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Direkt­ver­siche­rungs­leis­tun­gen kön­nen einem GGF in der Insolvenz nicht ent­zogen werden

Dem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) einer GmbH war eine Direktversicherungszusage erteilt worden. In der Zusage hatte sich die Firma vorbehalten, die Versicherungsleistungen für sich selbst in Anspruch zu nehmen, wenn der GGF vor Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit austritt.

OLG-München-Beschluss vom 17.6.2024 – 25 U 1610/24

Der Fall

Dem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) einer GmbH war eine Direktversicherungszusage erteilt worden. In der Zusage hatte sich die Firma vorbehalten, die Versicherungsleistungen für sich selbst in Anspruch zu nehmen, wenn der GGF vor Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit austritt. Zum anderen war vereinbart, dass der Arbeitgeber das Recht hat, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, wenn die versicherte Person Handlungen begeht, die den Arbeitgeber berechtigen, Versicherungsansprüche zu mindern oder zu entziehen.

Der GGF hat in der Folgezeit trotz Zahlungsunfähigkeit der Firma keinen Insolvenzantrag gestellt und auch keine Bilanz erstellt. Diesbezüglich erhielt er in einem Strafverfahren eine Geldstrafe, die er aus dem Vermögen der Firma beglich. Das hatte zur Folge, dass er auch als Geschäftsführer der Firma aus dem Handelsregister gelöscht wurde. Daraufhin wollte die Firma beziehungsweise der Insolvenzverwalter ihm seine Ansprüche aus der Direktversicherung entziehen.
 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht hat festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Berechtigung der Firma beziehungsweise des Insolvenzverwalters, die Versicherungsleistungen zu entziehen, aus keinem der nachfolgend in Frage kommenden Gründe vorlagen.

Das eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht schützt auch einen GGF im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses

Es hat hier auf eine Entscheidung des BGH verwiesen, nach der im Rahmen einer Insolvenz auch dem GGF die Versicherungsleistungen zustehen, wenn die Voraussetzungen für ein unwiderrufliches Bezugsrecht mangels ausreichend langer Betriebszugehörigkeit noch nicht vorliegen (BGH-Urteil vom 9.10.2014 – IX ZR 41/14). Auch der GGF hat in der Insolvenz der Firma ein Aussonderungsrecht, sodass die Direktversicherung nicht zur Insolvenzmasse gehört. Hintergrund für diese Entscheidung und Ausnahme ist – genau wie bei Arbeitnehmern –, dass auch der GGF im Insolvenzfall der Firma keinerlei Einfluss auf das Dienstverhältnis hat (vergleiche oben den Artikel „Was passiert bei einer Insolvenz des Arbeitgebers mit der bAV?“).
 

Weiterer Widerrufsvorbehalt hinsichtlich einer Treuepflichtverletzung greift nicht

Verstöße gegen die allgemeine Treuepflicht gemäß § 242 BGB können den Widerruf einer Versorgungszusage rechtfertigen. Die Anforderungen an den Rechtsmissbrauchseinwand des Arbeitgebers sind aber hoch. Dazu reicht es nicht aus, dass ein wichtiger Grund für die sofortige Beendigung des Anstellungsverhältnisses besteht oder dass gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßen wurde. Der Versorgungsberechtigte muss seine Pflichten in so grober Weise verletzt haben, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt. Erst dann, wenn das pflichtwidrige Verhalten des Arbeitnehmers sich als eine besonders grobe Verletzung der Treuepflicht darstellt, kann der Arbeitgeber den Rechtsmissbrauchseinwand erheben (BAG-Urteil vom 8.5.1990 – 3 AZR 152/88).

Das kommt in zwei Fallgruppen in Betracht:1. Wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch sein Fehlverhalten einen existenzgefährdenden Schaden zugefügt oder 2. er die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Entscheidend sind die besonderen Umstände des Einzelfalles, die durch eine Gesamtwürdigung des Verhaltens des Arbeitnehmers ersichtlich gemacht werden müssen.

Die beiden im vorliegenden Fall gegenüber der Firma begangenen Pflichtverletzungen (Handlungen zum Nachteil der Gläubiger einer anderen juristischen Person, die zur Löschung als Geschäftsführer führen, und Zahlung der Geldstrafe aus dem Vermögen der Versicherungsnehmerin) sind nicht so gravierend, dass sich dadurch die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt. Auch die Voraussetzung einer Existenzgefährdung durch die Handlungen ergeben sich daraus nicht. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Firma zum einen wirtschaftlich erfolgreich hätte weitergeführt werden können, also solvent gewesen wäre, und zum anderen ein anderer Geschäftsführer nicht hätte bestellt werden können. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor.
 

Fazit 

Auch die Direktversicherungszusage eines GGF begründet in der Insolvenz ein Aussonderungsrecht, selbst wenn die Voraussetzungen für eine unverfallbare Anwartschaft noch nicht vorliegen. Und für den Widerruf einer Zusage bedarf es einer besonders groben Treuepflichtverletzung mit existenzgefährdendem Schaden. Versorgungszusagen mit ihren erdienten Ansprüchen können also nur in sehr engen Grenzen wieder entzogen werden.
 

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Justiziarin Recht | Steuern

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