17. Mai 2017

Steuerermäßigung für Kapitalleistungen in der bAV? (BFH-Urteil vom 20.9.2016 – X R 23/15)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, inwieweit die sogenannte Fünftelungsregelung gemäß § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die Kapitalleistung aus einer Pensionskassen-Versorgung Anwendung finden kann. Die Fünftelungsregelung bewirkt in der Regel eine Milderung der Steuerprogression beim Bezug von außerordentlichen Einkünften. Außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG sind dabei unter anderem „Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten“, wobei „mehrjährig eine Tätigkeit [ist], soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.“

 

Während die Vorinstanz die Fünftelung anerkannte ...
Im Einvernehmen hatten eine Arbeitnehmerin und ihr Arbeitgeber vereinbart, dass anstelle der vorrangig zugesagten Altersrente im Versorgungsfall eine einmalige Kapitalzahlung erfolgt. Die Bedingungen der betreffenden Pensionskasse ließen eine solche Vorgehensweise ausdrücklich zu. Die Finanzverwaltung wollte die Anwendung des § 34 EStG auf diese Kapitalzahlung jedoch nicht anerkennen. Das Finanzgericht Köln gab der Klage der Arbeitnehmerin auf Anwendbarkeit der Fünftelungsregelung hingegen statt. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass die steuerliche Behandlung einer Pensionskassen-Leistung mit der Leistung aus einer sogenannten Basisvorsorge vergleichbar sei. Für Kapitalleistungen der Basisvorsorge habe der BFH die Anwendbarkeit der Fünftelungsregelung bereits zugelassen.

 

... lehnt der BFH dies bei „typischem Verlauf“ ab
Dieser Auffassung hat sich der BFH nicht angeschlossen. Mit seinem Urteil lehnt er im vorliegenden Fall die Begünstigung der Kapitalleistung aus der Pensionskassen-Versorgung durch die Regelungen des § 34 EStG ab. Zwar sei § 34 EStG grundsätzlich auf alle Einkunftsarten anwendbar. Es fehle jedoch an der „Außerordentlichkeit“ der betreffenden Einkünfte aus der Pensionskassen-Versorgung. Denn im vorliegenden Fall habe das Versorgungswerk ein Kapitalwahlrecht für die Versorgungsleistung ausdrücklich vorgesehen. Es läge insoweit kein „atypischer Ablauf“ vor, welcher aus seiner Sicht ein Merkmal außerordentlicher Einkünfte sei.

Der BFH bestätigt insoweit zwar die Ansicht der Finanzverwaltung. Diese vertritt nämlich die Auffassung, dass eine Anwendung der Fünftelungsregelung nur bei Leistungen der bAV in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse in Betracht komme. Bei anderen Durchführungswegen – wie etwa bei der Pensionskasse – sei hingegen der § 34 EStG nicht einschlägig (vergleiche Rn. 371 beziehungsweise Rn. 373 des BMF-Schreibens vom 24.7.2013 (IV C 3 – S 2015/11/10002; IV C 5 – S 2333/09/10005)). Allerdings scheint die Argumentation des BFH bei genauerer Betrachtung vom gewählten Durchführungsweg unabhängig.

 

Fazit:
Das Urteil des BFH bestätigt auf der einen Seite die gängige Auffassung, wonach auf bAV-Kapitalleistungen aus versicherungsförmigen Durchführungswegen eine Steuerermäßigung gemäß § 34 EStG nicht angewendet werden kann. Auf der anderen Seite wirft es die Frage auf, ob der BFH die Anwendbarkeit der Fünftelungsregelung – entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung – auch bei nicht-versicherungsförmigen Durchführungswegen kritisch beurteilen würde. Hier bleibt die weitere Rechtsprechung abzuwarten. Bei einem Verfahren, welches diesbezüglich gegebenenfalls mehr Klarheit hätte schaffen können, wurde bedauerlicherweise kürzlich die Revision vor dem BFH zurückgenommen (X R 36/16, Vorinstanz: Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.9.2016 – 4 K 254/15).

 

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern, Longial