17. Februar 2016

Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie – „Nebenwirkungen“ bei Unternehmensliquidation?

Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie regelt seinem Titel entsprechend in erster Linie die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben. Diese treten in Deutschland aufgrund der Umsetzungsfrist der Richtlinie erst zum 01.01.2018 in Kraft.

Einige kleinere Nebenregelungen sind aber schon am Tag nach der Verkündung (30.12.2015) wirksam geworden. Dies gilt auch für die Änderungen bei der Anpassung laufender Leistungen:

Nach dem allgemeinen Grundsatz des Betriebsrentenrechts muss der Arbeitgeber alle 3 Jahre die Anpassung der laufenden Renten prüfen (§ 16 Abs. 1 BetrAVG (Betriebsrentengesetz)). Diese Pflicht zur Anpassungsprüfung gilt bei Direktversicherungen und Pensionskassen als erfüllt, wenn ab Rentenbeginn alle Überschüsse zur Rentenerhöhung verwendet werden und bei Abschluss der Versicherung der sogenannte Höchstzinssatz nach § 65 Abs. 1 S. 1 lit. a) VAG a.F. nicht überschritten wurde. Insbesondere bei regulierten Pensionskassen enthalten die von der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) genehmigten Geschäftspläne oft höhere Zinssätze. Daher kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 30.09.2014 zu dem Schluss, dass in diesen Fällen die Anpassungsprüfungspflicht der Arbeitgeber nicht als erfüllt anzusehen ist. Die vorliegende Gesetzesänderung lässt die Notwendigkeit, dass der zulässige Höchstzinssatz nicht überschritten werden darf, jetzt entfallen. Somit besteht für die Arbeitgeber wieder Planungssicherheit.

Darüber hinaus kann die Gesetzesänderung auch an einer anderen für die Arbeitgeber bislang oft nicht unproblematischen Stelle Erleichterung bringen:

Will ein Unternehmen seine Betriebstätigkeit einstellen und hat es insbesondere eine Direktzusage oder Unterstützungskassenzusage erteilt, so müssen diese auf eine Pensionskasse oder ein Unternehmen der Lebensversicherung übertragen werden (§ 4 Abs. 4 BetrAVG). Auch bei den sogenannten Liquidations(direkt)versicherungen entfiel über die Verweisung des § 4 Abs. 4 BetrAVG auf § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG die Rentenanpassung bislang nur unter der Voraussetzung, dass der gültige Höchstzinssatz bei Abschluss der Liquidations(direkt)versicherung nicht überschritten wurde. Das bedeutete, dass bereits bestehende Rückdeckungsversicherungen verwertet und neue Liquidationsversicherungen zu aktuellen Rechnungsgrundlagen abgeschlossen werden mussten. Hier könnte – je nach Sachverhalt – die Neuregelung Erleichterung verschaffen, da nun auch in diesen Fällen die Ablösung der Anpassungsprüfungspflicht nicht mehr davon abhängt, dass der aktuelle Höchstzinssatz nach § 65 Abs. 1 S. 1 lit. a) VAG a.F. zur Anwendung kommt.

Natürlich ist zu berücksichtigten, dass beim Abschluss einer Liquidationsversicherung die Pensionskassen oder Lebensversicherungsunternehmen an die Stelle des Arbeitgebers treten. In diesem Fall müssen sie auch die Leistungen als nachgelagerten Arbeitslohn versteuern beziehungsweise gegebenenfalls Beiträge an eine gesetzliche Krankenversicherung entrichten, so dass hierfür höhere Kosten beim Lebensversicherer anfallen als bei einer bloßen Rückdeckungsversicherung.

Fazit:

Unternehmensliquidationen sind zukünftig möglicherweise leichter, da bestehende Rückdeckungsversicherungen je nach Fallkonstellation direkt zur Finanzierung herangezogen werden könnten. Nur in manchen Fällen wäre ein Neuabschluss zu den dann geltenden Rechnungsgrundlagen erforderlich. Hier bleibt die weitere Produktentwicklung der Versicherungsgesellschaften abzuwarten.

Bernd Wilhelm, LL.M., Rechtsanwalt, Leiter Recht | Steuern, Longial