25. Mai 2016

GKV-Beitragspflicht auf Kapitalabfindungen und Sofortrenten; LSG Rheinland-Pfalz-Urteil vom 03.12.2015 – L 5 KR 84/15

Der Kläger ist freiwillig gesetzlich krankenversichert. Sein Arbeitgeber hatte zu seinen Gunsten eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung abgeschlossen.

Aus dieser Versicherung wurde ein Kapitalbetrag in Höhe von 115.698,65 Euro fällig. Der Kläger bekam von der beklagten Krankenkasse über die Beitragspflicht einen entsprechenden Bescheid, gegen den er Widerspruch einlegte. Zur Begründung führte er aus, dass ihm der gesamte Betrag nicht ausgezahlt worden sei. Der Kläger hatte einen Teil des erhaltenen kapitalisierten Betrags, nämlich 112.845,54 Euro, sofort wieder als Einmalbetrag in einen zweiten Versicherungsvertrag investiert, aus dem er eine Sofortrente bezog. Nur auf diese Rente wollte der Kläger Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen. Die beklagte Krankenkasse dagegen teilte dem Kläger mit, sowohl die Kapitalleistung in Höhe von 115.698,65 Euro als auch die monatliche Sofortrente in Höhe von 493,81 Euro unterlägen der Beitragspflicht. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Krankenkasse wies ihn zurück, woraufhin der Kläger Klage erhob. Sowohl die Klage (SG Koblenz-Urteil vom 18.03.15 – S 11 KR 1093/13 Ko) als auch die Berufung wurden abgewiesen.

Der rechtliche Hintergrund
Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 3 Abs. 1 der vom Verband erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung. Die Einnahmen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen. Eine, die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet nicht statt. Auf dieser Grundlage sind bei der Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung sowohl die Kapitalerträge aus der Lebensversicherung des Klägers als auch die monatlichen Einnahmen aus seiner Sofortrente zu berücksichtigen.

Die Argumentation der Gerichte
Der Kläger war der Meinung, aus den Versicherungsleistungen der Lebensversicherung könnten nicht zweimal Beiträge erhoben werden. Hinsichtlich der Beitragspflicht für die ausgezahlte Sofortrente besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Beide Gerichte vertraten die Auffassung, dass es sich um zwei selbstständige Versicherungsverträge handele, deren Leistungen mit unterschiedlichen Beitragssätzen veranschlagt werden. Zur Begründung wird auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.03.2010 (B 12 KR 4/08 R) verwiesen. Demnach seien Kapitalerträge auch dann beitragspflichtig, wenn die Lebensversicherung zur Sicherung einer Darlehensforderung abgetreten gewesen sei und die Kapitalleistung zur Tilgung des Darlehens direkt an das Kreditinstitut ausgezahlt werde. Die Zahlung der Kapitalleistung an das Kreditinstitut als Dritten erfolge zur Tilgung von Verbindlichkeiten des Versicherten. Wirtschaftlich und steuerrechtlich sei jedoch der Versicherte Inhaber der Forderung gegen den Lebensversicherer. Diese Grundsätze seien auch für den vorliegenden Sachverhalt entscheidend.

Denn in wirtschaftlicher Sicht habe sich damit für den Kläger die Entscheidungsoption eröffnet, wie dieses Kapital genutzt werden könne. Dass er hier entschieden habe, den Großteil der Kapitalleistung ohne Auszahlung direkt in eine weitere Versicherung zu investieren, lasse den Einnahmecharakter der Forderung aus den genannten Gründen allerdings nicht entfallen. Es handele sich auch nicht um eine doppelte Verbeitragung. Vielmehr seien die „Früchte“, die der Einmalbetrag aus der Kapitalleistung trage, ein wirtschaftlicher Vorteil, der zu berücksichtigen sei.

Fazit: 

Der Verbeitragung von Versorgungsbezügen ist daher auch durch Nichtauszahlung und Neuinvestition nicht zu entgehen. Sie steht im Übrigen auch in Einklang mit den Vereinbarungen, die die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Beitragspflicht von Versorgungsbezügen bei einer sofort beginnenden Leibrente gegen Zahlung eines Einmalbetrages getroffen haben, der aus einem Versorgungsbezug erbracht wurde.

Anja Sprick, Rechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial