15. Februar 2017

Maßgebendes Pensionsalter bei der Bewertung von unmittelbaren Versorgungszusagen

(BMF-Schreiben vom 9.12.2016)

 

In seinem Schreiben äußert sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu der Frage, welches Pensionsalter bei der ertragsteuerlichen Bewertung einer Pensionsverpflichtung zu berücksichtigen ist.

Demnach ist diesbezüglich grundsätzlich auf dasjenige Pensionsalter abzustellen, welches in der jeweiligen Direktzusage schriftlich genannt ist.

Neue Regeln für Zusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer
Das BMF hebt damit bisherige Richtlinien auf, wonach – insbesondere bei Zusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) – für Bewertungszwecke nicht das in der Zusage fixierte, sondern gegebenenfalls ein höheres, fiktives, Endalter anzusetzen war. Es folgt insoweit einer inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) allein die Verwendung des in der Zusage genannten Pensionsalters für die Bewertung zulassen. Dessen ungeachtet führt das BMF aus, dass die Finanzverwaltung bei ihrer Auffassung bliebe, wonach aus ihrer Sicht „zu niedrige“ Pensionsalter steuerlich nicht anzuerkennen seien. In solchen Fällen wären dann die nach EStG erfolgten Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen (anteilig) als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu behandeln. Dies gelte bei bereits bestehenden Zusagen grundsätzlich dann, wenn ein Pensionsalter von weniger als 60 Jahren vereinbart wurde. Im Falle eines beherrschenden GGF ist bereits die Vereinbarung eines Pensionsalters von weniger als 65 Jahren kritisch. Bei ab dem 9.12.2016 neu erteilten Zusagen gelten in diesem Zusammenhang die Alter 62 beziehungsweise 67 entsprechend.

Mögliche Maßnahmen des Arbeitgebers
Droht nach den vorgenannten neuen Rahmenbedingungen eine vGA, kann der zusagende Arbeitgeber diese gegebenenfalls abwenden. Hierfür ist das Pensionsalter in der betreffenden Direktzusage rechtzeitig geeignet zu erhöhen. Eine entsprechende Änderung der Zusage hat nach dem Schreiben des BMF spätestens innerhalb des Wirtschaftsjahres zu erfolgen, welches nach dem 9.12.2016 beginnt. Unabhängig hiervon können Firmen des Weiteren entscheiden, an einer in der Vergangenheit praktizierten Bewertung auf ein fiktives hohes Alter festzuhalten, wenn mit der Inanspruchnahme der Versorgung tatsächlich erst zu dem entsprechend späten Termin zu rechnen ist. Soll eine derartige Option genutzt werden, ist hierüber ebenfalls in der zuvor genannten Frist zu befinden.

Zum Pensionsalter in kollektiven Versorgungswerken
Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) vor Jahren entschieden hatte, gilt aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht notwendigerweise dasjenige Pensionsalter, welches im Versorgungswerk schriftlich genannt wurde. Insbesondere im Zusammenhang mit der Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung kann sich das arbeitsrechtlich maßgebliche Pensionsalter sozusagen automatisch erhöht haben. Das BMF stellt mit seinem Schreiben klar, dass für die steuerliche Bilanzierung der betreffenden Verpflichtungen eine solche automatische Erhöhung jedoch ohne Belang ist. Für die Bewertung bleibt das im Versorgungswerk genannte Pensionsalter maßgeblich. Soll hieran eine Änderung erfolgen, ist das Versorgungswerk – innerhalb der oben angegebenen Frist – entsprechend anzupassen. 

Fazit: 

Das BMF-Schreiben schafft auf der einen Seite Klarheit bei der Wahl des richtigen Endalters bei der steuerlichen Bewertung. Auf der anderen Seite ruft es die Arbeitgeber gleichzeitig zur Prüfung und gegebenenfalls Anpassung der betreffenden Direktzusagen auf. Der Wahl eines niedrigen Pensionsalters mit den im Allgemeinen hiermit verbundenen höheren Rückstellungen steht bei GGF das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung gegenüber. Ob Bewertungswahlrechte ausgeübt und/oder Versorgungszusagen geändert werden, sollte daher unter Rücksprache mit bAV-Experten erörtert werden.

Michael Gerhard, Aktuar (DAV), Recht | Steuern, Longial