02. Juni 2017

Betriebsrentenstärkungsgesetz: „Was lange währt, wird endlich gut“

Nachdem das Gesetzgebungsverfahren zum Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) in den letzten Wochen ins Stocken geraten ist, ging es jetzt plötzlich ganz schnell: Gestern hat der Bundestag das „Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung“ beschlossen. Die zuletzt heftig diskutierten Punkte Garantieverbot und Tarifexklusivität bleiben wie im Entwurf vorgesehen wichtige Bestandteile des Gesetzes. Damit wird es, vorbehaltlich der Zustimmung im Bundesrat, wie geplant am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial GmbH, fasst die wichtigsten Inhalte kurz zusammen.

Oberstes Ziel des BRSG ist es, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Deutschland allgemein und insbesondere in Klein- und Mittelständischen Unternehmen (KMU) zu stärken. Eine weitere Zielgruppe sind die Geringverdiener: Finanzielle Anreize sollen es Arbeitnehmern mit geringen Einkünften leichter machen, sich eine zusätzliche Altersversorgung aufzubauen. „Das Gesetz kann in vier tragende Säulen unterteilt werden“, so Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial GmbH: „Das Sozialpartnermodell, was jetzt ‚Betriebsrente Plus‘ genannt wird, das Optionssystem, der Ausbau der steuerlichen Förderung sowie die gezielte Förderung von Altersvorsorge bei Geringverdienern.“

Reine Beitragszusage jetzt auch in Deutschland

Das Sozialpartnermodell ist mit seinen Kernbausteinen nahezu unverändert zum Regierungsentwurf verabschiedet worden. Die reine Beitragszusage kann von den Tarifvertragsparteien in externen Versorgungseinrichtungen organisiert werden. Versorgungsleistungen werden als „Zielrente“ definiert, womit zu Rentenbeginn die Rente nach aktuellen Modellrechnungen im Vergleich zu den heutigen Lösungen um circa 25 Prozent höher ausfallen wird. Das Sozialpartnermodell untersagt zwar Garantien, wodurch die Rentenleistung schwanken kann – sowohl steigen als auch sinken. Aber die Versorgungseinrichtungen müssen einen Puffer aufbauen, um Schwankungen und insbesondere Rentenkürzungen zu vermeiden. „Durch einen neuen Sicherungsmechanismus, der in den letzten Tagen in der Koalition beschlossen wurde, liegt der Puffer bei 25 bis 35 Prozent. Damit können auch heftige kurzfristige Turbulenzen an den Kapitalmärkten abgefedert werden“, erläutert Hoppstädter.

Keine Abweichungen beim Optionsmodell

Wie im Entwurf vorgesehen, können im Rahmen eines Tarifvertrages obligatorische Entgeltumwandlungslösungen vereinbart werden, die dann automatisch für alle Arbeitnehmer gelten. Es sei denn, dieser wird aktiv und widerspricht der Lösung. Leider sind für das sogenannte Opting-out Tarifverträge nötig. „Hier hätten wir uns gewünscht, dass auch auf Betriebsebene solche Vereinbarungen getroffen werden können“, kommentiert der Longial Experte.

Verbesserung bei der steuerlichen Förderung

Die gravierendsten Veränderungen – tatsächlich ausnahmslos Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf – wurden bei der steuerlichen Förderung der bAV für Geringverdiener vorgenommen. Die Einkommensgrenze ist von 2.000 auf 2.200 EUR monatlich angehoben worden. Damit können etwa 1,4 Mio. mehr Arbeitnehmer erreicht werden, für die der Arbeitgeber nun einen steuerlichen Anreiz erhält, eine zusätzliche, also arbeitgeberfinanzierte, Lösung zur bAV einzuführen. Darüber hinaus wird der Arbeitgeber verpflichtet, die Einsparungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen, die er bei einer Entgeltumwandlung seiner Mitarbeiter erzielt, zu etwa drei Viertel an den Arbeitnehmer weiterzugeben. Konkret heißt das: Der Arbeitgeber zahlt 15 Prozent auf die Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers direkt in dessen Altersversorgungsvertrag ein. Das gilt nicht nur für Neuverträge, sondern ab dem Jahr 2022 auch für alle heute bereits bestehenden Entgeltumwandlungen.

Gleichstellung betrieblicher und privater Riester-Verträge

Zu guter Letzt wird die sogenannte Riester-Förderung überarbeitet. Zum einen wird die Riester-Zulage von 154 Euro auf 175 Euro angehoben. Noch wichtiger ist jedoch, dass nun ein betrieblicher Riester-Vertrag in der Rentenphase nicht schlechter gestellt wird als ein privater Riester-Vertrag. Derzeit fallen auf einen betrieblichen Riester-Vertrag in der Rentenphase Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an. Das ist bei privaten Riester-Verträgen nicht der Fall. Diese Ungleichbehandlung hat der Gesetzgeber nun korrigiert. Damit werden betriebliche Riester-Verträge zunehmend interessant – gerade für Geringverdiener. Und keiner muss mehr die Sorge haben, dass die mühsam ersparten Rentenleistungen dann später auf die Grundsicherung angerechnet werden, wenn der Rentner darauf im Alter angewiesen ist. Mit dem Freibetrag für monatliche Rentenleistungen von circa 200 Euro ist sichergestellt, dass jeder, der für das Alter spart, in jedem Fall besser dastehen wird.

BRSG – ein Fazit

Das BRSG ist ein großer Wurf der Regierungskoalition im Schlussspurt der Legislaturperiode. Die reine Beitragszusage kommt endlich auch nach Deutschland. Für Geringverdiener sind tolle Lösungen geschaffen worden, die auch für diejenigen eine echte Altersversorgung darstellen, die im Alter eventuell auf Grundsicherung angewiesen sind. Hätte man sich noch mehr beim BRSG vorstellen oder wünschen können? „Natürlich – aber lassen wir die Kirche im Dorf. Und nutzen wir die geschaffenen Möglichkeiten, die bAV tatsächlich weiter zu verbreiten“, so das Fazit des Longial Geschäftsführers.