25. Mai 2016

GGF: Vereinbarkeit eines Zeitwertkontos als verdeckte Gewinnausschüttung; BFH-Urteil vom 11.11.2015 – I R 26/15

Eine GmbH schloss mit ihrem alleinigen Gesellschafter und einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer während des bestehenden Dienstverhältnisses eine Vereinbarung zur Ansammlung von Wertguthaben ab.

Danach wurde ein Teil des Gehalts im Wege der Entgeltumwandlung auf ein Investmentkonto abgeführt und sollte zur Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestandes oder zur Altersversorgung des Geschäftsführers dienen.

Das Finanzamt hat im Rahmen einer Steuerprüfung die Rückstellungen für die streitbefangenen Jahre in vollem Umfang als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) behandelt.

Wann liegt eine vGA vor?
Eine Voraussetzung einer vGA (§ 8 Abs. 3 S. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG)) bei einer Kapitalgesellschaft ist eine Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Der BFH hat in seiner ständigen Rechtsprechung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis immer dann angenommen, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.

Wie hat der BFH hier im Falle eines alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers entschieden?
Der BFH hat erstmals festgestellt, dass die Vereinbarung über die Ansammlung von Wertguthaben im Rahmen eines Zeitwertkontos nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter mit einem Fremdgeschäftsführer vereinbaren würde.
Ein Geschäftsführer muss sich in besonderem Maße mit den Interessen und Belangen der Gesellschaft identifizieren. Er besitzt für die GmbH eine Gesamtverantwortung, wenn er deren alleiniger Geschäftsführer ist und bestimmt seine Arbeitszeit regelmäßig selbst. Dies bedeutet auch, dass er die notwendigen Arbeiten auch dann erledigen muss, wenn dies einen Einsatz außerhalb der üblichen Arbeitszeiten oder über diese hinaus erfordert.

Mit diesem Aufgabenbild verträgt sich eine Vereinbarung, in der auf die unmittelbare Entlohnung zu Gunsten einer späteren Freistellung verzichtet wird, nicht.

Der BFH vergleicht diesen Fall mit der ebenfalls nicht möglichen Abgeltung von Überstunden.

Liegt auch eine erforderliche Vermögensminderung vor?
Die Vermögensminderung liegt hier in der Einzahlung der Kapitalbeträge auf das Investmentkonto und in dem entsprechenden, durch den Ausweis als Betriebsaufwand ausgelösten Vermögensabgang.
Dass die GmbH das Gehalt um diesen Betrag gemindert hat, ändert nichts an der Beurteilung. Denn eine „Neutralisierung“ des aus der Bildung der Rückstellung folgenden Aufwands durch einen Verzicht auf einen Teil des Gehalts scheidet aufgrund der gesellschaftlichen Veranlassung aus.

Fazit: 

Erstmals hat der BFH über die Vereinbarung eines Zeitwertkontos mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer entschieden. Allerdings handelte es sich hier um einen alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer, so dass offen bleibt, ob die Grundsätze des Urteils auch auf GmbH mit mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern anwendbar sind.

Anja Sprick, Rechtsanwältin, Recht | Steuern, Longial