20. Februar 2019

Unverfallbarkeitsbetrag bei beitragsorientierten Leistungszusagen vor dem 1.1.2001 (BAG-Urteil vom 23.1.2018 – 3 AZR 359/16)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beantwortet die Frage, wie der Unverfallbarkeitsbetrag aus einer Leistungszusage bei einer Direktzusage, die in eine beitragsorientierte Leistungszusage (boLZ) umgewandelt wurde, aufgrund der zugesagten Verzinsung bis zur Pensionierung zu behandeln ist.


Im zugrunde liegenden Fall hatte die Arbeitgeberin dem Kläger bei Diensteintritt im Jahre 1994 eine unmittelbare Direktzusage erteilt. Die Versorgungszusage sah bis zum Eintritt des Versorgungsfalls eine Verzinsung des Versorgungskontos vor. Die Versorgung wurde später abgelöst, indem sich die Parteien darüber einigten, dass der Besitzstand bis zur Ablösung aufrechterhalten wurde. Danach konnten weitere Anwartschaften nach dem neuen Modell erworben werden. Zudem hatte der Kläger mit seiner Arbeitgeberin am 4.1.2005 vereinbart, dass sich seine bAV nach den Bestimmungen der jeweils gültigen Gesamtbetriebsvereinbarung richtet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging aufgrund eines Betriebsübergangs zum 1.10.2005 auf eine andere Gesellschaft über und endete mit Ablauf des 30.11.2006. Durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 1.1.2007 wurde über das Vermögen der übernehmenden Gesellschaft (Insolvenzschuldnerin) das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger begehrt nun vom haftenden Pensionssicherungsverein (PSVaG) eine erhöhte Versorgungsleistung.

Was regelt das Gesetz?
Die Höhe der gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft ist in § 2 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) geregelt. Für die vor dem 1.1.2001 erteilten Versorgungszusagen ist grundsätzlich der ratierliche Teilanspruch (§ 2 Abs.1 BetrAVG) im Falle des Ausscheidens aufrechtzuerhalten. Für Versorgungszusagen, die nach dem 1.1.2001 erteilt wurden, ist die Aufrechterhaltung der bis zum Ausscheiden aufgebrachten Beiträge erforderlich. Mit der Neuregelung wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass bei der boLZ die Anwendung der zeitratierlichen Methode zu Problemen führen kann. Denn in bestimmten Fallkonstellationen könnten bis zum Ausscheiden aufgebrachte Beiträge möglicherweise nicht zur Deckung des nach der zeitratierlichen Methode errechneten Teilanspruchs ausreichen.

Ausnahme durch Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Im BetrAVG (§ 30g Abs. 2 Satz 2) ist allerdings die Möglichkeit vorgesehen, dass die Regelung des § 2 Abs.5 BetrAVG auch auf Anwartschaften angewendet werden kann, die auf vor dem 1.1.2001 erteilten Zusagen beruhen, sofern hierfür ein entsprechendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erzielt worden ist. In dem vom BAG verhandelten Fall hatte der Kläger mit seinem Arbeitgeber am 4.1.2005 vereinbart, dass sich die bAV nach der jeweils gültigen Gesamtbetriebsvereinbarung richtet. Aus dieser ging hervor, dass die bis dahin gutgeschriebenen Beiträge und Zinsen erhalten bleiben, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet und die jeweils gültigen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt sind.

Auslegung der Zusage
Durch die Formulierung in der Gesamtbetriebsvereinbarung sah es das BAG als erwiesen an, dass der Kläger mit seiner früheren Arbeitgeberin das erforderliche Einvernehmen über die Anwendung der nach dem 1.1.2001 geltenden Unverfallbarkeitsregelung erzielt hat. Es wies darauf hin, dass weder der Wortlaut der Übergangsregelung noch der Sinn und Zweck der Bestimmung erfordern, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausdrücklich eine Vereinbarung zur Geltung der jeweiligen Unverfallbarkeitsregelung treffen. Ausreichend sei vielmehr, wenn sie eine dahingehende Einigkeit erzielen, dass sich die dem Arbeitnehmer zugesagten Leistungen der bAV nach einer zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Versorgungsordnung richten, die eine Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft nach § 2 Abs.5 BetrAVG bestimmt. Dies war hier der Fall, da die Gesamtbetriebsratsvereinbarung für die gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften letztendlich die Anwendung von § 2 Abs.5 BetrAVG anordnet.

Fazit:

Auch alte Versorgungszusagen sind im Hinblick auf Vorschriften zur Unverfallbarkeit abänderbar, wenn das erforderliche Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegt. Es muss jedoch deutlich zum Ausdruck gebracht werden, wie die konkrete Regelung dazu aussieht.

Dirk Murski, Syndikusrechtsanwalt, Recht | Steuern, Longial