ausgabe 02/2011







13. April 2011

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Anhebung der Regelaltersgrenze und Auswirkungen auf die bAV

Seit dem 01.01.2008 hat der Gesetzgeber durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für alle Geburtsjahrgänge ab 1947 schrittweise auf die Vollendung des 67. Lebensjahres angehoben. Ab Geburtsjahrgang 1964 liegt die Regelaltersgrenze bei der Vollendung des 67. Lebensjahres. Eine vorzeitige Inanspruchnahme ist mit Vollendung des 63. Lebensjahres möglich, wenn man Kürzungen der monatlichen Rente in Höhe von 0,3 Prozent pro Monat in Kauf nimmt. Umgekehrt besteht die Möglichkeit, den Rentenbeginn über das normale Regelrentenalter hinaus zu schieben. Dann wird die Rente für jeden Monat, um den sie später in Anspruch genommen wird, um 0,5 Prozent erhöht.

Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Anhebung der Regelaltersgrenze auf die bAV hat.

Da eine Versorgungszusage in der bAV auf vertraglicher Basis erteilt wird, hat die Anhebung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung keinen unmittelbaren Einfluss auf den Rentenbeginn der bAV. Denn die vertragliche Festlegung kann nur durch die Vertragsparteien geändert werden. Anders gelagert ist der Fall, wenn die Versorgungsregelung eine dynamische Altersgrenze vorsieht, die sich nach der gesetzlichen Rentenversicherung richtet.

Allerdings kann die Anhebung der Regelaltersgrenze mittelbaren Einfluss auf die Versorgungswerke haben. Folgende Fallkonstellationen können bei den Arbeitgebern gegebenenfalls Änderungswünsche auslösen:

  • Es ist eine feste Altersgrenze vereinbart, die unter der Regelaltersgrenze liegt und der Arbeitnehmer erhält die bAV nur, wenn er ausscheidet:

Der Arbeitnehmer hat bei Erreichen der festen Altersgrenze einen Anspruch darauf, seine ungekürzte betriebliche Versorgungsleistung zu erhalten.

Arbeitet der Arbeitnehmer dagegen fort, hat er solange keinen Anspruch auf Leistungen. Unter Umständen stellt sich aber die Frage, ob er weitere Anwartschaften erdient oder als Anreiz gar erdienen soll.

  • Es ist eine feste Altersgrenze vereinbart, die vor der Regelaltersgrenze liegt und die das Ausscheiden nicht voraussetzt:

In diesem Fall entsteht der arbeitsrechtliche Anspruch auf bAV zusätzlich zum Vergütungsanspruch. 

Fazit:

Die Anhebung der Regelaltersgrenze zielt darauf ab, den Finanzierungsaufwand der gesetzlichen Rentenversicherung zu reduzieren. Das hat keinen unmittelbaren Einfluss auf den Renteneintritt in der bAV. Die Auswirkungen der Anhebung decken sich jedoch nicht immer mit den Interessen der Arbeitgeber, wenn diese zum Beispiel einen Anreiz für ein früheres Ausscheiden mit ihrer bAV schaffen wollten. Die Arbeitgeber müssen sich daher die Frage stellen, welche personalpolitischen Ziele sie im Hinblick auf den Zeitpunkt des Renteneintritts bei ihren Mitarbeitern verfolgen und wie sie ihre vorhandenen Versorgungssysteme dementsprechend anpassen sollten. Denkbar sind hier eine „Stärkung“ der bAV für ein vorzeitiges Ausscheiden genauso wie die Honorierung eines Fortarbeitens über die feste Altersgrenze hinaus, um zum Beispiel Wissensträger möglichst lange im Unternehmen zu halten.

Bernd Wilhelm, Rechtsanwalt bei Longial

Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der bAV

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner jüngsten Entscheidung vom 20.04.2010 – 3 AZR 370/08 seine bisherige ständige Rechtsprechung zu den Auswirkungen eines Erziehungsurlaubs auf die Höhe der betrieblichen Altersversorgung bestätigt.

In dem zugrunde liegenden Fall war der Klägerin eine betriebliche Altersversorgungszusage erteilt worden, bei der sich die Höhe der Altersrente unter anderem nach der Länge der Dienstzeit berechnete. Kindererziehungszeiten sollten nach der Zusage allerdings nicht leistungserhöhend berücksichtigt werden.

Das BAG hat hierin keine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gesehen. Zwar werden durch die Nichtberücksichtigung von Erziehungszeiten mehr Frauen als Männer benachteiligt. Jedoch ist die Regelung durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

Das BAG führt hierzu aus, dass in der Versorgungszusage konkret an das Kriterium der tatsächlichen Arbeitsleistung angeknüpft wird. Der Arbeitgeber darf danach die Höhe seiner Zuwendungen davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer ihm die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung erbringt, also tatsächlich arbeitet.

Da das Arbeitsverhältnis während der Erziehungszeit grundsätzlich ruht, ist der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitsentgelts befreit. Er ist deshalb auch nicht gehalten, direkt oder indirekt zusätzliche Leistungen zu erbringen. Der Unterschied zwischen einem ruhenden und einem nicht ruhenden Arbeitsverhältnis ist so gewichtig, dass er eine unterschiedliche Behandlung nicht nur beim Arbeitsentgelt im engen Sinne, sondern auch bei der Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung rechtfertigt.

Zur Verdeutlichung seiner Auffassung verweist das BAG auf einen Vergleich mit den Teilzeitbeschäftigten. Auch ein Arbeitnehmer, der Teilzeitarbeit leiste, könne nicht die gleiche Vergütung verlangen, wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Würden Zeiten des Erziehungsurlaubs in vollem Umfang für die bAV leistungssteigernd berücksichtigt, so wären solche Arbeitnehmer gleichheitswidrig benachteiligt, die zwar nur Teilzeitarbeit leisten, diese aber tatsächlich erbringen. Andernfalls würde das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung für tatsächlich erbrachte Dienste in unerträglicher Weise erschüttert.

Im Übrigen hat auch der Europäische Gerichtshof schon 1999 entschieden, dass das beim Erziehungsurlaub kraft Gesetzes eintretende Ruhen des Arbeitsverhältnisses objektiv eine Anspruchsminderung rechtfertigt (EuGH 21. Oktober 1999 – C-333/97).

Fazit:

Grundsätzlich ist es also für den Arbeitgeber bei dienstzeitabhängigen Versorgungszusagen möglich, Erziehungszeiten bei der Berechnung der Höhe der betrieblichen Leistungen auszuschließen. Das setzt allerdings voraus, dass eine entsprechende Regelung in der Versorgungszusage enthalten ist.

Aus Gründen der Rechtsklarheit ist es daher empfehlenswert, dass der Arbeitgeber oder bei Betriebsvereinbarungen die Betriebsparteien regeln, wie die Dienstzeit zählen soll. Tun sie das nicht, muss damit gerechnet werden, dass auch Erziehungszeiten leistungserhöhend mit gezählt werden. Denn Regelungslücken und Auslegungszweifel gehen regelmäßig zu Lasten des Arbeitgebers.

Anja Sprick, Rechtsanwältin bei Longial 


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