17. August 2016

Pensionskassen kürzen Leistungen

Die anhaltende Niedrigzinsphase, die sich in jüngster Zeit bereits als Nullzins- oder Negativzinsphase darstellt, veranlasst nun erste Pensionskassen, Eingriffe in ihre Leistungsversprechen vorzunehmen.


Verminderte Garantieverzinsung bei Pensionskasse

Die Pensionskasse neue leben AG hat mitgeteilt, dass sie für die Beiträge eines Teilbestands ab 2017 nur noch eine verminderte Garantieverzinsung von 1,25 Prozent zusagen kann. Den betroffenen Teilbeständen garantierte die Kasse bisher 3,25 beziehungsweise 2,75 Prozent auf die Sparbeiträge. Darüber hinaus berücksichtigt die Pensionskasse längere Lebenserwartungen, was sich nochmals mindernd auf die zukünftigen Leistungen auswirkt. Beide Änderungen sind dem Vernehmen nach mit aufsichtsbehördlicher Zustimmung erfolgt.

Einstandspflicht für Arbeitgeber
Für die betroffenen Arbeitgeber bergen diese Maßnahmen das Risiko, für die Differenz zu den alten Rechnungsgrundlagen selbst einstehen zu müssen. In einem seinerzeit aufsehenerregenden Urteil (BAG, Urteil vom 19.06.2012 – 3 AZR 408/10) hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Leistungskürzungen einer Pensionskasse auf der Grundlage einer satzungsmäßigen Sanierungsklausel durch den Arbeitgeber ausgeglichen werden müssen. Hier könnte ein vergleichbarer Fall vorliegen.

Leistungskürzungen auch bei größter deutscher Pensionskasse
Auch der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. kämpft damit, dass rund zwei Drittel der eingehenden Beiträge in Tarife mit einem Rechnungszins von 4 Prozent fließen. Mit dem BVV ist die größte Pensionskasse in Deutschland zu weitreichenden Maßnahmen genötigt. Auch dort wird die garantierte Leistung für Beiträge ab 2017 in den betroffenen Teilbeständen um rund 24 Prozent gekürzt.

Spitze des Eisbergs
Diese beiden Fälle könnten erst die Spitze eines Eisbergs sein, denn natürlich stehen zahlreiche weitere Pensionskassen vor dem gleichen Problem. Auch in ihren Bilanzen schlummern hohe Zinsverpflichtungen, die unter den derzeitigen Kapitalmarktverhältnissen nicht mehr zu erzielen sind.

Einen etwas besseren Stand dürften die reinen Firmen-Pensionskassen haben, die Altersversorgungsleistungen ausschließlich für die Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe erbringen. Diese sind zumeist integraler Bestandteil der bAV-Policy des Unternehmens, sodass dort die Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung tendenziell höher ausfällt.

Fazit: 

Auch der bisher eher unauffällige Durchführungsweg Pensionskasse ist von der Niedrigzinsphase massiv in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Eigenart vieler Pensionskassen, ihre Leistungen senken zu dürfen, bringt für die betroffenen Arbeitgeber erhebliche Haftungsrisiken mit sich. Sie könnten im Zweifel verpflichtet sein, die gekürzten Leistungen aus eigener Tasche bezahlen zu müssen.

Mark Walddörfer, Geschäftsführer, Longial