17. Mai 2017

GGF: Insolvenzanfechtung bei Unterstützungskassenversorgungen (BGH-Urteil vom 8.12.2016 – IX ZR 257/15)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im vorliegenden Fall zu entscheiden, ob der Insolvenzverwalter in der Insolvenz des Trägerunternehmens die in der Unterstützungskasse für die Versorgungszusage angesammelten Mittel zur Masse ziehen kann. Der BGH urteilte zugunsten der Unterstützungskasse (U-Kasse) – und damit letztlich zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers (GGF) und seiner Hinterbliebenen.

 

Die vertraglichen Regelungen
Die GmbH erteilte ihrem beherrschenden GGF eine Direktzusage auf eine Alters- und Witwenrente und übertrug diese später auf eine rückgedeckte U-Kasse. Die lebenslange Altersrente für den Geschäftsführer sollte 3.455,00 Euro monatlich betragen, nach seinem Tod sollte der verwitwete Ehegatte eine lebenslange monatliche Witwenrente von 1.847,01 Euro erhalten. Die GmbH wendete der U-Kasse insgesamt Beiträge in der Höhe von 866.165,82 Euro zu, welche die Kasse vollständig als Versicherungsprämien für die von ihr abgeschlossene Rückdeckungsversicherung verwendete. Die Satzung der Kasse enthielt unter anderem folgende Regelung: „Die Trägerunternehmen verzichten grundsätzlich auf jegliche Rückforderung des für sie jeweils gebildeten Kassenvermögens (auch aufgrund eines etwaigen gesetzlichen Rückforderungsanspruchs) [...]. Dies gilt auch für den Fall, dass die Mitgliedschaft eines Trägerunternehmens […] erlischt.“

Mit einer weiteren Vereinbarung zwischen der U-Kasse, dem Geschäftsführer und seiner Ehefrau verpfändete die Kasse die Versicherungsleistungen aus der Rückdeckungsversicherung „zur Sicherung der jeweiligen Versorgungsansprüche […] auf Unterstützungskassen-Leistungen“ an die beiden Begünstigten.

 

Insolvenzverwalter gegen Unterstützungskasse
Nach Rentenbeginn Ende 2008 wurde bereits Mitte 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Der Insolvenzverwalter verlangte von der U-Kasse, Auskunft über die gemäß dem Leistungsplan erbrachten Aufwendungen sowie über das verbliebene Guthaben zu erhalten. Dazu kam seine Forderung, eine noch zu bezeichnende Summe gemäß der erteilten Auskunft an ihn zu zahlen. Hilfsweise verlangte der Verwalter im Wege der Schenkungsanfechtung die Rückzahlung von 703.401,62 Euro, die er aus der Differenz der Zuwendungen und den von der U-Kasse bereits erbrachten Rentenzahlungen ermittelte.

Die U-Kasse erfüllte diese Forderungen nicht. Sie begründete dies mit der körperschaftsteuerlichen Zweckbindung des Vermögens, gemäß der sie nur Leistungen der bAV erbringen dürfe. Der Insolvenzverwalter klagte gegen die Kasse.

 

Das Urteil des BGH in Leitsätzen
Der BGH entschied zugunsten der U-Kasse: 

  • Der in einem Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis allgemein und insolvenzunabhängig erklärte Verzicht auf Herausgabeansprüche des Auftraggebers ist wirksam.
  • Die der U-Kasse zur Ausführung des Auftrages von der GmbH zugewendeten Mittel sind keine unentgeltlichen Leistungen an die Kasse.
  • Verzichtet der Schuldner auf Herausgabeansprüche gegen die U-Kasse, ist dies keine unentgeltliche Leistung, wenn die Kasse hierfür der GmbH einen diesen Verzicht ausgleichenden vermögenswerten Vorteil verspricht.
  • Der in der Satzung einer U-Kasse enthaltene Verzicht auf Rückforderungsansprüche hält der AGB-Inhaltskontrolle stand.

 

Fazit:
Durch geeignete Gestaltung ihrer Satzungen können U-Kassen Wünschen von Insolvenzverwaltern auf Herausgabe von Vermögensmitteln wirksam entgegentreten. So können auch Konflikte, die sich anderenfalls im Zusammenhang mit den körperschaftsteuerrechtlichen Anforderungen an die Zweckbindung des Vermögens ergeben würden, auf einfache Weise vermieden werden.

 

Gordon Teckentrup, LL.M., Syndikusrechtsanwalt, Recht | Steuern, Longial