04. September 2019

Zum Ausweis der Pensionsrückstellung im Jahr der Zusage unter Berücksichtigung neuer Heubeck-Richttafeln (BFH-Urteil vom 13.2.2019 – XI R 34/16)

Muss bei erstmaliger Bildung einer Pensionsrückstellung für eine neu erteilte Zusage im Veröffentlichungsjahr neuer Heubeck-Richttafeln ein Unterschiedsbetrag aus erstmaliger Anwendung neuer biometrischer Rechnungsgrundlagen bestimmt und auf mindestens 3 Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt werden?


Der Fall
Eine GmbH erteilte seinem zu einem Drittel beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer im November 2005 eine Pensionszusage. Zum 31.12.2005 wurde erstmals eine Pensionsrückstellung in Höhe des Teilwertes gemäß § 6a Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gebildet, der auf Basis der am 6.7.2005 veröffentlichten Heubeck-Richttafeln 2005 G als biometrische Grundlage ermittelt wurde. Ein Unterschiedsbetrag, der aus dem Wechsel von den Heubeck-Richttafeln 1998 zu den Heubeck-Richttafeln 2005 G entstanden wäre, wurde demnach nicht ermittelt und durch den Ansatz der Pensionsrückstellung in Höhe des Teilwerts auf Basis der neuen Heubeck-Tafeln sofort in voller Höhe der Pensionsrückstellung zugeführt. Nach Meinung des Finanzamtes hätte eine Zuführung dieses Unterschiedsbetrages, trotz erstmaliger Bildung einer Pensionsrückstellung im Jahr des Richttafel-Wechsels, auf mindestens 3 Wirtschaftsjahre verteilt werden müssen.

Die Entscheidung
In der Vorinstanz gab das Thüringer Finanzgericht mit Urteil vom 17.8.2016 (3 K 228/14) der Klage statt. Bei erstmaliger Bildung einer Pensionsrückstellung im Jahr geänderter biometrischer Rechnungsgrundlagen muss keine Verteilung des Unterschiedsbetrages erfolgen. Daraufhin ging das Finanzamt in Revision. Die Begründung: Der Gesetzgeber habe § 6a Abs. 4 Satz 6 EStG geschaffen, um auch im Fall einer erstmaligen Bildung von Pensionsrückstellungen im Jahr der Veröffentlichung neuer Heubeck-Richttafeln den Unterschiedsbetrag aus geänderten biometrischen Annahmen auf mindestens 3 Wirtschaftsjahre zu verteilen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Revision für unbegründet und kann weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des § 6a Abs. 4 Satz 6 EStG der Begründung folgen. Es wird argumentiert, dass die in § 6a Abs. 4 Satz 6 EStG geregelte entsprechende Anwendung des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG nach seinem Wortlaut voraussetzt, dass ein Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres besteht. Da dies nicht der Fall ist, existiert auch kein Unterschiedsbetrag im Sinne des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG. Der BFH stimmt dem Finanzamt zwar zu, dass der Zweck des § 6a Abs. 4 Satz 6 EStG unter anderem ist, „Vorzieheffekte“ zu verhindern. Allerdings nicht im Anwendungsfall von Versorgungszusagen, für die im Jahr der Veröffentlichung neuer Richttafeln erstmals eine steuerliche Pensionsrückstellung gebildet wird. Dazu gehören sowohl Versorgungszusagen aus dem Jahr der Veröffentlichung neuer Richttafeln als auch aus vorherigen Jahren. Entscheidend ist, ob im Jahr der Veröffentlichung neuer Heubeck-Richttafeln erstmals eine steuerliche Pensionsrückstellung gebildet wird.

Fazit

Mit dem vorliegenden Urteil ist sichergestellt, dass für den Fall einer erstmaligen Bildung einer steuerlichen Rückstellung im Jahr der Veröffentlichung neuer Heubeck-Richttafeln kein Unterschiedsbetrag im Sinne des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG aus erstmaliger Anwendung neuer biometrischer Rechnungsgrundlagen bestimmt werden muss, womit eine gleichmäßige Verteilung auf mindestens 3 Wirtschaftsjahre ebenfalls nicht vorgenommen wird. Das Urteil wurde unabhängig davon gefällt, ob die Zusage vor oder nach der Veröffentlichung neuer Heubeck-Richttafeln erteilt worden ist. Entscheidend ist, dass die erstmalige steuerliche Rückstellungsbildung und die Veröffentlichung der Heubeck-Richttafeln im selben Wirtschaftsjahr stattgefunden haben.

Benjamin Eickmeier, Aktuar DAV, Aktuariat, Longial