19. Februar 2020

Was haben Bier, Kohlebriketts und freie Fahrten im ÖPNV gemeinsam?

Und warum wird eine solche Frage hier gestellt? Denn eigentlich beschäftigen sich die Themen dieses Newsletters doch nur mit der bAV … Fragen über Fragen … Zur Aufklärung holen wir etwas weiter aus:


Sachleistung vom Arbeitgeber
In vielen Branchen ist es üblich, dass Arbeitnehmer Produkte oder Dienstleistungen ihres Arbeitgebers vergünstigt oder vollkommen kostenlos erhalten. Stellen wir uns eine Boutique vor, die ihren Mitarbeitern Teile der aktuellen Kollektion vergünstigt zum Kauf anbietet. Ein solcher Personalrabatt ist im steuerrechtlichen Sinne eine Sachleistung, die grundsätzlich lohnsteuerpflichtig ist. Nach § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gilt dafür der sogenannte Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 Euro pro Jahr. Und das gilt auch für die eingangs erwähnten Produkte.

Kostenfreier Haustrunk
In Brauereien ist es zum Beispiel üblich, dass Beschäftigte über 18 Jahren eine bestimmte Menge – in Nordrhein-Westfalen etwa 2,5 Liter Bier pro Arbeitstag(!) – als sogenannten Haustrunk kostenfrei erhalten. Das regelt in besagtem Bundesland sogar ein Tarifvertrag. Laut Statistischem Bundesamt belief sich der der Haustrunk 2018 auf insgesamt mehr als 131 Millionen Hektoliter deutschlandweit.

Gratis-Kohlelieferungen und mehr
In den deutschen Kohlerevieren bekommen die (ehemaligen) Kumpel oftmals Gratis-Kohlelieferungen, Energieversorger gewähren ihren Mitarbeitern häufig eine bestimmte Anzahl an Gratis-Kilowattstunden Strom- oder Gasverbrauch und Mitarbeiter von Unternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) dürfen kostenfrei den Nahverkehr nutzen.

Was hat das alles nun mit bAV zu tun?
Der Gratisbezug wird meist nicht nur für aktive Arbeitnehmer, sondern auch für Betriebsrentner gewährt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zuletzt am 25.6.2019 (Az. 3 AZR 458/17) festgestellt, dass „Sach- und Nutzleistungen, die dem Arbeitnehmer für den Ruhestand zugesagt werden“, bAV-Leistungen sein können. In dem entschiedenen Fall ging es um ein kostenloses Ticket zur Nutzung des ÖPNV für den Betriebsrentner und seine Ehefrau. Das BAG hat zugunsten der Betriebsrentner entschieden. Und aktuell verhandelt die Ruhrkohle AG (RAG) mit ca. 100.000 Betriebsrenten um die weitere Lieferung von Gratis-Kohle an die Betriebsrentner beziehungsweise deren Neuregelung (zukünftig soll es „Energiebeihilfe“ heißen) sowie um eine angemessene Abfindung dieses Anspruchs.

Auswirkungen auf die Unternehmen
Für die Betriebsrentner stellen solche „Deputate“ Versorgungsleistungen dar. Für das Unternehmen sind Deputate damit vergleichbar einer Direktzusage und somit ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Handelsgesetzbuch. Mit anderen Worten – das Unternehmen muss für Deputate Pensions-Rückstellungen bilden! Ein deutlicher Beweis, dass Bier, Kohlebriketts und freie Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr doch so einiges mit der bAV zu tun haben …