22. Mai 2019

Betriebsausgabenkürzung bei Beiträgen zur bAV (BFH-Urteil vom 31.7.2018 – VIII R 6/15)

Der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt sich in seinem Urteil mit der Beurteilung von einer in einer bAV-Zusage angelegten Anwartschaftsdynamik, deren steuerliche Berücksichtigung und der Frage nach einer Überversorgung.


Der Fall
Eine Facharztpraxis hatte 2 Mitarbeiterinnen eine gleichlautende Unterstützungskassenzusage für eine bAV erteilt. Die ab der Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehene Altersrente betrug jeweils 353,11 Euro und sollte sich um eine Anwartschaftsdynamik von 5 Prozent pro zukünftiges Dienstjahr erhöhen. Hierfür machte die Facharztpraxis in den streitgegenständlichen Jahren unter anderem Beiträge als Betriebsausgaben geltend. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde die Zuwendung aufgrund der fehlenden Schriftform dem Grunde und aufgrund der Anwartschaftsdynamik auch der Höhe nach bestritten. Auf die hiergegen seitens der Facharztpraxis eingereichte Klage erkannte das Finanzgericht die Zuwendung grundsätzlich vollumfänglich und der Höhe nach teilweise an. Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts im Rahmen der Revision auf.

Entscheidung: Renten- beziehungsweise Anwartschaftsdynamisierungen von regelmäßig jährlich maximal 3 Prozent ...
Im Rahmen der Begründung der Revision vertrat der BFH die Auffassung, dass das Finanzgericht die Betriebsausgaben für die streitgegenständlichen Zuwendungen an die Unterstützungskasse unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur sogenannten Überversorgung zwar zutreffend gekürzt, hierbei jedoch in unzutreffender Weise die vereinbarte Anwartschaftsdynamisierung in Höhe von 5 Prozent außer Acht gelassen habe. Der BFH hat damit klargestellt, dass auch Zuwendungen des Trägerunternehmens an eine Unterstützungskasse, die lebenslänglich laufende Leistungen vorsehen, nur begrenzt abgezogen werden. Insofern könnten die Regelungen für die Berechnung des Teilwerts im Rahmen der Zusage von Versorgungsbezügen durch eine entsprechend höher bemessene Versorgung nicht umgangen werden. Der Grund: Als Überversorgung würden sie insbesondere dann zur anteiligen Kürzung der Pensionsrückstellung führen, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 Prozent der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt.

... haben keinen Einfluss auf das Vorliegen einer Überversorgung. Über 3 Prozent liegende…
Der BFH stellte klar: Eine Anwartschafts- beziehungsweise Rentendynamik kann bei Prüfung der 75 Prozent-Grenze im Zusammenhang mit zugesagten prozentualen Renten- und Anwartschaftserhöhungen Bedeutung gewinnen. Dies hat zur Folge, dass ein zusätzlicher Ausgleich künftig ansteigender Einkommenstrends nur im moderaten Umfang anzuerkennen ist, wenn die Versorgung bereits über der 75%-Grenze liegt. Andernfalls könnten die Überversorgungsgrenzen mittels fest zugesagter jährlicher prozentualer Steigerungen unbegrenzt nach oben verschoben werden. Eine prozentuale Steigerung dürfe die Überversorgung rechnerisch nur unwesentlich beeinflussen und deshalb in Grenzbereichen jedenfalls nicht mehr als 3 Prozent jährlich betragen.

… jährliche Steigerungsraten können bei der Überversorgung zu berücksichtigen sein
Demgegenüber könne eine über 3 Prozent liegende jährliche Steigerungsrate bei der Prüfung einer Überversorgung zu berücksichtigen sein, ergänzte das Gericht. Dies sei nicht nur dann der Fall, wenn die zugesagte Versorgung bereits ohne Berücksichtigung der Dynamisierung deutlich über 75 Prozent des letzten Aktivgehaltes am Bilanzstichtag, sondern auch dann, wenn die zugesagte Versorgung ohne Berücksichtigung der Dynamisierung lediglich im Grenzbereich von 75 Prozent liege. Auch hier könne ein zusätzlicher Ausgleich künftig ansteigender säkularer Einkommenstrends um einen festen Prozentsatz nicht unbeschränkt anerkannt werden. Andernfalls könne die Überversorgungsgrenze mittels fest vereinbarter prozentualer Erhöhungen von Renten beziehungsweise Rentenanwartschaften unbegrenzt nach oben verschoben werden. Zudem widerspräche die unbeschränkte Anerkennung vereinbarter Dynamisierungen in diesen Fällen dem Zweck der Begrenzung des Betriebsausgabenabzuges in § 4d Einkommensteuergesetz, der Gewinnverlagerungen und -absaugungen seitens des Trägerunternehmens vorbeugen soll.

BFH schließt sich Auffassung der Finanzverwaltung an
Indem der BFH die Auffassung vertritt, dass auch solche Versorgungszusagen wie in dem vorliegenden Fall einer Überversorgungsprüfung zu unterziehen sind, schließt sich der BFH dem Grunde nach der Auffassung der Finanzverwaltung an, die in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 3.11.2004 (IV B 2 - S 2176 - 13/04) zum Ausdruck gekommen war.

Fazit:

Die Entscheidung des BFH dürfte insgesamt interessengerecht sein, da die hohen Versorgungsleistungen der beiden Mitarbeiterinnen in der streitgegenständlichen Angelegenheit im Vergleich zu ihrem Gehalt vermuten lassen, dass es sich hier um ein Steuersparmodell handelt. Letztendlich hat der BFH dahingehend Klarheit geschaffen, dass eine Anwartschaftsdynamik von bis zu 3 Prozent jährlich regelmäßig unschädlich ist, es aber nicht zu einer Überversorgung kommen darf. Bei der Prüfung, ob eine solche vorliegt, sind ausweislich der Urteilsgründe grundsätzlich die Gesamtumstände inklusive der künftigen Anwartschaftssteigerungen zu berücksichtigen. Insofern wird steuerlich höchstens ein Versorgungsniveau von 75 Prozent akzeptiert.

Dirk Murski, Syndikusrechtsanwalt, Recht | Steuern, Longial