21. Februar 2018

Neue BMF-Schreiben zur bAV (IV C 6 -S 2133/14/10001 und IV C 6 -S 2176/07/10006)

Das Bundesfinanzministerium hat Ende letzten Jahres zwei Schreiben zur bilanziellen Behandlung von Altersversorgungsverpflichtungen veröffentlicht.

Das BMF-Schreiben vom 30.11.2017 gibt Hinweise zur „Anwendung der Regelungen in § 4f und § 5 Abs. 7 EStG im Falle von Verpflichtungsübernahmen, Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen“. Ein zweites Schreiben vom 18.9.2017 enthält Klarstellungen für die „Bilanzsteuerliche Berücksichtigung von Versorgungsleistungen, die ohne Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis gewährt werden, und von vererblichen Versorgungsanwartschaften“.

Bisherige BFH-Rechtsprechung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren Urteilen in den Jahren 2011 und 2012 entschieden, dass übernommene Verpflichtungen nach bisheriger Rechtslage beim Übernehmer keinen Ansatzbeschränkungen unterliegen, sondern mit den Anschaffungskosten oder dem höheren Teilwert zu bewerten sind. Als Reaktion auf diese Urteile hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Regeln mit den neu eingefügten §§ 4f und 5 Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) nachgeschärft. Das BMF-Schreiben vom 30.11.2017 enthält nun ergänzende Klarstellungen.

Wichtig für Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen

Relevanz hat dies insbesondere für die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen, die mit den steuerlichen Sondervorschriften in § 6a EStG sehr umfangreichen Ansatzbeschränkungen unterliegen. Die gesetzliche Neuregelung stellt klar, dass die Bilanzierung solcher Verpflichtungen beim Erwerber denselben Beschränkungen unterliegt wie beim Veräußerer. Allerdings darf der Erwerber Wahlrechte, beispielsweise zum Finanzierungsendalter, neu ausüben und muss auch steuerliche Fehlbeträge des Veräußerers nicht fortführen.

Kommt es zur Übertragung von Pensionsanwartschaften, so wird der hierfür zu entrichtende Vermögensübertrag nach betriebswirtschaftlichen Regeln bemessen. Dieser ist häufig deutlich höher als der steuerliche Teilwert. Bei der Übertragung entsteht dann auf Seiten des Veräußerers ein steuerlicher Verlust und auf Seiten des Erwerbers ein Gewinn – jeweils in Höhe der Differenz zwischen Teilwert und Übertragungswert. Nach den neuen Regeln darf der Erwerber den steuerlichen Gewinn mit einer Rücklage über bis zu 15 Jahre verteilen. Der Veräußerer hingegen muss den Verlust zwingend über 15 Wirtschaftsjahre verteilt geltend machen. Dabei sind zur Bemessung des Verlusts beziehungsweise des Gewinns für den Veräußerer die Verhältnisse zum letzten Bilanzstichtag vor und für den Erwerber die zum ersten Bilanzstichtag nach der Veräußerung maßgeblich. Dadurch können sich die Verteilungsbeträge bei Veräußerer und Erwerber unterscheiden, was gerade bei innerkonzernlichen Übertragungen zu steuerlichen Sondereffekten führen kann.

Beispiel: Firma A hat für Pensionsverpflichtungen am 31.12.2016 eine steuerliche Rückstellung von 1.000 gebildet. Am 1.7.2017 überträgt A die Verpflichtungen an Firma B und zahlt hierfür einen Übertragungswert von 1.150. Firma B setzt die Verpflichtungen zum 31.12.2017 mit einem steuerlichen Teilwert von 1.060 an. Der Veräußerungsverlust bei A beträgt 150 und ist zwingend über die Wirtschaftsjahre 2017 bis 2031 verteilt mit jeweils 10 zu berücksichtigen. Der Erwerbsgewinn bei B beträgt 90 und kann über denselben, aber auch einen verkürzten Zeitraum verteilt als Ertrag angesetzt werden, wobei in jedem Jahr mindestens 6 anzusetzen sind.

Der asymmetrische Verlauf der Verteilungsbeträge bei Veräußerer und Erwerber mag als „unästhetisch“ empfunden werden, ergibt sich aber letztlich aus der steuerlichen Geschäftsjahresbetrachtung.

Administrative Herausforderungen

Entfällt die Verpflichtung zu einem späteren Zeitpunkt beim Erwerber, sind hierfür noch ausstehende Gewinnrücklagen sofort aufzulösen. Gerade dieser Punkt macht die neuen Regeln zu einer administrativen Herausforderung, muss der Erwerber doch den Verlauf der Gewinnrücklage personenindividuell über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren nachhalten.

Fazit:  

Die neuen Regeln gelten entsprechend für Schuldbeitritte und Erfüllungsübernahmen, soweit eine Inanspruchnahme des ursprünglich Verpflichteten nicht mehr zu erwarten ist. Analog sind die Regeln auch für die Übernahme von Jubiläums-, Altersteilzeit- und ähnlichen Verpflichtungen anzuwenden. Die neuen Regeln gelten nicht für Änderungen des Durchführungsweges, also für Übertragungen auf einen Versorgungsträger. Sie gelten auch nicht für einzelvertragliche Verpflichtungsübernahmen, für die § 6a EStG bereits besondere Regeln bei der Ermittlung des Teilwerts vorsieht. Der Hauptanwendungsfall dürfte daher die Übernahme von Verpflichtungen im Rahmen eines Betriebsübergangs nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch sein.

Mit Urteilen aus 2008 und 2013 hat der BFH außerdem entschieden, dass Versorgungszusagen ihren Charakter als bAV nicht verlieren, wenn Leistungen nicht vom Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis abhängig gemacht werden. Das zweite BMF-Schreiben vom 18.9.2017 stellt klar, dass in diesem Fall, ebenso wie bei Anwartschaften auf vererbliche Leistungen, eine Pensionsrückstellung nach § 6a gebildet werden kann und welche Regeln bei der Berechnung des Teilwerts der Verpflichtungen zu beachten sind. 

Dr. Marcus Reich, Aktuar DAV | Sachverständiger IVS, Aktuariat, Longial