ausgabe 03/2012







4. Juli 2012

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Betriebsübergang – was passiert mit den Versorgungszusagen?

Betriebliche Versorgungszusagen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Bestandteil des Arbeitsverhältnisses und gehen somit gemeinsam mit den übrigen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über. Betroffen sind vom Betriebsübergang nur die im Unternehmen beschäftigten aktiven Arbeitnehmer, nicht jedoch mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedene Arbeitnehmer und Rentner.

Sowohl für die Käufer- als auch die Verkäuferseite ist daher eine ordentliche Bestandsaufnahme unerlässlich, um eventuelle Risiken zu erkennen und auch den Kaufpreis realistisch zu gestalten.

Ob die betrieblichen Altersversorgungszusagen nun unverändert übergehen und vom neuen Arbeitgeber fortgeführt werden, richtet sich danach, ob nur beim Veräußerer oder auch beim Erwerber Zusagen bestehen und auf welcher Rechtsgrundlage diese zustande gekommen sind. Es muss also nach kollektiv- oder individualrechtlicher Begründung unterschieden werden, wobei im Nachfolgenden die tarifvertraglichen Regelungen außer acht bleiben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass nur gleiche Regelungsinhalte bei Veräußerer und Erwerber betrachtet werden können. Wird beispielsweise nur die Entgeltumwandlung beim Veräußerer geregelt, kann diese nicht mit der arbeitgeberfinanzierten Versorgung beim Erwerber verglichen werden.

Nur beim Veräußerer bestehen Versorgungszusagen

Sind die Zusagen individualrechtlich begründet worden (also beispielsweise Gesamtzusagen, Einheitszusagen), tritt der Erwerber in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein und übernimmt damit auch die bestehenden Zusagen.

Beruht die Versorgung auf einer Betriebsvereinbarung, muss zunächst unterschieden werden, ob die Betriebsidentität nach dem Betriebsübergang verloren geht oder erhalten bleibt (Beibehaltung oder Verlust der Organisationsstruktur und des Betriebszweckes). Geht sie verloren, was oftmals der Fall ist, gelten die Regelungen der Betriebsvereinbarung als individualrechtliche Zusagen beim Erwerber fort. Bleibt die Betriebsidentität erhalten, gilt die Betriebsvereinbarung beim Erwerber grundsätzlich fort.

Sowohl Veräußerer als auch Erwerber haben ein Versorgungswerk

Bestehen beim Veräußerer individualrechtlich begründete Versorgungszusagen, so tritt der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus der Versorgung des Veräußerers ein, unabhängig davon, was bei ihm besteht. Er muss allerdings nicht die übergehenden Mitarbeiter noch zusätzlich in sein Versorgungswerk aufnehmen.

Beruht die Versorgung beim Veräußerer auf einer Betriebsvereinbarung und bleibt beim Betriebsübergang die Betriebsidentität erhalten, so gilt die Betriebsvereinbarung des Veräußerers nach der Rechtsprechung kollektivrechtlich fort. 

Bei Verlust der Betriebsidentität ist zu unterscheiden, ob die Betriebsvereinbarung auf eine individualrechtliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung beim Erwerber trifft. Besteht eine individualrechtliche Regelung, kommt dagegen keine kollektivrechtliche Fortgeltung der Betriebsvereinbarung des Veräußerers in Betracht. Vielmehr gelten die Inhalte der Betriebsvereinbarung als individualrechtliche Regelungen fort mit der Maßgabe einer einjährigen Verschlechterungssperre. Besteht beim Erwerber ebenfalls eine Betriebsvereinbarung, die den gleichen Regelungsbereich zum Gegenstand hat, so gilt allein die beim Erwerber bestehende Kollektivvereinbarung. Falls kein gleicher Regelungsbereich vorliegt, dann gelten die kollektivrechtlichen Regelungen der Betriebsvereinbarung individualrechtlich fort.

Fazit:

Beim Betriebsübergang sind eine Reihe unterschiedlicher Fallgestaltungen möglich, die es sorgfältig zu betrachten gilt, um Rechtssicherheit für alle Parteien zu gewährleisten. Denn der Arbeitgeber ist nach den gesetzlichen Vorschriften auch gehalten, die Arbeitnehmer detailliert über die Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten. Eine unvollständige oder fehlerhafte Information hat zur Folge, dass die Widerspruchsfrist (§ 613a Abs. 6 BGB) nicht in Gang gesetzt wird und die Arbeitnehmer so beliebig dem Übergang noch widersprechen können. 

Anja Sprick, Rechtsanwältin, Fachbereich Recht | Steuern | Versorgungsträgermanagement bei Longial

Der Durchführungswegewechsel in der betrieblichen Altersversorgung

Die bAV kennt in Deutschland fünf verschiedene Durchführungswege. Ein wesentliches Merkmal des Durchführungswegewechsels ist es, dass der Arbeitgeber beschließt, die Versorgung nicht mehr selbst durchzuführen oder den jeweiligen Versorgungsträger zu wechseln. 

