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Steuerliche Rückstellung für noch ungeregelte Vorruhestandsfälle?

Das ist zulässig, urteilte das Finanzgericht (FG) Düsseldorf durch Zwischenurteil am 24.5.2024 (3 K 2044/18 F). Grundsätzlich handelt es sich bei Rückstellungen für Vorruhestandsregelungen um Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 249 Abs. 1 HGB.

Gut zu wissen!

Voraussetzung zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist demnach das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach sowie die wirtschaftliche Verursachung im Wirtschaftsjahr oder in der davorliegenden Zeit.
 

Doch worum geht es im aktuellen Fall?

Bereits seit 2008 bietet die Klägerin ihren Mitarbeitern durch Änderung der Musteranstellungsverträge die Möglichkeit, an einem Vorruhestandsmodell teilzunehmen. Die Regelung zum Vorruhestand sieht vor, dass Angestellte nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeit bis zu drei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Vorruhestand gehen können und dabei 70 Prozent der Bruttobezüge fortgezahlt werden.

Die Klägerin hat für die mit der 70-Prozent-Regelung in Zusammenhang stehenden Leistungen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten in den Streitjahren gebildet. Es wurden also sowohl Rückstellungen für Angestellte gebildet, mit denen bereits eine Vorruhestandsregelung getroffen wurde (sogenannte „Echtfälle“) als auch für diejenigen, die aufgrund der Arbeitsverträge lediglich einen Anspruch besitzen, zum Bilanzstichtag aber nicht alle Voraussetzungen erfüllt haben. Der Betriebsprüfer hat dies beanstandet und vertritt die Auffassung, dass die Rückstellung nur für Echtfälle zulässig und für ungeregelte Vorruhestandsfälle die Rückstellung aufzulösen sei.

Die Klägerin konnte darstellen, dass die Vorruhestandsregelung derartig attraktiv ist, dass zum damaligen Stichtag bereits 38 von 39 berechtigten Angestellten von der Freistellungsregelung Gebrauch gemacht haben, sodass das Entstehen weiterer Verpflichtungen überwiegend wahrscheinlich ist, das heißt das Entstehen von Verpflichtungen dem Grunde nach eher zu erwarten ist als das Nichtentstehen. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Freistellungsregelung ist entscheidende Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB. Hinzu kommt, dass die Klägerin sich in den Anstellungsverträgen vertraglich zur 70-Prozent-Regelung verpflichtet hat. Die Klägerin hatte daher weder die Möglichkeit, sich von den gegebenen Zusagen einseitig zu lösen noch diese abzuändern. Das Gericht kommt demzufolge zu dem Schluss, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Schuldinanspruchnahme nicht vernachlässigen dürfe.

Die zweite Voraussetzung zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten, dass diese in der davorliegenden Zeit wirtschaftlich verursacht wurde, ist ebenfalls erfüllt, da die Vergütung in der Freistellungsphase eine Gratifikation vergangener Dienstjahre darstellt und eine gewisse Betriebszugehörigkeit einzige Voraussetzung zur Zahlung der Leistung ist.

Das FG Düsseldorf kam zu dem Schluss, dass die Klägerin dem Grunde nach berechtigt war, für die „70-Prozent-Ansprüche“ Rückstellungen zu bilden. Das Gericht hat sich außerdem zur Berechnung der Rückstellungshöhe geäußert. Die Höhe der Rückstellungen sei dabei so zu bestimmen, dass sich die Verpflichtung mit Entstehung des Anspruchs (also durch die Zusage und nicht durch den Diensteintritt) bis zum planmäßigen Beginn der Freistellung in zeitanteilig gleichen Raten aufbauen solle.
 

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Richard Breese
Aktuar (DAV), Sachverständiger IVS und Leiter Aktuarielle Services 1

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