12. Februar 2019

Der Brexit und die „Limited“: Was passiert mit der Altersversorgung?

Mögliche Auswirkungen für Directors eines Unternehmens mit der britischen Rechtsform „Limited“


Der Brexit rückt näher und noch immer ist fraglich, ob es ein Austrittsabkommen oder einen ungeordneten Brexit geben wird. Dabei betrifft der Brexit einige Bereiche mit auf den ersten Blick nicht unbedingt ersichtlichen Folgen – beispielsweise die betriebliche Altersversorgung (bAV) der „Directors“ eines Unternehmens mit der Rechtsform „Limited“ („private company limited by shares“). Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial GmbH, informiert über die möglichen Auswirkungen.

„Limited“ im Vergleich zur GmbH
In den Jahren 2003 bis 2008 erfreute sich die britische Rechtsform der „Limited“ in Deutschland als Gesellschaftsform großer Beliebtheit. Diese Rechtsform ist die für kleine und mittlere Unternehmen verwendete Unternehmensform und damit die verbreitetste Form der Kapitalgesellschaft im Vereinigten Königreich. Insofern gleicht sie hinsichtlich ihrer Verbreitung der deutschen GmbH. „Den Charme der Limited machte jedoch aus, dass man zu ihrer Gründung keine 25.000 Euro benötigte, sondern nur ein Pfund“, erläutert der Longial Geschäftsführer.

Europa und die Niederlassungsfreiheit
Die britische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland gewann seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit 2003 an Bedeutung (EuGH-Urteil vom 30.9.2003 – RS C – 167/01). Darin vertrat der EuGH die Auffassung, dass es innerhalb einer in der EU gegründeten Gesellschaft darauf ankommt, dass die Gesellschaft in ihrem Gründungsland und somit nach ihrem Heimatrecht anerkannt ist. Wechselt die Gesellschaft anschließend ihren Sitz, muss auch der EU-Mitgliedsstaat des neuen Sitzes die Gesellschaft anerkennen. Somit war ab dem Jahr 2003 eine verstärkte Anzahl von britischen Limiteds auf dem deutschen Markt zu verzeichnen. Durch die Möglichkeit, eine Unternehmergesellschaft zu gründen, ebbte der Boom jedoch wieder ab. Dennoch sind auch heute noch ca. 10.000 Limiteds auf dem deutschen Markt aktiv.

Generelle Auswirkungen des Brexits
Wenn das Vereinigte Königreich ab dem 30.3.2019 nicht mehr Mitglied der EU ist, gelten auch die Europäischen Verträge und damit die Niederlassungsfreiheit nicht mehr. Anschließend greift nicht mehr die EuGH-Rechtsprechung, sondern die vom Bundesgerichtshof vertretene Auffassung. Danach finden nur die im deutschen Gesellschaftsrecht geregelten Rechtsformen Anerkennung. Die Limited erfüllt dann nicht mehr die Anforderungen an eine Kapitalgesellschaft, sondern es kommt für die Limited nur die offene Handelsgesellschaft (OHG) in Betracht – soweit sie ein Handelsgewerbe betreibt – oder die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Ist nur ein Gesellschafter vorhanden, so kann die Limited auch als einzelkaufmännisches Unternehmen fortgesetzt werden. „Sofern allerdings das mit der EU bislang verhandelte Austrittsabkommen noch unterzeichnet wird, tritt diese Rechtsfolge nicht unmittelbar ein. Dann gilt bis zum 31.12.2020 weiter Unionsrecht“, stellt Hoppstädter klar.

Wechsel von der Kapital- zur Personengesellschaft: Auswirkung auf die bAV
Natürlich kann auch eine OHG, eine GbR oder ein Einzelkaufmann den Mitarbeitern eine bAV erteilen. Kritisch wird dies jedoch in den Fällen, in denen es um die Versorgung des ehemaligen Directors beziehungsweise späteren Gesellschafters oder Einzelkaufmanns geht. In diesen Fällen können die eingerichteten bAV-Systeme nicht mit steuerlicher Wirkung fortgeführt werden. Neben den Limiteds und ihrem Management müssen sich aber auch körperschaftsteuerbefreite Versorgungseinrichtungen wie (Gruppen-)Unterstützungskassen dieses Themas annehmen. Denn ist die Limited zukünftig als Personengesellschaft zu qualifizieren, so zählen die zukünftigen Zuwendungen für die ehemalige „Directors-Versorgung“ zwar zum tatsächlichen, aber nicht zum zulässigen Kassenvermögen, da es hier auf Ebene der Gesellschaft am Betriebsausgabenabzug fehlt. Für körperschaftsteuerbefreite Kassen besteht dadurch die grundsätzliche Gefahr, teilweise körperschaftsteuerpflichtig zu werden.

Lösungsansätze
Ziel sollte also zumindest im Interesse der Fortsetzung der bAV des ehemaligen Directors sein, dass weiterhin eine Kapitalgesellschaft vorliegt. Generell werden verschiedene Lösungsansätze diskutiert, mit denen erreicht werden soll, dass die Limited als Kapitalgesellschaft weiter erhalten bleibt:

  • Die Limited überträgt ihre einzelnen Wirtschaftsgüter auf eine GmbH oder eine Unternehmergesellschaft (UG).
  • Für einen grenzüberschreitenden Formwechsel auf eine deutsche GmbH oder UG fehlen derzeit einheitliche europäische und nationale Regelungen, sodass dieser in der Praxis derzeit noch schwierig ist.
  • Bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung auf eine deutsche GmbH oder UG bestehen zwar die rechtlichen Grundlagen, aber das Verfahren aus dem Vereinigten Königreich heraus erfordert erheblichen Zeit- und Kostenaufwand.
  • Bei einer grenzüberschreitenden Anwachsung gründen die Gesellschafter der Limited eine beteiligungsidentische GmbH oder UG, in die sie die Anteile der Limited als Sacheinlage einbringen. Die neue GmbH oder UG ist Alleingesellschafterin der Limited. Mit dem Wirksamwerden des Brexits gehen sämtliche Aktiva und Passiva auf die GmbH beziehungsweise UG als Alleingesellschafterin über. Nachteil ist hierbei, dass der Zeitpunkt letztlich nicht mehr selbst bestimmt wird, sondern von der Stichtagsregelung des Brexits abhängt – falls es eine solche geben wird.

Fazit: Gesamtbewertung aller Umstände
„Welcher Weg im Einzelfall zielführend ist, bedarf einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände“, empfiehlt der Longial Geschäftsführer. „Der weitere Umgang mit der bAV sollte dabei aber in jedem Fall einfließen.“ In Anbetracht des bevorstehenden Brexits und der ungeklärten Frage, ob dieser durch ein Austrittsabkommen oder ungeregelt erfolgt, besteht derzeit dringender Handlungsbedarf.