Motive für einen Durchführungswegewechsel

Gründe für einen Wechsel können geänderte rechtliche, steuerliche oder bilanzielle Anforderungen sein. Daneben spielen aber auch betriebswirtschaftliche Aspekte eine große Rolle: Durch die Auslagerung auf Dritte kann man eventuell die mit der Verwaltung verbundenen Kosten senken oder die bAV langfristig sicher finanzieren. Daneben können aber auch die eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten mancher Durchführungswege hinderlich sein, so dass der Wunsch nach einem flexibleren Durchführungsweg besteht.

Wenn man als Arbeitgeber aber über den Wechsel des Durchführungsweges nachdenkt, gilt es, verschiedene arbeits- und steuerrechtliche Rahmenbedingungen zu bedenken.

Arbeitsrechtliche Aspekte

Arbeitsrechtlich ist der Durchführungswegewechsel unter mitbestimmungsrechtlichen Aspekten grundsätzlich zustimmungsfrei, solange die Verteilung der Mittel dadurch nicht verändert wird.

Nach der neueren Rechtsprechung des BAG kann sich aus der Versorgungszusage ein Anspruch auf die Einhaltung eines (externen) Durchführungsweges ergeben, sofern die Versorgungszusage die externe Durchführung ausdrücklich vorsieht. Hier geht das BAG davon aus, dass aus dem Subsidiärhaftungsanspruch des § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG auch ein Verschaffungsanspruch auf einen externen Durchführungsweg besteht. Das schränkt den Handlungsspielraum des Arbeitgebers für einen einseitigen Wechsel ein.

Hat sich der Arbeitgeber allerdings ausdrücklich oder konkludent den Wechsel des Durchführungsweges vorbehalten, so wird ein einseitiger Wechsel des Durchführungsweges auch zulässig sein. 

Definitiv ist die einseitige Wechselmöglichkeit dann ausgeschlossen, wenn sie mit einer Verschlechterung für die Versorgungsberechtigten einhergeht.

Steuerrechtliche Aspekte

Derartige Verschlechterungen können auch die steuerlichen Folgen des Durchführungswegewechsels darstellen. Diese sind aus Sicht der Versorgungsberechtigten umso bedeutender, wenn es zu einem kompletten steuerlichen Systemwechsel kommt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Wechsel zwischen sogenannten internen und externen Durchführungswegen stattfindet.

Als interne Durchführungswege gelten die Direktzusage und die Unterstützungskassenzusage. Beide Durchführungswege sind steuerlich dadurch gekennzeichnet, dass es in der Anwartschaftsphase zu keinem lohnsteuerlichen Zufluss kommt, die Leistungen jedoch als nachgelagerter Arbeitslohn zu versteuern sind.

Als externe Durchführungswege gelten die Direktversicherung und die Pensionskasse wie auch grundsätzlich der Pensionsfonds, für den allerdings einige steuerliche Besonderheiten gelten. Die vom Arbeitgeber während der Anwartschaftsphase geleisteten Beiträge unterliegen grundsätzlich der Lohnsteuerpflicht. Allerdings sind sie bis 4 Prozent der BBG zzgl. 1.800,- EUR steuerfrei. Die Leistungen aus diesen Durchführungswegen gehören zu den sonstigen Einkünften.

Aufgrund dieser unterschiedlichen steuerlichen Ausgangslagen kann es beim Wechsel von internen auf externe Durchführungswege in der Anwartschaftsphase zu einem ungeplanten lohnsteuerlichen Zufluss kommen. In der Leistungsphase kann der Wechsel der Einkunftsart zu Nachteilen führen, wie z. B. zum Verlust des Versorgungsfreibetrags.

Aus der Sicht steuerbefreiter Versorgungsträger (Unterstützungskasse, Pensionskasse) gilt es, diese Befreiung durch den Durchführungswegewechsel nicht zu gefährden.

Natürlich spielen auch die bilanziellen und steuerlichen Auswirkungen aus Sicht des Arbeitgebers eine entscheidende Rolle. Hier ist insbesondere der Wunsch zu nennen, Pensionsrückstellungen aus der Bilanz auszulagern, um im internationalen Vergleich nicht durch diese belastet zu sein. Gleichzeitig soll aber durch die Auflösung der Pensionsrückstellungen keine steuerliche Belastung eintreten. Hier bieten sich für eine Auslagerung in erster Linie der steuerlich begünstigte Pensionsfonds und die Unterstützungskasse als weiterer interner Durchführungsweg an. Der Pensionsfonds kann dabei insbesondere für die Auslagerung bereits erdienter Anwartschaften und die Unterstützungskasse für laufende Renten oder für noch zu erdienende Anwartschaften eingesetzt werden.

Fazit:

Ein Durchführungswegewechsel kann aus unterschiedlichen Gründen durchaus sinnvoll sein. Aufgrund der Vielzahl der denkbaren Fallgestaltungen lohnt es sich jedoch immer, die Hilfe von Experten zu Rate zu ziehen, um arbeits- und steuerrechtliche sowie bilanzielle Fallstricke zu erkennen. Bei einem Durchführungswegewechsel sollten auch immer weitere Alternativen der Neuordnung geprüft werden.

Bernd Wilhelm, LL.M., Rechtsanwalt, Leiter Fachbereich Recht | Steuern | Versorgungsträgermanagement bei Longial


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