19. Februar 2020

Steuerliche Gewinnermittlung: Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG für Versorgungszusagen, die im Jahr des Übergangs auf neue Rechnungsgrundlagen erteilt werden

(BMF-Schreiben vom 17.12.2019 – IV C 6 -S 2176/19/10001 :001) Für eine im Jahr der erstmaligen Anwendung neuer Heubeck-Richttafeln neu erteilte Direktzusage ist kein Unterschiedsbetrag nach § 6a Absatz 4 Satz 2 EStG zu bilden.

Dieser Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH) hat sich nunmehr die Finanzverwaltung angeschlossen. Doch eine Frage bleibt weiterhin offen.

Die im Gesetz vorgesehene Verteilung des Heubeck-Umstellungs-Effekts ...
Die bilanzielle Bewertung von Verpflichtungen aus unmittelbaren Versorgungszusagen hängt unter anderem von den verwendeten biometrischen Rechnungsgrundlagen ab. Für die ertragsteuerliche Bewertung werden von der Finanzverwaltung in diesem Zusammenhang die sogenannten Heubeck-Richttafeln anerkannt. Diese Richttafeln werden zuweilen aktualisiert. Bei Vergleich der Bewertung nach alten und neuen Richttafeln ergibt sich naturgemäß ein Unterschiedsbetrag. Nach § 6a Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EstG) kann dieser Unterschiedsbetrag nur auf mindestens drei Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt der jeweiligen Pensionsrückstellung zugeführt werden.

... gilt laut BFH nicht für im Jahr der Umstellung neu zu bilanzierenden Zusagen ...
Mit der Frage, ob diese gesetzliche Regelung auch dann Anwendung findet, wenn eine unmittelbare Versorgungszusage im Umstellungsjahr neu erteilt wurde, hatte sich jüngst der BFH zu befassen (Weitblick 3/2019). Eine solche Auslegung von § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG hatte der BFH abgelehnt. Wie man der Urteilsbegründung entnehmen kann, muss nach Einschätzung des Gerichts bei erstmaliger Bildung einer Pensionsrückstellung in dem Jahr, in dem die biometrischen Rechnungsgrundlagen geändert wurden, keine Verteilung des Unterschiedsbetrages erfolgen. Der BFH lehnt damit die obligatorische Verteilung eines etwaigen Unterschiedsbetrages nicht nur bei Erstzusagen im Umstellungsjahr, sondern, ganz allgemein, in allen Fällen der erstmaligen Bildung einer Pensionsrückstellung im Umstellungsjahr ab.

... und nach neuer Ansicht des BMF nicht für Erstzusage im Umstellungsjahr
Bislang hatte die Finanzverwaltung die Meinung vertreten, dass von dem Verteilungszwang alle unmittelbaren Versorgungszusagen erfasst sind, welche im Richttafel-Umstellungsjahr – und darüber hinaus – zu bilanzieren sind (siehe Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 19.10.2018 (IV C 6 - S 2176/07/10004 :001) beziehungsweise das BMF-Schreiben vom 16.12.2005 (IV B 2 - S 2176 - 106/05)). Auf die genannte Entscheidung des BFH hat das BMF nunmehr mit seinem Schreiben vom 17.12.2019 (IV C 6 -S 2176/19/10001 :001) reagiert. Darin führt das BMF aus, dass es seine bisherige Auffassung teilweise revidiert. Demnach gilt die Verteilungsregelung nach Einschätzung des BMF nunmehr auch nicht für Versorgungszusagen, die im Übergangsjahr erteilt werden. Aus Billigkeitsgründen sei es jedoch nicht zu beanstanden, die Pensionsrückstellungen für entsprechende Versorgungszusagen ebenfalls zu verteilen.

Fazit

Das Urteil des BFH war eindeutig. Es war insoweit zu erwarten, dass das BMF hierauf reagieren und seine bisherige Rechtsauffassung aufgeben würde. Überraschend ist daher, dass sich das BMF offenbar gleichwohl nicht vollends der Auffassung des BFH anschließen wollte. Es räumt zwar ein, dass eine Verteilung des Unterschiedsbetrages bei Erstzusagen im Umstellungsjahr unterbleiben kann, erwähnt in seinem korrigierenden Schreiben jedoch keine entsprechende Ausnahmeregelung für andere Direktzusagen, welche im Umstellungsjahr erstmals zu bilanzieren sind. Eine solche Unterscheidung hatte der BFH in seiner überzeugenden Urteilsbegründung nicht getroffen. Insofern ist offen, wie das BMF eine solche Unterscheidung –- wenn sie denn nicht lediglich Ergebnis eines redaktionellen Versehens sein sollte – begründen würde.

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern, Longial