22. Mai 2019

Klausel zur Mindestehedauer: Diskriminierung bei der Hinterbliebenenversorgung (BAG-Urteil vom 19.2.2019 – 3 AZR 150/18)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigt sich in seinem Urteil damit, ob gemäß einer Klausel in der Versorgungszusage die Hinterbliebenenversorgung entfällt, wenn zum Todeszeitpunkt des Versorgungsberechtigten die Ehe nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat.


Der Fall
In der Versorgungszusage war bei der Hinterbliebenenversorgung eine Klausel enthalten, die für die Zahlung einer Hinterbliebenenrente voraussetzte, dass die Ehe im Zeitpunkt des Todes mindestens 10 Jahre bestanden hat. Die Klägerin als hinterbliebene Witwe war dagegen nur 4 Jahre mit dem verstorbenen Versorgungsberechtigten verheiratet gewesen. Die Zahlung einer Witwenrente war daher abgelehnt worden.

Entscheidung des BAG

Der dritte Senat des BAG qualifizierte die Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung und sah in der Mindestehedauer von 10 Jahren eine unangemessene Benachteiligung, sodass trotz 4-jähriger Ehedauer eine Witwenrente zu zahlen war.

Zweck der Hinterbliebenenversorgung = Absicherung des Ehepartners
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der typische Vertragszweck einer Hinterbliebenenversorgung die Absicherung des Ehepartners des Arbeitnehmers sei. Wenn nun von dieser Vertragstypik abgewichen wird und der Arbeitgeber den Personenkreis zulasten des Arbeitnehmers einschränkt, unterliegt diese Einschränkung der Angemessenheitskontrolle (§ 307 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch).

Es darf kein willkürlicher Zeitraum gewählt werden
Im vorliegenden Fall hielt der Senat den gewählten 10-Jahreszeitraum für die Mindestehedauer für willkürlich gewählt und konnte auch keinen inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis oder zum verfolgten Zweck erkennen. So wurde in anderen Entscheidungen des BAG zur Hinterbliebenenversorgung beispielsweise auf das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder den Eintritt des Versorgungsfalles hinsichtlich der Eheschließung abgestellt. Diese Zäsuren zum Arbeitsverhältnis wurden als zulässige Ausschlussgründe für eine Hinterbliebenenversorgung anerkannt.

Fazit:

Willkürlich gewählte Zeiträume zur Mindestehedauer sind unzulässig. Welche Zeitspanne dagegen zulässig ist, lässt sich schwerlich begründen. Zieht man eine Parallele zur gesetzlichen Rentenversicherung, erhalten dort hinterbliebene Ehepartner grundsätzlich bereits nach einer Mindestehedauer von 1 Jahr einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung – gegebenenfalls auch schon eher, wenn nicht erkennbar ist, dass es sich um eine reine Versorgungsehe gehandelt hat (§ 46 Abs. 2a Sozialgesetzbuch VI).

Anja Sprick, Justiziarin, Recht | Steuern, Longial