ausgabe 02/2014







14. Mai  2014

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BAV und Stromdeputate

Im Fall einer Scheidung unterliegen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) grundsätzlich dem Versorgungsausgleich. Umstritten war, ob dies auch für sogenannte Sachleistungsdeputate gilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 04.09.2013 festgestellt, dass Sachleistungen (hier ein Stromdeputat) nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen.

Zum Hintergrund: Vereinzelt gewähren Arbeitgeber ihren Betriebsrentnern nicht nur eine klassische bAV in Form einer Rente oder einer Kapitalzahlung, sondern auch sogenannte Sach-, Nutzungs-, oder zweckgebundene Geldleistungen. Zu den Sachleistungen zählen z.B. sogenannte Kohle-, Bier- oder Stromdeputate.

Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur handelt es sich auch bei diesen Deputaten um Leistungen der bAV. Wichtig ist dabei, dass die Deputate Versorgungszwecken dienen. Denn nach der Legaldefinition des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) liegen Leistungen der bAV vor, wenn der Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung erhält. Der Betriebsrentner muss die Leistung also erhalten, weil er ein bestimmtes Lebensalter erreicht hat oder invalide wird. Verstirbt er, so muss das Deputat der Versorgung seiner Hinterbliebenen dienen. Der Versorgung dienen grundsätzlich alle Leistungen, die den Lebensstandard des ehemaligen Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen verbessern sollen. Dies müssen nicht alleine Geldleistungen sein.

Der BGH wägt in seiner Entscheidung das Pro und Contra für einen Einbezug der Sachleistungsdeputate in den Versorgungsausgleich ab.

Für einen Einbezug spricht grundsätzlich, dass das Versorgungsausgleichsgesetz im Bereich der bAV alle Anrechte - unabhängig von der Leistungsform - einbezieht. Der BGH verweist aber darauf, dass diese Formulierung im Zuge der Reform des Versorgungsausgleichs aufgenommen wurde, um lediglich auch Kapitalleistungen, die früher dem Zugewinnausgleich unterlagen, in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

Gegen einen Einbezug spricht nach Auffassung des BGH, dass die Ausgleichsmechanismen des Gesetzes auf einen Ausgleich in Form einer Rente oder eines Kapitals abstellen. Nach Auffassung des BGH würden Deputate nämlich regelmäßig dem sogenannten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterfallen und somit erst im Leistungsfall geteilt werden können. Denn Rentnerdeputate wären oft an besondere Leistungsvoraussetzungen gebunden. Z.B. sei oft Voraussetzung ein eigener Hausstand im Inland. Im Fall der Scheidung eines Leistungsanwärters wäre aber unklar, ob dies im Leistungsfall vorliege, so dass es regelmäßig an der sogenannten Ausgleichsreife fehle.

Der sogenannte schuldrechtliche Versorgungsausgleich zielt aber auf einen Ausgleichswert als Rente ab. Dieser muss bei Bedarf auch abgetreten werden. Dies hätte zur Folge, dass der Versorgungsträger somit an den ausgleichsberechtigten Ehegatten eine Geldrente leisten müsste, obwohl er nur eine Sachleistung gewähren wollte.

Im Ergebnis sieht der BGH aufgrund der gesetzlichen Regelungstechnik keinen Grund für einen Einbezug der Sachleistungen in den Versorgungsausgleich. Im Ergebnis ist dies auch zu begrüßen, da ansonsten die Deputate bewertet werden müssten und hiermit neue Zweifelsfragen verbunden wären.

Nicht Gegenstand der Entscheidung war, ob diese Argumentation auch bei zweckgebundenen Geldleistungen gilt. Hier bleibt die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.

Bernd Wilhelm, LL.M, Rechtsanwalt, Leiter Fachbereich Recht | Steuern
bei Longial

Übergangsregelungen – Ungleichbehandlung Einzelner ist hinzunehmen

In dem zugrunde liegenden Fall hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Übergangsregelungen zur Umstellung eines betrieblichen Versorgungssystems auf ein neues Modell beschäftigt. Die dort vorgenommene Differenzierung zwischen rentennahen und rentenfernen Jahrgängen bei der Ermittlung der maßgeblichen Anwartschaft führte zu einer Schlechterstellung des rentennahen Klägers im Vergleich zu einem rentenfernen Beschäftigten. Diese Ungleichbehandlung hielt das BAG allerdings für sachlich gerechtfertigt (vgl. BAG v. 20.08.2013 – 3 AZR 959/11).

Der betrieblichen Altersversorgung des Klägers lag die Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands zugrunde. Diese hatte die tariflichen Versorgungsregelungen des öffentlichen Dienstes inhaltsgleich umgesetzt. Das dortige Gesamtversorgungssystem war durch ein Punktemodell ersetzt worden.

Das BAG führt nun aus, dass bei einem derartigen Systemwechsel die Besitzstandsinteressen der betroffenen Beschäftigten einerseits und das Interesse des Normgesetzgebers andererseits zu berücksichtigen sind. Im Interesse des Normgesetzgebers liegt es, den Systemwechsel zeitnah und möglichst wenig komplex, insbesondere möglichst ohne aufwendige Parallelführung zweier unterschiedlicher Versorgungssysteme und ohne aufwendige Vergleichsberechnungen zu vollziehen.

Allerdings muss bei der Ordnung von Massenerscheinungen nicht für die Gleichbehandlung aller erdenklichen Einzelfälle Sorge getragen werden. Es können auch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen getroffen werden.

