04. September 2019

Schriftform in der bAV (BMF-Schreiben vom 11.7.2018 – IV C 6 - S 2176/11/1001)

In Zeiten der Digitalisierung stellen Schriftform-Erfordernisse im Bereich der bAV aus Sicht des Arbeitgebers oft ein unerwünschtes Hemmnis für eine unkomplizierte und wenig aufwendige Administration dar. Doch Erleichterung ist in Sicht.


Schriftform-Erfordernisse aus verschiedenen Gründen
Aus arbeitsrechtlicher Sicht bedarf die Einrichtung einer (arbeitgeberfinanzierten) bAV nicht notwendigerweise der Schriftform. Doch soll die steuerliche Anerkennung der Versorgung sichergestellt sein und/oder Entgeltumwandlung betrieben werden, sind Schriftform-Erfordernisse zu beachten. So sind im Falle einer Entgeltumwandlung nach § 2 Nachweisgesetz (NachwG) die zugrunde liegenden Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dürfen nicht (allein) in elektronischer Form vorgehalten werden. Dies machen auch die Sozialversicherungsträger (derzeit noch) zur Voraussetzung für die beitragsrechtliche Anerkennung einer Entgeltumwandlung (vergleiche Punkt 8 der Niederschrift der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 21./22.11.2001). Bei einer bAV in einem nicht-versicherungsförmigen Durchführungsweg (Direktzusage beziehungsweise Unterstützungskasse) gibt es zudem steuerliche Bestimmungen, welche die Schriftform unabhängig von deren Finanzierung ausdrücklich fordern (vergleiche § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG beziehungsweise § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG).

Doch Schriftform ist – aus steuerlicher Sicht – nicht gleich Schriftform ...
Hinsichtlich der steuerlichen Anforderungen an die Schriftform hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in Beantwortung einer Anfrage der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) mit seinem Schreiben vom 11.7.2018 hinsichtlich der Direktzusage klargestellt, dass diese unabhängig von anderen rechtlichen Vorgaben seien. Aus steuerlicher Sicht sei (lediglich) sicherzustellen, dass die Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen zur bAV in ausreichendem Maße einer Beweissicherung dient. Hierfür bedarf es nicht notwendigerweise eigenhändig unterschriebener Urkunden. Vielmehr ist eine (schriftliche) Fixierung genügend, aus der sich Art und Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen zweifelsfrei feststellen lassen. Verwendet der Arbeitgeber beispielsweise Onlineportale, welche die Authentizität und Unveränderbarkeit der jeweiligen Daten gewährleisten, seien insoweit auch rein digitale Lösungen für eine solche Beweissicherung ausreichend. Dies gelte insbesondere mit Blick auf Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die über ein EDV-Portal dokumentiert und archiviert werden.

... und eine Änderung des Nachweisgesetzes ist in Vorbereitung
Im Hinblick auf die administrative Vereinfachung größerer Bestände, in denen Entgeltumwandlung betrieben wird, dürften insoweit nur noch die einschränkenden Regelungen des NachwG ein Hindernis für eine rein digitale Verwaltung darstellen. Doch der Gesetzgeber wird diese Bestimmungen demnächst wohl entschärfen müssen. Denn am 20.6.2019 haben das Europäische Parlament und der Rat der EU die „Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen“ erlassen, welche die frühere sogenannte Nachweisrichtlinie ersetzt. Die neue Richtlinie sieht unter anderem vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erforderliche Informationen in Papierform oder aber eben alternativ auch – sofern die Informationen für den Arbeitnehmer zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können – in elektronischer Form zur Verfügung stellen kann. Innerhalb von 3 Jahren ist diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass vor diesem Hintergrund auch die Bestimmungen des § 2 NachwG gelockert werden (vergleiche unter anderem das erwähnte BMF-Schreiben).

Fazit:

Arbeitgebern, welche die Verwaltung ihrer Versorgungswerke auf eine rein digitale Lösung umstellen wollen, dürfte dies unter Wahrung der steuerlichen Schriftform-Erfordernisse wohl bereits heute gelingen können. Allerdings wäre vor dem Hintergrund, dass die Verlautbarung des BMF kein offizielles BMF-Schreiben darstellt, gleichwohl derzeit noch eine Abstimmung mit der zuständigen Finanzverwaltung anzuraten. Die sich aus dem NachwG ergebenden Anforderungen im Rahmen einer Entgeltumwandlung stehen einer reinen Portal-Lösung hingegen derzeit womöglich noch im Wege. Angesichts der zu erwartenden Änderungen dieser gesetzlichen Bestimmungen dürfte es aber sinnvoll sein, vorbereitende Tätigkeiten für eine Umstellung schon in Angriff zu nehmen, wenn eine solche Umstellung mittelfristig ohnehin beabsichtigt ist.

Michael Gerhard, Aktuar DAV, Recht | Steuern, Longial