16. August 2017

Erfahrungen mit Zielrenten in den Niederlanden

In den Niederlanden gibt es eine lange Tradition, bAV in Form von Leistungszusagen einzurichten. Fast 80 Prozent der Mitarbeiter werden Leistungen aus solchen Versorgungsplänen erhalten.

Sowohl Versicherungsgesellschaften als auch Pensionsfonds bieten entsprechende Produkte beziehungsweise Lösungen für Leistungszusagen an. Bei den Produkten der Versicherer sind die Leistungen jedoch in voller Höhe garantiert.

Niedrigzinslage auch in den Niederlanden

Wie in Deutschland haben wir auch in den Niederlanden seit Jahren ein extrem niedriges Zinsumfeld und eine stetig steigende Lebenserwartung. Beide Punkte haben Auswirkungen auf betriebliche Versorgungssysteme und erhöhen die Arbeitgeberkosten für die bAV extrem.

"Defined Ambition"

Ein Lösungsansatz in den Niederlanden sind sogenannte "Defined Ambition"-Zusagen, vergleichbar mit den in Deutschland nun im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes eingeführten Zielrenten. Dabei wurde den Pensionsfonds, für den Fall, dass die versprochenen Versorgungsleistungen nicht mehr dauerhaft gesichert sind, Handlungsspielräume geschaffen: Im ersten Schritt können die Anbieter die inflationsbedingten Rentenanpassungen aussetzen und in die Zukunft verschieben. Als letzte Konsequenz sind aber auch Rentenreduzierungen möglich, um eine vollständige Kapitaldeckung der Versorgungzusagen wieder herstellen zu können. Damit scheinen die Niederlande im internationalen Vergleich gut aufgestellt zu sein. Doch die von Anbietern und Arbeitgebern gelobte Flexibilität wird von den Versorgungsberechtigten eher weniger geschätzt. Die Angst vor sinkenden Renten wurde auch während der Diskussionen zum Betriebsrentenstärkungsgesetz in Deutschland häufig ins Feld geführt.

"Defined Contribution"

Ein weiterer Lösungsansatz in den Niederlanden sind beitragsorientierte Versorgungssysteme ("Defined Contribution"). Auf den ersten Blick scheint dies ein völlig anderer Ansatz zu sein. De facto werden die Beiträge zu den beitragsorientierten Versorgungssystemen aber mit ähnlichen versicherungsmathematischen Annahmen kalkuliert wie Leistungszusagen - ohne aber Garantien auf die Leistungen auszusprechen. Es werden Beiträge für eine bestimmte Leistung unter der Annahme einer bestimmten Rendite, zum Beispiel von 2, 3 oder 4 Prozent der Kapitalanlage, kalkuliert. Wie schon ausgeführt, sind diese Renditen aber keinesfalls garantiert. Damit entfällt auch die Garantie für die Leistung, wenn die Kapitalanlage die angenommenen Renditen nicht erwirtschaftet.

Weitere Änderungen in der Diskussion

Auch in den Niederlanden werden weitere Änderungen in der bAV diskutiert. Nach unserer Einschätzung werden betriebliche Versorgungspläne demnächst eine Kombination aus kollektiven Leistungszusagen und individuellen Beitragszusagen sein: Kollektive Kapitalanlagen sowie ein kollektiver Ausgleich für biometrische Risiken wie etwa Langlebigkeit, aber eine Verringerung der Risiken aus der Kapitalanlage durch den verpflichtenden Aufbau von Puffern, die bis zu 25 Prozent der verwalteten Vermögen betragen können. Diese Puffer zwingen wiederum den Versorgungsträger zu einer ordentlichen Kapitalanlage mit angemessenen Renditen.

Joris Kuenen, Senior Account Manager International Desk & Key Account Management, Meeùs Assurantiën B.V., Utrecht