Grundsätzlich begünstigte die Übergangsregelung auch die rentennahen Jahrgänge, weil diesen weitestgehend ihre alte Versorgung erhalten blieb. Ferner wurde eine Stichtagsregelung zugrunde gelegt und eine pauschalierende Methode für die Berechnung der Anwartschaften des Startbausteins für alle Beschäftigten gewählt. Die Regelung sollte den Aufwand bei der Umstellung des Zusatzversorgungssystems von einer Gesamtversorgung auf ein Punktemodell reduzieren und dadurch eine zügige Umstellung des Systems ermöglichen.

Die damit für den Kläger verbundene Schlechterstellung war hinzunehmen, da sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betraf, der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv war und die Ungleichbehandlung nur unter Schwierigkeiten vermeidbar gewesen wäre.

Fazit:

Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe. Die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes, auf deren inhaltsgleichen Vereinbarungen die zugrunde liegende Satzung beruhte, durften im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit auch typisierende Regelungen treffen. Eine dadurch entstehende Ungleichbehandlung Einzelner ist dann aber hinzunehmen, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird.

Anja Sprick, Rechtsanwältin, Fachbereich Recht | Steuern bei Longial

Kürzung bei vorgezogener Inanspruchnahme einer Kapitalleistung

Wenn eine Altersrentenzahlung aus einer betrieblichen Altersversorgung vorzeitig vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze bezogen wird, kann diese vom Arbeitgeber gekürzt werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in jüngerer Zeit erneut bestätigt (Urteil vom 19.06.2012, 3 AZR 289/10).

Das BAG hatte jetzt darüber hinaus über einen Fall zu entscheiden (BAG Urteil vom 25.06.2013, 3 AZR 219/11), in dem eine Arbeitnehmerin eine Kapitalzahlung als Ruhestandszuwendung kurz vor ihrem 63. Geburtstag nach 25 Dienstjahren in Anspruch genommen hatte. Die Versorgungsordnung sah eine feste Altersgrenze von 65 Jahren vor. Zwischen den Parteien war streitig, ob die Kapitalzahlung wegen des vorzeitigen Bezuges gekürzt werden durfte.

In der Richtlinie für die Ruhestandszuwendungen gab es keine Regelung, wie bei einem vorzeitigen Bezug der Kapitalzahlung eine Kürzung vorzunehmen war. Die Zulässigkeit einer Kürzung leitete das BAG aus den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts ab. Daher war die fiktive, für den Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis bei Erreichen der Regelaltersgrenze zugesagte Ruhestandszuwendung nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG zeitratierlich zu kürzen. Die Kürzung erfolgt hierbei entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit. Begründet wird die Zulässigkeit der Kürzung damit, dass die Arbeitnehmerin die nach der Versorgungszusage vorausgesetzte Betriebstreue nicht erbracht hat. Dabei käme es eben nicht darauf an, welche Art von Leistung im Versorgungsfall zugesagt sei.

Das BAG hält zudem eine weitere Kürzung für möglich. Es verschiebe sich das der Versorgungszusage zugrunde liegende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auch durch die frühere Auszahlung der Kapitalzuwendung. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitnehmer die Leistung erhält, ist höher und der Arbeitgeber müsse diese früher als mit der Versorgungszusage versprochen erbringen. Dass der „Störfaktor“ der längeren Bezugsdauer bei einmaligen Leistungen - anders als bei laufenden Betriebsrenten - keine Rolle spielt, steht einer Anwendung der vom Senat entwickelten Grundsätze für die Kürzung bei Rentenzahlungen nicht entgegen. Denn die Störung des Äquivalenzverhältnisses unter dem Aspekt der früheren Inanspruchnahme wirkte sich bei einer Kapitalleistung stärker aus als bei dem Bezug einer monatlichen Rente. Der Arbeitgeber müsse das geschuldete Versorgungskapital im Zeitpunkt des vorgezogenen Rentenbeginns (§ 6 BetrAVG) insgesamt früher als vereinbart zur Verfügung stellen. Bis zur Regelaltersgrenze könne er mit diesem Betrag keinerlei Zinserträge mehr erzielen. Der für ihn nachteilige Zinseffekt sei damit höher als bei laufenden Betriebsrenten, bei denen das versprochene Versorgungsvolumen ratierlich gezahlt wird.

Daher sei eine weitere Kürzung der Kapitalleistung um den sogenannten untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag aufgrund der vorgezogenen Inanspruchnahme möglich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Versorgungsordnung zum vorzeitigen Ausscheiden keine Regelung trifft. Ein untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag berechnet sich nach der oben erwähnten zeitratlichen Methode (vgl. § 2 Abs. 1 BetrAVG).

Fazit:

Das Bundesarbeitsgericht bestätigt seine Rechtsprechung, dass Kürzungen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente möglich sind. Es stellt dies jetzt ebenfalls für Kapitalzahlungen klar. Es erlaubt hierbei eine zusätzliche Kürzung für den vorzeitigen Bezug des Alterskapitals. Diese Kürzung ist möglich, auch wenn er in der Versorgungsordnung nicht ausdrücklich erwähnt ist. Dies kommt den Arbeitgebern entgegen. Es ist aber im Einzelfall zu prüfen, ob die jeweilige Versorgungsordnung nicht doch andere Regelungen zu einer Kürzung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Leistung vorsieht.

Susanne Kayser-Dobiey, Rechtsanwältin, Fachbereich Recht | Steuern bei Longial


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