STANDPUNKT
Mit 63 ist jetzt Schluss
Dr. Paulgerd Kolvenbach, Geschäftsführer der Longial GmbH, über die Anhebung der Regelaltersgrenze:
Gerade hatten sich alle damit abgefunden, dass sie länger arbeiten müssen. Die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung von 65 auf 67 war ein lang diskutierter Schritt. Notwendig, wenn auch nicht beliebt, um den Auswirkungen des demographischen Wandels entgegenzuwirken. Und jetzt die Rente mit 63. Die abschlagsfreie Frühverrentung konterkariert die vorangegangenen Maßnahmen, die Erwerbsphase zu verlängern, und schafft genau gegenteilige Anreize. Nicht nur, dass die Belastung der Beitragszahler in der gesetzlichen Rentenversicherung noch viele Fragen aufwirft. Auch vor dem Hintergrund eines wachsenden Fachkräftemangels setzt eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit ein falsches Signal. Arbeitgeber werden in Zukunft auf ihre erfahrenen älteren Mitarbeiter angewiesen sein – ein früher Ausstieg aus dem Erwerbsleben kann auf Dauer nicht in ihrem Interesse sein.
Und was ist eigentlich mit der bAV? Wenig beachtet wurden bisher die Auswirkungen der Rente mit 63 auf die betriebliche Altersversorgung. Diese ist im ersten Schritt nicht direkt betroffen, aber als Zusatzleistung neben der gesetzlichen Altersrente teilt sie in gewisser Hinsicht auch deren Schicksal. Und hieraus ergeben sich einige praxisrelevante Fragen. Ganz spannend: Was passiert eigentlich, wenn bei Altersteilzeit- oder Vorruhestandsvereinbarungen ein Ausgleich für die bisher vorgesehenen Abschläge in der gesetzlichen Rente über die bAV hergestellt wurde? Wenn jetzt bei Beginn der vorzeitigen Rente im Anschluss an die Altersteilzeit oder den Vorruhestand keine Rentenabschläge mehr anfallen, entfallen dann auch vom Arbeitgeber zugesagte Zusatzleistungen beispielsweise in Form einer bAV, wenn diese doch genau für diesen Zweck eingerichtet worden war? Oder: Was machen Arbeitnehmer, die mit 63 in Rente gehen, aber keine Abschläge bei ihrer bAV hinnehmen wollen? Doch wieder länger arbeiten? Wie funktioniert das bei gegebenen Hinzuverdienstgrenzen?
Die abschlagsfreie Rente mit 63 stellt also auch die Unternehmen vor dringende Aufgaben. Sie sollten die in den Versorgungsordnungen vorhandenen Regelungen genau prüfen und frühzeitig mögliche Handlungsoptionen festlegen und Gestaltungsspielräume nutzen.
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