ausgabe 01/2015







11.02.2015

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Aktuelle Vorstöße zur Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung

Ende 2014 spitzte sich die öffentliche Diskussion erneut auf das Problem zu, dass die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU's) nicht vorankommt. Zu den Gründen gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen, die in der vom BMAS in Auftrag gegebenen und in 2014 vorgelegten Machbarkeitsstudie ausgewertet wurden. Das – ernüchternde – Ergebnis: Die Sache dreht sich im Kreis. Arbeitgeber verspüren keinen Druck seitens der Arbeitnehmer und die Arbeitnehmer warten auf ein Angebot ihres Arbeitgebers. Erst in zweiter Linie spielen Gründe, wie hohe Komplexität und unklare Haftungssituation, eine Rolle. Um den gordischen Knoten zu durchbrechen, sind derzeit zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze in der Diskussion: Ein systemischer (d.h. Veränderung innerhalb des Systems), propagiert von der Versicherungswirtschaft und unterstützt durch die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba), und ein revolutionärer, der erstaunlicherweise aus der Politik, hier dem BMAS, kommt und so umwälzend wäre, dass er bislang von allen Interessenvertretern zurückhaltend bis skeptisch, in der Tendenz aber ablehnend beurteilt wurde. Allerdings gibt es brandaktuell eine weiter entwickelte Fassung des ersten Diskussionsentwurfes aus dem BMAS, der einigen zunächst geäußerten Kritikpunkten begegnet.

Der systemische Vorschlag:

Man verdoppelt die steuerlichen Obergrenzen des § 3 Nr. 63 EStG auf 8 Prozent der Rentenversicherungs-Beitragsbemessungsgrenze (BBG) und schafft so für die Arbeitgeber die Möglichkeit, ohne die Komplexität unterschiedlicher Durchführungswege eine vernünftige bAV anbieten zu können. Die Umsetzung des Vorschlags wäre kinderleicht und würde niemanden benachteiligen, der dennoch weiterhin auf der Klaviatur der Durchführungswege spielen möchte. Leider allerdings wittert der Bundesfinanzminister in derartigen Vorschlägen Unrat: Er rechnet sofort mit einem deutlich erhöhten Steuerausfall gegenüber heute, wo ja die Obergrenze 4 Prozent (plus 1.800 EUR) ist, was seine Begeisterung für den Vorschlag deutlich in Grenzen hält. Dem wird aus der Praxis entgegengehalten, dass Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, die nicht einmal die heutigen Obergrenzen ausnutzen, wohl kaum den Sprung auf die doppelten vollziehen werden. Gleichzeitig unterminiert genau dieses Argument auch die Hoffnung auf weitere Verbreitung der bAV im Falle der Umsetzung des Vorschlages: Es ist schwer zu belegen, dass allein die Erweiterung des steuerlichen Dotierungsrahmens eine Zurückhaltung in Sachen bAV in Euphorie verwandeln würde. Lediglich die Arbeitgeber, die unter heutigen Rahmenbedingungen die Vielzahl der Durchführungswege nutzen müssen, weil sie mit einem nicht zurechtkommen, hätten einen wirklichen Vorteil.

Der revolutionäre Vorschlag:

War zunächst nur ein Arbeitspapier oder ein Diskussionsanstoß (in der Form eines Gesetzesentwurfs), und mittlerweile wird er durch Wiederholung, so auch von Seiten der zuständigen Ministerin, zunehmend amtlicher, und seit kurzem gibt es auch eine weiter entwickelte Version 2. Er zielt nicht auf das Hindernis Komplexität, sondern auf die Haftung des Arbeitgebers ab und schafft sie unter bestimmten Voraussetzungen ab – in der Hoffnung, so mehr Arbeitgeber für das Angebot einer bAV zu gewinnen. Als Gestaltungsrahmen, in dem das gelingen soll, werden allerdings sogenannte „gemeinsame Einrichtungen der Tarifparteien“ im Sinne des § 4 Tarifvertragsgesetz gefordert, ähnlich vorhandener Lohnausgleichs- oder Urlaubskassen. Diese Einrichtungen müssen wiederum als Pensionskasse oder Pensionsfonds organisiert werden und dem Arbeitgeber die Garantie einer Mindestleistung (mindestens in Höhe der eingezahlten Beiträge) abnehmen. Damit diese in jedem Fall gesichert ist, sollen die Einrichtungen Mitglied im Pensionssicherungsverein (PSVaG) werden. In diesem Punkt unterscheidet sich Version 2 von Version 1 des BMAS-Vorschlages; in Version 1 war hier noch ein nicht näher spezifizierter Sicherungsfonds vorgesehen, der auch unter das strenge europäische Solvency II-Regime für die Versicherer hätte fallen können. Dies war insbesondere von Seiten der Tarifpartner stark kritisiert worden. Auch bei diesem Vorschlag stellt sich allerdings die Frage, wie er denn die Bereitschaft zu mehr bAV bei kleinen und mittleren Unternehmen steigern soll. Der Vorschlag nimmt hier Rücksicht auf die Tatsache, dass genau diese Unternehmen oftmals keinem Arbeitgeberverband angehören. Er erlaubt es nämlich auch nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, an solchen gemeinsamen Einrichtungen zu partizipieren, wenn sie die tariflichen Regelungen zwischen sich vereinbaren.

Fazit:

Erneute Versuche, das bekannte Übel durch Erweiterung von Gestaltungsmöglich-keiten zu bekämpfen, obwohl man genau weiß, dass das Fehlen solcher Möglichkeiten gerade nicht die Ursache für das Übel ist. Der BMAS-Vorschlag versucht viele Brücken zu bauen, aber es bleibt der Verdacht: Ohne einen „sanften Zwang“, z.B. in Gestalt des Opting-out, gegen den übrigens die meisten Arbeitnehmer nichts einzuwenden hätten (s. Handelsblatt vom 3.12.2014), wird sich vermutlich nicht wirklich etwas bewegen.

Paulgerd Kolvenbach, Geschäftsführer der Longial


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