, und befindet sich der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt in Kurzarbeit, dann sollte sicherlich nicht allein auf dieses Entgelt abgestellt werden. Enthält die Zusage keinerlei Aussagen dazu, müssen Lösungen zwischen den Beteiligten gefunden werden. So könnte beispielsweise das Gehalt vor der Kurzarbeit als Basis berücksichtigt werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Quotenregelung: Hier müssen sich die Parteien auf Regelungen, welche die beiderseitigen Interessenlagen berücksichtigen, verständigen.

Entgeltumwandlung
Je nach Ausgestaltung der Versorgungszusage kann die Entgeltumwandlung auch bei einem gekürzten Entgelt durchgeführt werden. Wichtig hierbei ist: Das Kurzarbeitergeld stellt kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung dar, sondern eine Lohnersatzleistung.

Zwei Konstellationen sind zu berücksichtigen:

  • Der Arbeitnehmer kann die bisherigen Beiträge für eine Entgeltumwandlung nicht mehr oder nicht mehr in voller Höhe aufbringen.
  • Bei Kurzarbeit „Null“ entfällt der Entgeltanspruch generell, somit ist keine Entgeltumwandlung mehr möglich.

In beiden Fällen kommt es zu einer Leistungsreduktion. Sofern es für die Betroffenen finanzierbar ist, ist es empfehlenswert, die bAV weiterzuführen und die bestehende Entgeltumwandlung weder beitragsfrei zu stellen, noch zu kündigen. Die Erfahrung zeigt, dass Kurzarbeit „Null“ eher die Ausnahme ist, und sich somit die Gesamtvergütung häufig in geringem Ausmaß reduziert. Mit Fortführung der bAV bleibt aber ein wertvoller Baustein für die Altersversorgung lückenlos erhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Zusage eine Todesfallabsicherung für Hinterbliebene oder einen Schutz für den Fall einer Berufsunfähigkeit enthält. In jedem Fall sollte individuell geprüft werden, ob eine Fortsetzung der Versorgung mit eigenen Beiträgen oder eine Reduzierung der Entgeltumwandlung in Betracht kommt. Bei Kurzarbeit „Null“ bedeutet das, der Vertrag muss privat fortgeführt werden, da die Entgeltumwandlung, wie bereits beschrieben, während dieser Zeit nicht möglich ist.

Lösungen bei versicherungsförmigen Durchführungswegen
Kann der Mitarbeiter seine Entgeltumwandlung aufgrund der Kurzarbeit nicht mehr in voller Höhe oder überhaupt nicht mehr fortsetzen, bieten viele Versicherer Sonderlösungen an. Das verhindert ein zu starkes Absinken des Versicherungsschutzes. So können beispielsweise die Beiträge temporär gestundet und auf Wunsch später nachgezahlt werden. Eine weitere Option ist die Beitragsreduktion. Diese bedeutet allerdings, dass sich auch die Versorgungsleistungen reduzieren. Im äußersten Fall ist eine Beitragsfreistellung des Vertrages denkbar. Dann werden keine weiteren Beiträge eingezahlt. Infolgedessen wird die Leistung auf die sogenannte beitragsfreie Versicherungssumme herabgesetzt. Generell ist es ratsam, die konkreten Auswirkungen auf den Versicherungsschutz genau zu beleuchten.

Fazit

In allen Fällen der bAV empfiehlt es sich, zusammen mit dem Arbeitgeber und dem Versicherer pragmatische Lösungen zu suchen, um dem Problem einer Versorgungslücke im Alter auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten entgegenzuwirken.

Michael Hoppstädter, Geschäftsführer, Longial