25. Mai 2016

Entlastung beim HGB-Rechnungszins – Gesetzesbeschluss und wie Unternehmen auf die Ausschüttungssperre reagieren können

Die teilweise dramatischen Auswirkungen des im Sinkflug befindlichen handelsrechtlichen Rechnungszinses haben schon früh im Jahr 2015 auf breiter Front zu Forderungen nach einer gesetzlichen Nachbesserung geführt.

So hatten sowohl Bundestag als auch Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, kurzfristig Änderungen der handels- und steuerrechtlichen Bewertung von Pensionsverpflichtungen vorzulegen. Letztlich kam es erst jetzt, reichlich spät, zu einer Lösung. Verpackt in dem „Gesetz zum Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften“ vom 11.03.2016 (Bundesgesetzblatt I 16.03.2016, S. 408 ff.) ist es schließlich zu einer geänderten Bilanzierung von Altersversorgungsverpflichtungen gekommen.

Die Kernpunkte des Gesetzes

  • Altersversorgungsverpflichtungen werden mit einem Rechnungszins diskontiert, der sich als Durchschnitt eines Marktzinssatzes aus den vergangenen 10 Jahren ergibt. Für ähnliche Verpflichtungen (zum Beispiel Jubiläumsverpflichtungen oder Verpflichtungen aus Altersteilzeitverträgen) bleibt es hingegen bei dem bisherigen Durchschnittszeitraum von sieben Jahren.
  • Der Unterschiedsbetrag aus einer Bewertung mit dem Zehn-Jahreszins und dem Sieben-Jahreszins ist in jedem Geschäftsjahr zu ermitteln. Gewinne dürfen in einem Geschäftsjahr nur soweit ausgeschüttet werden, wie sie diesen Unterschiedsbetrag (unter Berücksichtigung von Gewinn-/Verlustvorträgen) übersteigen. Der Gesetzgeber hat also eine Ausschüttungssperre auf den entlastenden Effekt der Zinsänderung verhängt.
  • Verpflichtend anzuwenden ist die neue Vorschrift für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 enden. Eine freiwillige Anwendung ist für Geschäftsjahre möglich, die nach dem 31.12.2014 beginnen und vor dem 01.01.2016 enden, mithin ist dies also rückwirkend insbesondere für den Stichtag 31.12.2015 möglich. Das Wahlrecht beschränkt sich dabei aber auf Unternehmen, deren Geschäftsjahr das Kalenderjahr ist oder die im Laufe des Jahres 2015 ein Rumpfgeschäftsjahr ausweisen.

Die Gesetzesänderung bringt einen erheblichen materiellen Effekt mit sich. Durch die geänderte Berechnungsmethode erhöht sich der Rechnungszins zum 31.12.2015 von 3,89 Prozent auf 4,31 Prozent und zum 31.12.2016 nach gegenwärtigem Kenntnisstand voraussichtlich von 3,27 Prozent auf 4,03 Prozent. Eine Änderung um rund 75 Basispunkte entlastet die Pensionsrückstellung gemischter Bestände um etwa 8 bis 12 Prozent. In genau dieser Größenordnung greift dann auch die oben erwähnte Ausschüttungssperre. Die Höhe der Ausschüttungssperre wird sich voraussichtlich in den Jahren 2017 und 2018 noch ausweiten.

Fazit:

Für Unternehmen, die sich mit der bilanziellen Auslagerung ihrer Pensionsverpflichtungen befassen, dürfte damit ein weiterer Grund gegeben sein, diese Überlegungen zu intensivieren. Da sich eine Ausschüttungssperre nach dem Wortlaut des Gesetzes nur aus der Differenz von Rückstellungen ableitet, entfällt diese bei Wegfall ebendieser Rückstellungen. Da sich eine Finanzierung von Auslagerungen, etwa auf einen kapitalmarktorientierten Pensionsfonds, bei geeigneter Gestaltung oftmals aus der aufgelösten Rückstellung bewerkstelligen lässt, ist die Gewinnsituation des auslagernden Unternehmens nicht betroffen. Allerdings lässt sich die Liquiditätsbelastung dabei nicht vermeiden.

Mark Walddörfer, Geschäftsführer, Longial