ausgabe 01/2013







30. Januar  2013

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Urteil LAG Bremen: Kündigung der Entgeltumwandlung und Rückabwicklung einer Direktversicherung

Nach der Auffassung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Bremen (2 Sa 76/10 vom 22.06.2011) kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis verlangen, eine durch Entgeltumwandlung finanzierte Pensionskassenversorgung zurück zu kaufen. Somit kann der Arbeitnehmer nicht nur die Entgeltumwandlungsvereinbarung für die Zukunft kündigen, sondern auch die Rückabwicklung für die Vergangenheit verlangen.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Arbeitnehmerin trat zum 01.10.1991 in das Unternehmen ihres Arbeitgebers ein. Ihr Arbeitsvertrag bezieht sich auf den Berufsgenossenschafts-Angestelltentarifvertrag und auf die Tarifverträge, die diesen ergänzen und ändern. Somit gilt auch der entsprechende Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung. In einer Protokollnotiz zu diesem Entgeltumwandlungstarifvertrag ist geregelt, dass wegen der Zweckbindung, Förderung, Bezuschussung und der Unverfallbarkeit eine vorzeitige Beendigung der Entgeltumwandlung ausgeschlossen ist.

Die Entgeltumwandlung beruht auf einer am 03.09.2004 geschlossenen Entgeltumwandlungsvereinbarung. Danach besteht für die Mitarbeiterin eine 12-monatige Vertragsbindung. Anschließend kann sie eine Änderung der Entgeltumwandlungsvereinbarung verlangen. Ferner kann die vorzeitige Anpassung der Entgeltumwandlungsvereinbarung bei einer wesentlichen Veränderung der Lebens- oder Einkommensverhältnisse erfolgen.

Die Arbeitnehmerin wandelte monatlich 82,50 Euro um und erhielt dazu einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 9 Euro. Mit einem Schreiben vom 22.01.2009 kündigte die Arbeitnehmerin die Versorgung bei der Pensionskasse. Die Pensionskasse wies darauf hin, dass nur der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer kündigen darf. Der Arbeitgeber verweigerte aber die Kündigung, weil die bAV durch Entgeltumwandlung finanziert und somit sofort gesetzlich unverfallbar ist.

Das LAG Bremen gab der Arbeitnehmerin in der Berufungsinstanz Recht. Denn der Arbeitgeber sei gehalten, die Interessen der Arbeitnehmerin zu wahren. Da die Arbeitnehmerin in einer finanziellen Notlage sei, müsse der Arbeitgeber einer Rückabwicklung zustimmen. Ein gesetzliches Verbot, welches der Rückabwicklung entgegenstehe, sah das LAG Bremen nicht. Auch die oben erwähnte Protokollnotiz habe im vorliegenden Fall keine einschränkende Wirkung, weil sie bei Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung noch nicht galt und gegenüber der nichttarifgebundenen Arbeitnehmerin keine normative Wirkung entfaltet habe. Sie gelte allenfalls vertraglich und es könne davon auch wieder vertraglich abgewichen werden. 

Fazit:

  • Das Urteil stellt klar, dass im laufenden Arbeitsverhältnis die einschränkenden Regelungen zur Unverfallbarkeit und zum Abfindungsverbot nicht gelten.

  • Ob der mit der Entgeltumwandlung verfolgte sozialpolitische Zweck, die Altersversorgung zu sichern, hier tatsächlich hinter der Vertragsfreiheit zurück stehen muss, bleibt abzuwarten, da gegen das Urteil Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt ist.

Bernd Wilhelm, LL.M, Rechtsanwalt, Leiter Fachbereich Recht | Steuern | Versorgungsträgermanagement bei Longial

Neue Urteile zu Höchstaltersgrenzen und Wartezeiten in Versorgungsordnungen

Die Landesarbeitsgerichte Düsseldorf und Baden-Württemberg haben sich in zwei Urteilen mit der Zulässigkeit von Höchstaltersgrenzen in Versorgungsordnungen nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) beschäftigt.

Beide Urteile befassen sich mit Versorgungsordnungen, die für die Gewährung der Altersrente aus der betrieblichen Versorgung eine Wartezeit und Leistungsausschlüsse für Arbeitnehmer über einem gewissen Eintrittsalter vorsahen.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 23.11.2011, 2 Sa 77/11) sprach im Ergebnis der Klägerin des Verfahrens eine Betriebsrente zu. Der Arbeitgeber hatte diese zuvor verweigert, da die Versorgungsordnung vorsah, dass ein Anspruch auf Versorgungsleistungen erst nach einer zehnjährigen Wartezeit entstehe und der Versorgungsberechtigte zum Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben dürfe. Diese Kombination führte dazu, dass Arbeitnehmer, die nach Vollendung des 45. Lebensjahrs in das Unternehmen eintraten, keine Ansprüche mehr erwerben konnten. Das Gericht hielt die vereinbarte Wartezeit auch nach Inkrafttreten des AGG für zulässig. Wartezeiten an sich knüpften nicht an das Alter an. Müsste man wegen eines Diensteintrittes in höherem Alter die Wartezeit wegen einer vermeintlichen mittelbaren Diskriminierung abkürzen oder außer Kraft setzen, würden die im hohen Alter eintretenden Mitarbeiter im Vergleich zu den jüngeren bevorzugt. Das AGG wolle aber nur eine Benachteiligung wegen des Alters ausschließen und keine Privilegierung zugestehen.

Die Höchstaltersgrenze hingegen sei wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Bezug auf das Alter unwirksam. Eine Altersgrenze dürfe nicht unangemessen niedrig sein. Je niedriger die Altersgrenze sei, desto gewichtigere Gründe müssten dafür vorliegen. Die pauschale Behauptung des Arbeitgebers, die Altersgrenze diene dem Erfordernis einer ausgewogenen Altersstruktur, reichte dem Gericht nicht. Das ebenfalls vorgetragene Argument der Risikobegrenzung könne jedenfalls nicht für die Versorgungsleistung der Altersrente gelten, da das Erreichen der Regelaltersgrenze kein Risiko, sondern der angestrebte Normalfall sei.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 29.2.2012, 12 Sa 1430/11) nahm in einem ähnlichen Fall eine zeitliche Differenzierung bezüglich des Zeitpunktes bei Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vor. Das Gericht versagte im vorliegenden Fall eine Altersrente. Hier war die Klägerin 14 Jahre im Betrieb, allerdings nur vier Jahre nach Inkrafttreten des AGG. Die Höchstaltersgrenze von 50 Jahren sei nach nationalem Recht bis zum Inkrafttreten des AGG wirksam geworden und erst danach unwirksam. Die Klägerin erfüllte aber in diesem Zeitraum die Wartezeit nicht mehr.

Fazit:

Es zeigt sich, dass die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung nach Inkrafttreten des AGG deutlich höhere Schranken für die Zulässigkeit von Höchstaltersgrenzen sieht. Hier kann sich ein Anpassungsbedarf für ältere Versorgungsregelungen ergeben. Wartezeitregelungen können auch nach Inkrafttreten des AGG weiterhin zulässig sein. Gegen beide Urteile ist allerdings Revision eingelegt, so dass abzuwarten bleibt, ob die Rechtsprechung aufrechterhalten wird. 

Susanne Kayser-Dobiey, Rechtsanwältin, Fachbereich Recht | Steuern | Versorgungsträgermanagement bei Longial


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